Gwen (German Edition)
hast.“
„Ja, ja, schon gut!“ Corys pink lackierte Nägel winkten ab. „Interessant? Was ist am Nuttenl eben schon interessant? Das ist der letzte Job, wenn du mich fragst, Schätzchen.“
„Warum machst du ihn dann?“
„Keine Ahnung. Ich brauchte schnell Kohle, wenn du verstehst, was ich meine, wollte eigentlich nur vorübergehend anschaffen gehen. Dann bin einfach hier hängen geblieben.“ Plötzlich schweifte ihr Blick in die Ferne. „Eigentlich wollte ich immer Sängerin werden, bin auch schon in Nachtclubs aufgetreten. Du wirst es nicht glauben, aber ich war nicht schlecht.“
„Doch, das glaube ich dir. Wenn du sprichst, klingt deine Stimme sehr vol l und wohltönend. Schwarze Frauen haben sowieso klangvolle Stimmen. Sing doch etwas!“
„Jetzt!“ Entgeistert streckte sich Corys Oberkörper.
„Ja, warum nicht?“
Mit einem Lachen strich Cory ihre Haare zurück. „Ja, warum eigentlich nicht?“ Dann begann sie zu singen. Nicht nur, dass nun tatsächlich die wundervolle, voluminöse Jazzstimme erklang, die Gwen erwartet hatte, auch das Lied, das Cory vortrug, war bemerkenswert. Der Anti-Statler-Song wirkte ungewohnt aus dieser fremden Kehle. Cory wusste den Text Wort für Wort auswendig, und die dritte Strophe schmetterte Gwen mit, bis sie beide lachend den Kopf zurückwarfen. „Du hast wirklich eine fantastische Stimme, Cory. Warum bist du nicht Sängerin geblieben?“
Das Lächeln der Prostituierten färbte sic h traurig. „So wie du? Als Rockstar auf der Bühne stehen, vor einem Riesenpublikum auftreten? Ja, das war schon immer mein Traum.“ Sie seufzte. „Aber in demselben Nachtclub, wo ich ab und zu gesungen habe, hab ich als Stripperin das Doppelte von dem verdient, was sie mir als Sängerin gegeben haben. Und als Nutte noch mehr. So bin ich Nutte geblieben, auch wenn’s ’n Scheißjob ist.“
„Und wie war es bei Alex und Brenda?“
„Alex ist nur in den Semesterferien hier, um sich ihr Studium zu finanzieren. Sie studiert Archäologie, du weißt schon, das mit den alten Knochen und Tempeln, wie bei Indiana Jones. Sie verdient von uns am besten, als Domina.“
Gwen zog die Augenbrauen hoch. „Du meinst, wie die Frauen, die man nur nachts in der Fernsehwerbung sieht, und die dann immer so streng schauen und befehlen, dass man sie anrufen soll?“
„Genau die“, kicherte Cory. „ Nur dass Alex keinen Telefonsex macht, sondern den Freiern echt den Arsch vermöbelt.“
„Und dafür zahlen die auch noch?“ Obgleich es schon zwei Jahrzehnte her war, so erinnerte sich Gwen erschaudernd an Thomas Monaghan, der ihr und Ian dereinst den Hintern versohlt hatte, als er sie beim Zündeln in seinem Holzschuppen erwischt hatte. Das war nicht lustig gewesen. Seitdem hatten weder sie noch Ian es gewagt, sich dem Holzschuppen auch nur zu nähern. Nicht einmal als Erwachsene.
„Die zahlen nicht zu knapp.“ Corys Augen verengten sich. „Ich habe mir schon oft überlegt, ob ich nicht vielleicht diesen Alex-Job machen sollte, wenn sie wieder abrauscht in ihr College.“
„Und Brenda?“ Gwen nahm sich ein bisschen von dem längst kalten Rührei. „Sie ist noch so jung.“
„Das ist ja auch ihre Masche. Sie schleppt vor allem alte Knacker ab und macht mit ihnen i rgendwelche Hoppe-hoppe-Reiter-Spielchen, wenn du verstehst, was ich meine.“
„Aber wie ist sie dazu gekommen? Hat sie keine Eltern?“
„Sie ist erst seit drei Monaten hier. Ihre Alten waren wohl das Letzte. Sonst türmt man schließlich nicht mit vierzehn von daheim, oder?“
Zischend atmete Gwen ein. „Sie ist erst vierzehn? Oh, mein Gott!“
Cory schmierte Butter auf eine Toastscheibe. „Lass dich von ihrem Alter nicht täuschen. Sie kommt zurecht.“
„ Aber was hat ein Mädchen wie Brenda hier für eine Zukunft?“
„Die gleiche wie wir alle. Wir alle legen Kohle auf die Seite, um irgendwann aufhören zu kö nnen. Bis auf Kiss, schätze ich, denn Kiss liebt diesen Job. Aber der Rest von uns träumt davon, dass irgendwann ein reicher, gut aussehender Kerl daher kommt, der uns von hier wegholt und heiratet. Du weißt schon, so einer wie in Pretty Woman . Aber so viele von der Sorte lassen sich hier leider nicht blicken.“
Ja, das konnte Gwen sich vorstellen.
Er musste dringend was tun. Die Angst um Gwennie machte ihn wahnsinnig.
Jemand klopfte an, und Dirk brummte: „Herein.“
Doris Lenier kam in sein Büro und schloss die Tür hinter sich. „Guten Tag! Sie wollten mich spr
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