Gwydion 03 - König Arturs Verrat
sogar König Artur überlegen fühlte und die Krone Britanniens an sich reißen wollte, hatte Gwyn erst erkennen können, als es zu spät war. Doch obwohl Sir Urfin ihn schmählich verraten hatte und schuld am Tod seines Freundes Humbert von Llanwick war, fragte sich Gwyn ab und zu, was nach seiner Verbannung aus Camelot aus ihm geworden war.
Lancelot war anders, geradliniger und somit auf den ersten Blick berechenbarer. Er behandelte jeden Menschen ohne Rücksicht auf dessen Stand oder Abstammung mit demselben Respekt. Natürlich umgab auch ihn ein Geheimnis, doch war es eines, unter dem er selbst am meisten litt. Vierzehn Jahre seines Lebens waren einfach ausradiert worden, und bis heute wusste er nicht, was sich in dieser Zeit zugetragen hatte. Manche mutmaßten sogar, dass er insgeheim ein Spion Mordreds war, der den Auftrag erhalten hatte, nach Camelot zurückzukehren, um die Gemeinschaft des Grals zu zerstören. Doch die Gefahr war nicht von Sir Lancelot ausgegangen, sondern Camelots Hofmeister war vermutlich von seinem eigenen Sohn niedergestochen worden. Nun gab es niemanden mehr, der die Ritter, sei es nur in ihrer Abneigung gegen den Hofmeister, einte. Hinzu kam, dass eine Bedrohung von außen fehlte oder zumindest nicht mehr wahrgenommen wurde. Arturs Sohn Mordred war nach der verlorenen Schlacht gegen Camelot geflohen und man hatte die Sachsen besiegt – zumindest für den Moment. An den Grenzen zu Arturs Reich herrschte Ruhe. Die Überfälle, die noch bis zum Frühjahr den Feind bis weit in den Westen nach Cornwall geführt hatten, hatten ein Ende gefunden. Eine trügerische Ruhe lähmte das Land. Gwyn war sich sicher, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm war. Bald würde ein neuer Kampf beginnen, der alle vorangegangenen Schlachten in den Schatten stellen würde. Dazu passte die besorgniserregende Nachricht von dem unablässigen Strom neuer Sachsenkrieger aus den Ländern jenseits des nördlichen Meeres im Osten Britanniens.
Und auch Mordred lebte noch, leckte irgendwo seine Wunden und versuchte wahrscheinlich, sein Bündnis mit den Sachsen zu erneuern. Seine Festung Tintagel war nur noch eine Ruine an der nördlichen Küste Cornwalls, er musste sich also an einem anderen Ort verstecken. Und wo immer er war, Mordred hatte Gwyn ganz bestimmt nicht vergessen. Arturs Sohn trachtete ihm immer noch nach dem Leben. Mit Schaudern erinnerte Gwyn sich an den Überfall in den Sümpfen, als er und Rowan in Merlins Auftrag auf dem Weg nach Wales gewesen waren. Nur durch eine glückliche Fügung waren sie damals Mordreds Schergen entkommen.
Auch Aileen hatte sich verändert. Bei seiner Ankunft war sie ein aufgewecktes, patentes Mädchen gewesen, das mit einem gesunden Menschenverstand ausgestattet war und sich erfrischend von seinem strengen und herrschsüchtigen Großvater unterschied. Dann hatte sie ihren Vater Mordred kennen gelernt, und seit dieser Zeit war nichts mehr so wie zuvor. Sie war launisch und berechnend geworden, behandelte ihr nahestehende Menschen ungerecht und offenbarte immer mehr die Züge einer machtversessenen Prinzessin, die Rowan verstoßen hatte, weil sie in Gwyn einen passenderen Kandidaten für den britannischen Thron sah, den sie eines Tages erben würde.
Gwyn wusste beim besten Willen nicht, wie er damit umgehen sollte. Auf der einen Seite hatte er sich geschmeichelt gefühlt, da er sich ein wenig in die Prinzessin mit den langen, hellroten Haaren und der erfrischenden Offenheit verliebt hatte. Doch zum einen hatte er Rowan nicht vor den Kopf stoßen wollen, zum anderen spürte er, dass es gefährlich war, sich mit Mordreds Tochter einzulassen. Denn die Gunst, die sie ihm nun gewährte, konnte sich auch ins Gegenteil verkehren, wenn er ihr eines Tages doch nicht mehr als der richtige Partner für die Verwirklichung ihrer Ziele erscheinen würde.
Gwyn hatte sich stets darüber gewundert, warum Aileen ausgerechnet ihn ausgesucht hatte. Gut, er hatte sie durch ein waghalsiges Manöver ganz alleine aus den Klauen ihres wahnsinnigen Vaters Mordred gerettet, und es war auch Gwyn gewesen, der entscheidend dazu beigetragen hatte, dass Mordreds Angriff auf Camelot niedergeschlagen werden konnte. Doch trotz allem war er nur ein einfacher Bauernsohn aus Cornwall – zumindest für diejenigen, die seine wahre Herkunft nicht kannten. Nur Merlin wusste, dass Gwyn in Wahrheit Gwydion Desert, der Sohn des letzten Gralshüters, war, den man in den Legenden nur den Fischerkönig nannte. Gwyns Mutter
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