Gwen (German Edition)
können, mit welchen die amerikanische Konditorkunst gelegentlich aufwartete, noch für deren zahnbohrende Süße, die man einem Allerweltsmolekül wie Kristallzucker kaum zutrauen konnte.
Wie die meisten der Anwesenden saß Gwen auf einem der noch unausgepackten Umzugska rtons, während sich nur Kiss, Loretta und Alice einen Platz auf dem nagelneuen aprikotfarbenen Sofa ergattert hatten. Der neue Geruch der zartgelben Wandfarbe übertönte sogar Corys männermordendes Parfum.
„ Natürlich kann ich es dir beschaffen“, erklang Kiss’ wohltönend dunkle Stimme. „Es kostet dich allerdings achtzig Mäuse.“
Im Kampf mit ihrem Kuchenstück hatte Gwen den Faden des Gesprächs verloren und wusste nun nicht, wem Kiss was besorgen wollte. Doch dann blitzte eine Idee in ihr auf und ergriff von ihr derart Besitz, dass sie nichts anderes mehr mitbekam und auf an sie gerichtete Bemerkungen der anderen nur mechanisch mit „Oh, wirklich?“ und höflichem Lächeln reagierte.
Bis Kiss sich endlich verabschiedete.
Ruckartig kam Gwen auf die Beine. „Ich muss jetzt auch gehen! Also, bis bald!“ Da sie zum Abschied Cory, Brenda und Alex noch umarmen musste, rannte sie, um Kiss hinterher zu kommen. An der Haustür fing sie ihn ab. „Darf ich dich ein Stück begleiten, Kiss?“
„Selbstverständlich, meine Liebe .“ Gemeinsam traten sie ins Freie und machten sich auf in Richtung Rotlichtviertel, das gut fünfzehn Minuten Fußmarsch entfernt lag. Cory hatte ihr neues Domizil mit Höchstgeschwindigkeit in einer geradezu biederen Gegend Catnecktowns errichtet mit einem Hauswarengeschäft gegenüber und einer Zahnarztpraxis nebenan.
„Kiss“, Gwen wusste nicht so recht, wie sie beginnen sollte, „ich möchte etwas kaufen.“
„Das trifft sich gut, Honey“, flötete Kiss. „Bei mir ist alles käu flich.“
„ Du hast einmal gesagt“, das war schwerer, als Gwen gedacht hatte, „du könntest alles besorgen von Plastiksprengstoff bis zum aufblasbaren BH.“
„Das ist richtig, Honey. Lass dich davon nicht täuschen, dass ich hier in der Provinz untergetaucht bin. Gewisse Geschäfte haben es erfordert, dass ich mich aus Miami für eine Weile zurückziehe, aber ich pflege noch immer meine Kontakte.“ Er blickte abschätzend an ihr herunter. „Welche Größe brauchst du? 75 A vielleicht?“
Gwen schluckte. „Nein, ich brauche Plastikspren gstoff.“
Nur das Heben einer seiner fein gezupften Augenbrauen zeugte von seiner Überraschung. „Zeitzünder oder ferngesteuert?“
„Ferngesteuert.“
„Wie viel brauchst du?“
Die Frage überforderte Gwen momentan. Daher formulierte Kiss neu: „Was willst du spre ngen? Ein klemmendes Garagenschloss? Oder die Catnecktowner Müllkippe?“ Kiss’ Lachen versprühte sich wie das Chanel Nr. 5, das er trug.
„Nein. Etwas Massiveres. Es …“ Gwen stockte. War es nicht Wahnsinn, einen Unbeteiligten derart ins Vertrauen zu ziehen? Vertrauen, das sich Gwen nicht leisten konnte.
Kiss wartete, bis ein Passant an ihnen vorbeigegangen war, bis er sich zu Gwen herunterbeugte. „Oh, mein Gott, du willst Statler-Tec in die Luft jagen! Ist es nicht so?“
Unwillkürlich legte Gwen beide Hände auf ihr Herz, das eine Serie von Warnungen an ihre Brustwand klop fte.
Begütigend tätschelte Kiss ihre Wange. „Kein Grund zur Aufregung, Honey! Du hast sicher gute Gründe dafür. Ich würde dich nie verraten, das weißt du! Ich denke, ich kann dir das Gewünschte besorgen, aber es wird dich eine Menge kosten. Ich bin kein Experte“, abwägend schweifte sein Blick in den blauen Himmel, „aber mit fünfzig Riesen würde ich rechnen, denke ich.“
„Fünfzigtausend Dollar?“ Gwen rang nach Luft.
„Es können auch Sachwerte sein, Schätzchen. Wenn du etwas besitzt in der Größenordnung - eine Wohnung, Land, Fahrzeuge, egal was - wenn einer irgendwas zu Geld machen kann, bin ich das. Genau genommen ist der Handel meine eigentliche Geldquelle. Das Anschaffen …“, seine gekonnt geschminkten Lippen verzogen sich genüsslich, „… ist nur Hobby.“
Sofor t überschlugen sich Gwens Gedanken. Sachwerte - Wohnung - Land - Fahrzeuge …
Fahrzeuge!
„Ja, Kiss, ich denke, dass ich dir Sachwerte besorgen kann.“
Voller Bedenken auf Grund ihres riskanten Deals mit Kiss öffnete Gwen die Wohnungstür. Und konnte nur ungläubig auf das Bild starren, das sich ihr bot. Der Fernseher lief, die Blaustirnamazonen zwitscherten vergnügt, Venus kam schwanzwedelnd angerannt, und Pat
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