Gwen (German Edition)
dir besorgen.“
„Ich bin dir sehr zu Dank verpflichtet.“
„Keine Ursache, Honey.“ Er schmatzte links und rechts von Gwens Wangen Küsse in die Luft.
Als Gwen ging, rückte Kiss die Sofakissen zurecht.
Dirk schreckte aus dem Schlaf hoch. Obwohl die Klimaanlage lief, war sein T-Shirt nass geschwitzt. Er ging ins Wohnzimmer, nahm sich eine Zigarre und ging damit ans Fenster.
Aus Erfahrung wusste er, dass er nur ein paar Mal tief durchatmen und sich mit was ganz Norm alem beschäftigen musste - ’ner Zigarre zum Beispiel - und dann würde es wieder weggehen. Er hatte es schon lange nicht mehr gespürt.
Es war kein Alptraum oder so. Zumindest keiner im üblichen Sinn. Es war nur ein G efühl. Und das war überhaupt das Schlimmste daran. Mit geträumten Monstern oder Killern hätte Dirk fertig werden können, aber gegen dieses verfluchte Gefühl war er machtlos. Dieses Gefühl, zu dem er keine Bilder hatte, das er an nichts festmachen konnte als an … an einem Scheiß-Gefühl eben.
Begonnen hatte es damals, als ihm ein Polizist mit grauem Schnurrbart und gutmütigem Opa-Lächeln eine Brausestange mit Zitronengeschmack in die Hand gedrückt und ihm erzählt hatte, dass Dirks Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren.
So richtig hatte Dirk diese Information aber erst begriffen, als Onkel Will und Tante Sam g ekommen und ihn und Swen mit in die USA genommen hatten. Dann war es da gewesen, hatte ihn in der Nacht geweckt und manchmal auch am Tag überfallen. Das Gefühl eines wahnsinnigen Verlustes. Diese Gewissheit, alles verloren zu haben, den Duft seiner Mutter, das dröhnende Lachen seines Vaters, sein Baumhaus im Garten mit diesem Geheimfach neben der Einstiegsluke.
Alles.
Eigentlich hatte Dirk geglaubt, diese nächtlichen Attacken mit seiner Pubertät abgelegt zu haben. Aber jetzt waren sie wieder da. Jetzt hatte er Angst, Gwennie zu verlieren.
Verwundert schaute er auf seine Faust und stellte fest, dass er die Zigarre nicht angesteckt, so ndern zerquetscht hatte. Er ließ die Krümel auf den Couchtisch fallen, ging zu seiner Hausbar und schenkte sich einen Tullamore Dew ein. Nach einem ordentlichen Schluck stellte er sich wieder ans Fenster.
Irgendwo da draußen war sie und versteckte sich vor ihm. Ve rsteckte sich vor dem Schutz, den er ihr geben konnte. Störrisch und uneinsichtig, wie sie war. Kein Wunder, dass er nachts aufwachte mit diesem Scheiß-Verlustgefühl.
Andererseits: Brauchte sie seinen Schutz überhaupt? So wie es aussah, kam sie eigent lich ganz gut alleine klar. Vielleicht sogar besser als mit seiner Hilfe.
De n Tod dieser Nutte hatte Dirk zum perfekten Anlass genommen, das ganze Viertel von der Polizei durchkämmen zu lassen. Aber von Gwennie keine Spur.
Wenn nicht mal Dirk sie aufspüren konnte, bei dem ganzen Aufwand, den er trieb, dann kon nte A sie doch auch nicht finden, oder?
Dirk trank seinen Whiskey aus, schmiss sich auf die Couch und schaltete die Glotze an. An Schlaf war sowieso nicht mehr zu denken.
Während die anderen auf der Straße waren und ihrer … Arbeit nachgingen, saß Gwen in der Küche, trank Kaffee und bewegte nachdenklich das kleine Tütchen mit dem violett schimmernden Pulver zwischen ihren Fingern. Den Stoff hatte sie, aber kein Labor, um ihn zu analysieren, um für das, was bisher nur als Verdacht bestand, den letztendlichen Beweis zu erbringen. Und Dirk Statler zu zeigen, was er zu verantworten hatte.
Das beste Labor weit und breit befand sich bei Statler-Tec . Nur einen kurzen Gedanken investierte Gwen in die Vorstellung, sich über Nacht in die dortige Damentoilette einschließen zu lassen und in die Laborräume zu schleichen, um die Analyse selbst zu versuchen, verwarf die Idee jedoch sogleich wieder. Nicht nur, dass sie zu lange brauchen würde, um sich mit den dortigen Gerätschaften vertraut zu machen. Nein, für eine derart spezielle Analyse brauchte sie ein gut eingespieltes Team an Chemikern und Labortechnikern.
Ein Team wie das bei Statler-Tec .
Ja, warum eigentlich nicht? Dafür reichte sicher die Hälfte des Pulvers aus, das sie von Kiss erhalten hatte.
Die andere Hälfte füllte sie ab in eine zweite Tüte, um sie zu Thomas Anderson zu schicken, ihren Chemikerkollegen von Survival Ellmstadt, mit dem sie seinerzeit die Abwässer der Statler-Werke analysiert hatte. Natürlich erwähnte sie in ihrem Begleitbrief nichts von Drogen, sondern tat so, als würde es sich bei dem Pulver um ein Konzentrat der
Weitere Kostenlose Bücher