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Gwydion 03 - König Arturs Verrat

Titel: Gwydion 03 - König Arturs Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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lagen, fanden sie im Gegensatz zu den Räumen der oberen Stockwerke keine Kamine. Stattdessen wurde eine Unmenge von Wasser erhitzt, das über ein kompliziertes Röhrensystem unter den Steinboden geleitet wurde, wo es nach und nach seine Wärme abgab und so für eine angenehme, gleichbleibende Temperatur sorgte. Die Notdurft verrichtete man nicht in einer Latrine, sondern man nahm auf einem Stuhl Platz, dessen Sitzfläche eine kreisrunde Öffnung aufwies. Hatte man sich des Unsäglichen entledigt, wischte man sich mit weichen Blättern den Hintern ab und legte einen Deckel auf die Öffnung, sodass ein unangenehmer Geruch gar nicht erst aus der Tiefe des Abortes hinaufsteigen konnte.
    „Vielleicht sollten wir so etwas auch einmal in Camelot einführen“, sagte Gwyn, der Sir Kays Strafaktion noch in guter Erinnerung hatte. „Ich frage mich, woher Sir Gore das Geld hat, um solch ein Haus zu unterhalten und all die Schätze heranzuschaffen.“
    Lancelot betrachtete den goldenen Maskenhelm eines römischen Generals. „Ich glaube, ohne die Bauern könnte sich unser Freund diese kostspielige Leidenschaft nicht leisten.“
    „Er presst sie aus?“, fragte Gwyn.
    „Du hast doch die armseligen Hütten gesehen. Wäre er ein verantwortungsvollerer Herr, würde er sich mehr um seine Untertanen kümmern. Ich glaube, Sir Gore stehen die Toten näher als die Lebenden. Dies hier war jedenfalls eine Grabbeigabe.“ Er stellte die Maske wieder zurück an ihren Platz. „Camelot ist weit und Artur ist so sehr mit der Suche nach dem Gral beschäftigt, dass ihn die Zustände in seinem Reich nicht interessieren, solange die Steuern rechtzeitig gezahlt werden.“
    Das war nun schon das zweite Mal gewesen, dass Lancelot unverhohlen Kritik am König übte, stellte Gwyn erstaunt fest. Er wusste, Lancelot war entgegen aller Gerüchte einer der treuesten Ritter. Umso schwerer wogen seine Worte des Unmuts.
    „Ich glaube, ich brauche ein wenig frische Luft“, sagte Lancelot. „Wie sieht es aus, schreckt dich der Regen?“
    Bei Tag besehen waren die Statuen, die den Weg nach Chulmleigh säumten, weit weniger unheimlich als in der Nacht – auch wenn sie in all ihrer marmornen Grazie ein wenig fehl am Platz wirkten. Wohl auch, weil den meisten von ihnen die Arme oder gar der Kopf fehlten. Sie waren wie stumme Zeugen einer im Untergang begriffenen Epoche, ein Sinnbild des um sich greifenden Verfalls. Gwyn kannte sich im Götterhimmel der Römer nicht sonderlich gut aus. Er wusste nur, dass sie die meisten ihrer Götter von den Griechen übernommen hatten. Katlyn hatte ihm einmal eine Sammlung lateinischer Texte gegeben, in der ihre Geschichte erzählt wurde. Doch die einzige römische Göttin, für die er sich wirklich interessiert hatte, war Diana gewesen, die Göttin der Jagd und des Mondes, denn Gwyns Mutter war eine Priesterin gewesen, die dieser Göttin gedient hatte.
    Die Überwürfe aus gefettetem Filz konnten nicht verhindern, dass Lancelot und Gwyn binnen kürzester Zeit vollkommen durchnässt waren.
    Der Pfad, den sie in der vorangegangenen Nacht hinaufgeritten waren, hatte sich im Laufe des Tages in einen reißenden Bach verwandelt, der sich tief in den Boden gegraben hatte, sodass das Wurzelwerk der Bäume an manchen Stellen freilag. Einige junge Fichten lagen umgestürzt am Boden, mitgerissen von der Macht des Wassers wie einige kleinere Felsen auch.
    Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis sie das Dorf endlich erreicht hatten. Im trüben Tageslicht bot sich ihnen ein trostloser Anblick. Es schien, als hätten die Bewohner den Flecken Land schon vor langer Zeit aufgegeben. Seltsamerweise waren die Felder rings um das Dorf herum alle sorgfältig bestellt, doch auf der Allmende, einst die Dorfweide für das Vieh, wuchsen struppige, kränklich aussehende Sträucher, die wahrscheinlich noch nie Früchte getragen hatten. Einige mit grauen Flechten überzogene Obstbäume standen kahl an einem mit Wasserpest und Schilf zugewucherten Weiher, dessen fauliges Wasser außer Kröten keinerlei Leben zu beherbergen schien. Und dennoch waren die meisten Hütten noch bewohnt. Die Dorfstraße war so aufgeweicht, dass die Pferde bis zu den Fesseln im Morast versanken. Der Ort selbst schien wie ausgestorben zu sein. Selbst der dreibeinige Hund, der Lancelot und Gwyn bei ihrer Ankunft neugierig gemustert hatte, war nicht mehr da.
    Dies war also das Dorf, in dem Gwyn das Licht der Welt erblickt hatte. Eine der armseligen Hütten musste die Behausung

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