Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
nicht gut stehe. Die Armee, mit der mein Vater vorrückt, ist größer als angenommen. Das Sachsenreich im Osten hat weitere Krieger geschickt. Man spricht von zusätzlichen zweitausend Mann. Sie marschieren Tag und Nacht und werden morgen Früh hier eintreffen.“
„Oh, Gott“, murmelte Gwyn entsetzt. „Gibt es Nachricht von Sir Kay und den anderen?“
„Ja. Sie müssen sich wacker schlagen. Es ist ihnen wohl gelungen, ein Drittel der Armee in den Wäldern aufzureiben. Dennoch bleibt die Übermacht erdrückend.“ Sie senkte die Stimme. „Artur ist entschlossen, bis zum letzten Mann zu kämpfen. Du weißt, was das heißt?“
Gwyn nickte. „Niemand von uns wird diese Schlacht überleben.“
„Doch“, sagte Aileen niedergeschlagen. „Ein Leben wird Mordred verschonen: meines.“
In der Hand des Feindes
Am nächsten Morgen erstattete Gwyn Urfin Bericht, der von den Neuigkeiten alles andere als begeistert war.
„Verdammt, damit hat niemand rechnen können“, fluchte er. „Und ich sitze hier unten in diesem Loch, zur Untätigkeit verdammt! Wie weit sind die Schanzarbeiten vorangeschritten?“
„Soviel ich weiß, sind die Pechgräben angelegt und die Hindernisse aufgebaut. Man rechnet damit, dass das feindliche Heer morgen Abend in der Ebene von Cadbury ankommen wird.“
„Wenigstens etwas“, murmelte Urfin und lief unruhig auf und ab. „Sind die Reiter in Stellung gegangen?“
„Ja, aber sie werden gegen die Übermacht kaum etwas ausrichten können. Es sind zu wenige.“
Urfin fegte mit einer unbeherrschten Handbewegung die Schachfiguren vom Spielbrett. „Sie müssen es trotzdem versuchen! Es darf unter keinen Umständen zu einer Belagerung kommen!“
„Und wenn es sich nicht vermeiden lässt?“
Urfin raufte sich das Haar. „Wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt, haben wir nur eine winzige Chance. Wir müssen ihre vorneweg reitenden Hauptleute fangen und außer Gefecht setzen. Aber wie sollen wir das anstellen? Wir sind unterlegen! Machen wir uns nichts vor, Gwyn. Es ist aus!“
Doch damit wollte sich Gwyn nicht zufrieden geben. Er eilte zu Merlin, um ihm Urfins Einschätzung der Lage zu übermitteln. „Gibt es nicht noch eine andere Möglichkeit?“, fragte er verzweifelt.
Merlin schüttelte den Kopf. „Nein, leider nicht. Wenn diese letzte Taktik versagt, bleibt uns nur noch die Verteidigung.“
Gwyn musste an die Frauen und Kinder denken, die voller Angst auf den Beginn der Schlacht warteten. Was würde aus ihnen werden? Mit Grauen dachte er an das kommende Blutvergießen.
„Was wird geschehen, wenn Camelot fällt?“
„Wer kein Sachse ist, wird entweder getötet oder vertrieben. Nur dass es in Britannien keinen Ort mehr gibt, an den wir noch gehen könnten. Südlich von uns ist nur noch das Meer. Wir könnten nach Armorica ins Frankenreich fliehen, wie es schon so viele vor uns getan haben, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch da die römische Ordnung zusammenbricht. Nein, wenn wir den Feind aufhalten müssen, dann hier.“
Niemand konnte in dieser Nacht schlafen, denn so absurd es auch schien, jeder sehnte den Kampf herbei. Das ständige Warten hatte auch den stärksten Mann mürbe gemacht.
In den frühen Morgenstunden hatte es ein Ende. Signalhörner ertönten, als die riesige Armee Mordreds sich wie ein nicht enden wollender Strom auf die Ebene zu Füßen des Burghügels ergoss. Die bewaffneten Reitertrupps Camelots hatten ebenfalls dort Stellung bezogen, im Schutz des Wäldchens zu Füßen der Befestigungswälle.
Gwyn hatte die kalte Nacht mit Merlin und Artur beim Tor verbracht und sah nun, wie die vielleicht letzte Schlacht um Camelot begann.
Als der letzte Trompetenstoß verklungen war, sahen sie, wie die berittenen Krieger ihre Deckung verließen und den Feind angriffen. Doch was war das? Gwyn und auch die anderen trauten ihren Augen kaum, als sie im letzten Moment ihre Pferde herumrissen und wieder zurückritten. Einer von ihnen hielt auf Camelot zu. Erstaunlicherweise schoss keiner der Sachsen einen Pfeil ab, um ihn aufzuhalten.
Als der Reiter schließlich den Weg heraufgeprescht kam, gab Artur den Befehl, das Tor zu öffnen.
„Majestät, sie haben menschliche Schutzschilde!“, rief er keuchend, als er vom Pferd sprang.
„Darauf kann ich keine Rücksicht nehmen!“, schrie Artur. „Greift an!“
„Majestät, Ihr versteht nicht. Sie haben die Ritter der Tafelrunde mitsamt ihren Knappen gefangen genommen. Wenn wir
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