Gwydion 03 - König Arturs Verrat
Sir Gore. „Mit Honig?“
Gwyn lächelte und nickte.
„Mit viel Honig“, fuhr Sir Gore fort. „Dazu Brot und alles andere.“
„Ja, Herr“, sagte Mara mit ausdruckslosem Gesicht und ging.
„Es tut mir leid, dass ich Euch gestern nicht persönlich begrüßen konnte, aber ich war mit Dingen beschäftigt, die keinen Aufschub duldeten.“
„Nein, wir müssen uns entschuldigen, dass wir Euch gestern Nacht zu dieser unseligen Stunde behelligt haben“, antwortete Lancelot.
„Ihr habt Euch für Eure Reise nicht gerade das beste Wetter ausgesucht. Selten habe ich solch einen Sturm erlebt. Darf ich fragen, was Euer Ziel ist?“
„Wir sind unterwegs zur Küste.“
Sir Gores Miene verdüsterte sich. „Nach Norden?“
„Ja“, antwortete Lancelot.
„Ein sehr gefährliches Unternehmen, wenn mir diese Bemerkung erlaubt ist. Der Landstrich ist noch immer nicht befriedet.“
„Marodierende Sachsen?“, fragte Gwyn.
Sir Gore schüttelte den Kopf. „Nein, Mordreds Männer.“
Gwyn sah Lancelot überrascht an.
„Ich weiß von der Schlacht, die er gegen Camelot verloren hat“, fuhr Sir Gore fort. „Man erzählt sich die wunderlichsten Dinge. Dass es ein halbwüchsiger Junge war, der Artur in aussichtsloser Lage doch noch zum Sieg verholfen hat. Manche sagen sogar, es soll ein Schweinehirte gewesen sein.“
Lancelot lachte und schlug Gwyn seine Hand auf die Schulter. „Sieh an, Gwyn. Nun singt man sogar schon Lieder über deine Taten.“
„Nein“, rief Gore überrascht und zeigte auf Gwyn. „Wollt Ihr damit sagen, dass…“
„… der Held von Camelot hier an Eurem Tisch sitzt“, vollendete Lancelot den Satz.
Gwyn spürte, wie das aufsteigende Blut sein Gesicht wärmte.
„Wenn Camelot über solche Burschen verfügt, brauchen wir uns um die Zukunft Britanniens keine Sorgen mehr zu machen. Ihr könnt stolz sein, solch einen Knappen in Euren Diensten zu haben!“
„Das bin ich“, sagte Lancelot und legte eine Hand auf Gwyns Arm. „Das bin ich in der Tat. Aber lasst uns auf Mordred zurückkommen. Woher wisst Ihr, dass er sich im Norden herumtreibt?“
„Ich komme viel herum“, sagte Sir Gore ausweichend.
„Habt Ihr ihn mit eigenen Augen gesehen?“, fragte Gwyn.
„Ja, nicht weit von Dunster entfernt. Soviel ich weiß, ist ihm seine Burg Tintagel abhanden gekommen. Und da er Camelot nicht einnehmen konnte, streift er jetzt mit seinen Männern durch die Gegend und lebt von dem, was er am Wegesrand findet, wenn ich mich einmal so ausdrücken darf.“
„Ihr meint, er plündert Dörfer?“, fragte Gwyn.
Sir Gore nickte.
„Wie groß ist seine Armee?“ fragte Lancelot.
„Sie besteht aus knapp einhundert Mann. Nach der Schlacht um Camelot kam es zum Bruch mit den Sachsen. Als Verbündeter war er einfach nicht mehr von Wert für sie, zu klein ist seine Streitmacht, zu gering sein Gewicht. Ich glaube, Mordred ist in einer verzweifelten Situation. Die Fürsten des Nordens machen Jagd auf ihn. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn zur Strecke gebracht haben.“
„Und ich hoffe, das geschieht bald. Mordred ist unberechenbar. In die Ecke getrieben ist er noch einmal so gefährlich“, ergänzte Lancelot düster.
„Nun, wie dem auch sei, Artur dürfte zum ersten Mal die Gelegenheit haben, das Land wirklich zu befrieden. Wie ich höre, sind große Teile der Sachsen zu ihm übergelaufen. Ich war erleichtert, als ich diese gute Nachricht vernommen habe.“
Alle blickten auf, als die Tür geöffnet wurde und Mara das Frühstück servierte.
„Danke, meine Liebe“, flüsterte Sir Gore lächelnd und berührte fast beiläufig ihre Hand, die sie hastig zurückzog, als sie Gwyns überraschten Blick sah. Mara verneigte sich knapp und schloss die Tür wieder hinter sich.
„Ihr erzähltet, dass Ihr viel herumkommt“, sagte Lancelot, der das Thema wechseln wollte. „Ich vermute, das hat etwas mit den Schätzen zu tun, die wir in Eurem Haus gesehen haben.“
Sir Gore schob sich belustigt ein Stück Brot in den Mund. „Wisst Ihr, als der Herr die Menschen erschuf, teilte er sie in zwei Gattungen ein. Ihr, Sir Lancelot, seid ein Jäger. Ihr zieht in den Krieg und kehrt, so Ihr siegreich seid, mit einer Beute zurück, die Euren Ruhm und den Eurer Mitstreiter mehrt. Ich hingegen bin ein Sammler. Ich durchstreife die Welt auf der Suche nach Dingen, die es wert sind, bewahrt zu werden. Versteht mich nicht falsch: Ich fühle mich Euch keineswegs überlegen. Wir brauchen einander, denn wir alle
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