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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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wurmstichig ist.“
    Doch Gwyn war der Appetit vergangen. „Lasst uns weitersegeln“, sagte er unbehaglich. „Dieser Ort ist mir nicht geheuer.“
    Rowan schaute überrascht hinauf zum makellos blauen Himmel, an dem keine Wolke den hellen Schein der Sonne verdeckte. Die Vögel zwitscherten und eine dicke Hummel flog brummend zu einem verwilderten Rosenstock, an dem blutrote Blüten einen betörenden Geruch verströmten.
    „Bitte“, wiederholte Gwyn nachdrücklich.
    „Ich spüre es auch“, sagte Lancelot leise. „Der schöne Schein trügt. Anderida wird von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht. Ich weiß nicht, was mit uns geschehen wird, wenn wir die Nacht hier verbringen.“ Er betrachtete den Baum, dessen Äste sich unter der Last der Äpfel bogen. „Das Totenreich Avalon ist uns hier sehr nah.“
    Und so setzten sie ihre Reise fort, obwohl die Sonne den Zenit schon überschritten hatte. Die Winde standen günstig, sodass sie mithilfe einer starken Strömung am Abend schließlich Hraefn’s Ate erreichten. Gwyn verließ seinen Platz an der Steuerbordreling nicht mehr und starrte hinaus auf das Meer. Die Sicht war klar. Das Ziehen in seinem Bauchnabel wurde wieder stärker.
    „Wonach hältst du Ausschau?“ fragte Katlyn.
    „Danach“, sagte Gwyn und zeigte auf einen grauen, unregelmäßigen Strich am südlichen Horizont.
    „Ja, das ist Gallien“, sagte Katlyn in einem Ton, der Unverständnis ausdrückte. „Ich wusste gar nicht, dass die Küste von hier aus schon zu sehen ist!“ Ein unbehagliches Gefühl schien Besitz von ihr zu ergreifen. „Gwyn, was ist in Anderida passiert?“
    „Ich weiß es nicht.“ Gwyn senkte die Stimme und beugte sich zu ihr hinüber. „Irgendetwas ist mit mir geschehen. Es ist, als wäre ich auf einmal neu ausgerichtet worden. Wie ein Karren, der an einer Weggabelung steht und nun eine andere Richtung einschlagen soll. Ich weiß nicht. Ich habe keine anderen Worte dafür“, sagte er hilflos.
    Nun folgte auch Katlyn seinem Blick. Hinter der Küste Galliens erstreckte sich ein weites Land. Gwyn kannte es nicht. Ja, er verspürte bei der Vorstellung, dieses für ihn unbekannte Territorium zu betreten, sogar eine tiefe Angst. Und auch Katlyn schien auf einmal zu frieren. Mit steifen Fingern zog sie ihren Mantel zu.
    „Verstehst du, was ich meine?“, raunte er ihr zu. „Spürst du es auch?“
    Katlyn nickte. „Nicht so stark wie du, aber du hast Recht.“ Sie schaute ihn an. „Gwyn, was hat das zu bedeuten?“
    „Beim besten Willen…“, murmelte er, „ich weiß es nicht.“
    Bis zu den weißen Klippen von Dubras sollten sie das jenseitige Ufer sehen. Erst als sie die Halbinsel von Thanet umschifften und nun nach langer Zeit wieder einen westlichen Kurs einschlugen, ließ das Ziehen in Gwyns Bauchnabel nach, ohne jedoch ganz zu verschwinden.

 
    Die Pforte zur Hölle
     
     
     
    „Seid wachsam“, sagte Lancelot. „Man nennt diesen Teil Britanniens auch die Sachsenküste. Dubras und Thanet sind das Einfallstor der Völker aus dem Osten. Wir müssen uns nahe am Ufer halten, damit wir nicht von den Langbooten entdeckt werden, mit denen die Sachsen Kontakt zu den Heimatlanden halten.“
    „Wie weit werden wir die Thamesis hinaufsegeln müssen?“, fragte Rowan.
    „Einige Meilen“, sagte Katlyn. „Und mit Segeln allein wird es nicht getan sein, dazu ist die Strömung zu stark. Wir werden rudern müssen.“ Sie wandte sich an Lancelot. „Ich kann mich noch daran erinnern, dass mein Vater immer bei Flut den Fluss hinauffuhr. Der Tidenhub ist gewaltig und noch weit bis ins Landesinnere spürbar.“
    „Vermutlich werden wir Londinium nicht direkt ansteuern können, das ist zu gefährlich“, sagte Lancelot nachdenklich. „Wir schauen, wie weit wir kommen und legen dann den Rest zu Fuß zurück, auch wenn der Weg noch weit sein sollte. Der Fluss bietet uns keinerlei Deckung.“
    „Ich bin froh, mir nach all den Tagen und Wochen in dieser Nussschale endlich die Beine vertreten zu können“, sagte Muriel.
    „Gut“, sagte Lancelot. „Dann werde ich kein Risiko eingehen und so früh wie möglich an Land gehen. Oh, und noch etwas.“ Er zeigte auf Gwyns Waffenrock. „Auch wenn wir weit von Mordred und Artur entfernt sind, würde ich niemandem das Einhorn zeigen. Es könnte unseren Stand verraten und unnötig Neugier erregen.“
    „Ihr habt Recht“, sagte Gwyn. Er zog seinen Waffenrock aus, drehte ihn auf links und schlüpfte wieder hinein. „Das muss

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