Gwen (German Edition)
an!“
Gwen schwenkte jetzt überraschend um auf Englisch: „Der alte MacKenzie. Ich bin mir fast sicher, dass er es war.“
Dirk war baff. „ Wer?“
Die anderen re agierten nicht. Alle schienen irgendwas zu wissen. Alle außer Dirk.
Gwen weiter: „ Er ist ein alter Witwer, und seine einzigen Freude sind die Singvögel, für die er Futter, Vogeltränken und Nistkästen aufstellt. Mit seinem Gewehr hat er immer Elstern gejagt, weil die oft seine Amselnester ausnehmen. Wahrscheinlich sind Sie von einem Fehlschuss oder Querschläger getroffen worden. Mr. MacKenzie sieht nicht mehr so gut, will es aber nicht wahrhaben. Er hatte schon Schwierigkeiten mit der Polizei wegen seiner Herumballerei, und eigentlich war ich der Meinung, er hätte damit aufgehört, denn das hat man ihm zur Auflage gemacht. Er hat Ihnen sicher nichts tun wollen. Wahrscheinlich hat er gar nicht bemerkt, dass Sie getroffen wurden, sonst wäre er doch zu Ihnen gekommen, um Ihnen zu helfen. Er hätte sich ganz sicher nicht davor gedrückt.“ Ihre Stimme klang weich und gleichzeitig eindringlich: „Da er jetzt jemanden verletzt hat, bekommt das Ganze eine andere Dimension. Wenn er im Gefängnis landen würde, würde er das nicht überleben. Bitte gehen Sie nicht zur Polizei!“
Irgendwie glaubte Dirk ihr. Er hakte aber vorsicht shalber weiter nach, jetzt auch in Englisch: „Aber wie konnten Sie sich gleich so sicher sein, dass meine Wunde eine Schusswunde ist?“ Er zuckte leicht zusammen, als Maureen die Salbe auftrug.
Gwen: „Ich habe schon Schusswunden gesehen. Außerdem glaubte ich vorhin, zwei Schüsse gehört zu haben, und dachte mir schon, dass Mr. MacKenzie wieder Elstern jagt.“
Dirk zog aus dem Ganzen die einzig mögliche Schlussfolgerung: „Sie haben schon öfter Schus swunden gesehen? IRA oder was?“
Gwen: „ Früher einmal.“
„N atürlich werden wir Mr. MacKenzie aufsuchen und ihm die Waffe abnehmen“, wandte Maureen ein. „Séan ist immerhin der Patenonkel seines Großneffen. Auf ihn wird er hören. Und wenn nicht, kann Séan noch immer ein Gutachten schreiben, dass Mr. MacKenzie bei seiner zunehmenden Sehschwäche keine Waffe mehr in die Hand nehmen darf und kann eine polizeiliche Verfügung erwirken, dass ihm jede Waffe, die er noch besitzt, abgenommen wird. Dann wird er keinen Schaden mehr anrichten können.“
Der Doc nickte. „Das Problem wird jetzt ein für allemal gelöst, das verspreche ich!“ Er zog eine Spritze auf. „Ich gebe Ihnen noch eine Tetanusprophylaxe.“ Dann jagte er sie Dirk in den gesunden Oberarm. „Gwen wird Ihnen täglich den Verband wechseln. Die Wunde ist ziemlich tief, aber ich werde sie trotzdem nicht nähen, weil bestimmt noch Schmauchspuren und Fusselreste Ihres Hemdes drin sind, die zu klein sind, als dass ich sie sehen und entfernen könnte, und die erst durch das Wundsekret herausgespült werden müssen. Aber dank der Salbe meiner Frau wird die Wunde trotzdem gut heilen, und es wird nichts bleiben als eine Narbe.“ So viel hatte Dirk den sonst maulfaulen Doc noch nie reden hören.
„ Werden Sie zur Polizei gehen?“, fragte Ian.
Dirk: „Nein.“ Dann hatte er die Idee: „Aber nur, wenn zwei Bedingungen erfüllt werden. Erste Bedingung: Gwen muss mich darum bitten, und zwar liebevoll.“
„Na schön“, schnaufte Gwen. „Ich bitte Sie .“
Dirk : „Das war nicht liebevoll genug.“
Gwen seufzte sichtlich genervt, setzte sich neben Dirk auf die Couch, nahm seine linke Hand, sah ihm in die Augen - wobei ihre wütend blitzten - und sagte: „Ich bitte Sie!“
Dirk: „Das klang nicht wie eine Bitte, sondern wie eine Dr ohung. Los, versuchen Sie es noch mal!“ Mal sehen, wie lange er brauchte, bis sie explodierte.
„Jetzt habe ich aber genug !“, fauchte sie. Sie war also schon fast so weit.
Dirk konnte jetzt sein Grinsen nicht mehr zurückha lten. „Ich verlange ja nichts Unmögliches von Ihnen. Nur eine kleine, nette, liebevolle Bitte. Wissen Sie überhaupt, was LIEBEVOLL ist? Vielleicht schaffen Sie es, wenn Sie sich Mühe geben. Los, strengen Sie sich mal ein bisschen an! Schließlich wollen Sie was von mir und nicht ich von Ihnen.“
Sie sah aus, als würde sie sic h gleich auf ihn stürzen. Aber sie atmete tief durch, flüsterte: „Ich bitte Sie!“, schlang die Hände um seinen Nacken und küsste ihn.
Es war ein wilder Kuss, in dem eine gute Portion Wut mit drin lag, und Dirk erwiderte ihn mit Vergnügen. Als sie sich wieder von ihm löste, dachte er:
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