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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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etwas anderes war viel beängstigender.
    Eine ganze Flotte kleiner Fischerboote hielt Kurs auf die gallische Küste. Der Süden Britanniens musste nahezu entvölkert sein! Gwyn hatte sich zum Bug des Bootes begeben und starrte entsetzt auf den Flüchtlingsstrom.
    „Und das sind nur die Familien, die es noch rechtzeitig geschafft haben“, sagte Rowan grimmig. „Ich frage mich, welches Ziel Mordred mit seinem Tun verfolgt!“
    „Fragt der Wahnsinn nach einem Warum?“ antwortete Gwyn, der auf einmal einen unbändigen Hass in sich aufsteigen spürte. „Mordred hat sich vorgenommen, seinen Vater zu vernichten. Egal, wie hoch der Preis ist, den andere dafür zu zahlen haben.“
    Als es dämmerte, befanden sie sich in einer Zwickmühle. Entweder gingen sie an Land, schlugen dort ihr Lager auf und riskierten, entdeckt zu werden. Oder sie verbrachten die Nacht auf See, was mindestens ebenso gefährlich war. Am späten Nachmittag hatte sich der Himmel wieder bewölkt. Zwar sah es nicht nach Regen oder gar Sturm aus, doch konnten sie bei diesem wolkenverhangenen Himmel nicht nach den Sternen navigieren. Schließlich beschlossen sie, die Nacht an Land zu verbringen.
    Das Dorf, in dem sie ankamen, hatte nur noch wenig Ähnlichkeit mit der blühenden menschlichen Siedlung, die es bis zum gestrigen Tage noch gewesen sein mochte. Der Tod hatte Einzug gehalten und viele Opfer gefordert.
    Gwyn ballte die Hände zur Faust. Am liebsten hätte er seine Wut laut herausgeschrien, doch er unterdrückte diesen Drang. Nichts würde die Toten wieder lebendig machen.
    „Wir werden uns an diesen Anblick gewöhnen müssen“, sagte Lancelot. „Und es wird schlimmer werden. Das Töten hat gerade erst begonnen.“
    „Schweigt“, sagte Gwyn leise.
    „Ich möchte Euch einfach nur auf die Dinge vorbereiten, die…“
    „Seid einfach still“, schrie Gwyn ihn so laut an, dass alle erschrocken zusammenfuhren. Gwyn rang nach Worten, öffnete den Mund, um ihn aber sogleich wieder zu schließen, denn er brachte nur ein Stottern zustande. Schließlich warf er hilflos die Arme in die Luft und stieß einen markerschütternden Schrei aus. Schwer atmend rang er um Fassung.
    „Ich glaube gerne, dass Ihr Bilder wie diese schon oft gesehen habt, aber ich werde mich nie an sie gewöhnen“, brachte er schließlich keuchend hervor. „Ich will mich nicht an sie gewöhnen, versteht Ihr? Denn wenn diese Bilder eines Tages etwas Alltägliches für mich sind, weiß ich, dass etwas Schreckliches mit meinem Leben geschehen ist.“
    Mit diesen Worten nahm er sich eine Schaufel und begann zu graben.
    Sie benötigten die ganze Nacht, um die Dorfbewohner würdig zu bestatten. Selbst Lancelot half mit, obwohl der es als eine leichtsinnige, wenn auch nachvollziehbare Geste betrachtete.
    Erst als ein grauer Morgen heraufzog, war die schreckliche Arbeit verrichtet. Sie versuchten, noch einige wenige Stunden zu schlafen, doch vergebens. Alle waren zu aufgewühlt, als dass sie ein Auge hätten zutun können. Also stachen sie nach dem Frühstück wieder in See.
    Wohin sie auch kamen, überall trafen sie nur auf Tod und Zerstörung. Selbst Exmouths alter römischer Hafen war verwüstet worden, was überhaupt keinen Sinn ergab. Entweder hatte Mordred kein Interesse daran, den Kanal zwischen Britannien und Gallien zu beherrschen, oder aber seine Männer hatten sich in einen Rausch der Zerstörung gesteigert, der vor nichts mehr haltmachte.
    Gwyn vermutete, dass wohl beides zutraf, denn erstaunlicherweise war eine kleine Insel, die dem Festland vorgelagert war, von einer Invasion verschont geblieben. Viele der Bauern hatten sich dorthin geflüchtet und warteten nun in ängstlicher Spannung auf neue, bessere Nachrichten. Als Gwyn erzählte, dass der Feind bereits den äußersten Westen Cornwalls erobert hatte, schwanden die Hoffnungen der Bauern auf eine baldige Heimkehr.
    Seit der Abreise von Caerdydd waren nun zwei Wochen vergangen. Zwei Wochen, die so schrecklich gewesen waren, dass Gwyn sich fragte, was sie wohl gesehen hätten, wenn sie über den Landweg nach Osten geritten wären. Der Niedergang Britanniens vollzog sich in einer geradezu atemberaubenden Geschwindigkeit. Jegliche Form von Ordnung und Stabilität löste sich auf, ohne dass bislang etwas anderes an ihre Stelle getreten wäre. Wenn die Vision, die Gwyn von der letzten, alles entscheidenden Schlacht hatte, Realität wurde, dann bewegten sie sich am Rande eines gähnenden Abgrundes, der alles verschlingen

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