Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
gewisse Defizite haben.
Wenn Sie also bereit sind zu akzeptieren, dass Ihr Kind wahrscheinlich doch keinen Nobelpreis in Mathematik erhalten wird, dann können Sie (und vor allem Ihr Kind) zu einem entspannten Umgang mit diesem Fach kommen – allerdings ohne Nachlässigkeiten zu erlauben. Machen Sie Ihrem Kind deshalb freundlich klar, dass es auch die Aufgaben in dem weniger geliebten Fach ohne Murren zu erledigen hat, und erkennen Sie seine Bemühungen sowie auch kleine Erfolge lobend an.
So wird das »Du hast das zu können!« zu einem »Du versuchst es. Und je häufiger du es versuchst, umso eher fährst du Erfolgserlebnisse ein!«. Die müssen übrigens nicht immer darin bestehen, dass Ihr Kind ein »Sehr gut« von seinem Lehrer bekommt. Ein Erfolgserlebnis kann es auch sein, wenn Ihr Kind die Aufgaben zwar nicht alle fehlerfrei bearbeitet hat, sich aber immerhin ohne fremde Hilfe daran versucht und sie auch tatsächlich ansatzweise gelöst hat.
Wie wichtig das Vertrauen der Eltern in die Leistungsfähigkeit der Kinder ist, zeigt das Beispiel zweier Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein können: Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, und Arnold Schwarzenegger, der kalifornische Gouverneur, haben betont, dass ihre Mütter ihnen von klein auf ein unumstößliches Vertrauen in die eigene Leistung mitgaben.
Lassen Sie sich diesen Satz ruhig auf der Zunge zergehen. Nicht von Leistung ist hier die Rede, sondern von
Vertrauen in die eigene Leistung
, und das ist es, was schließlich zu Leistungsbereitschaft führt – der Grundvoraussetzung für tatsächliche Leistung.
Umgekehrt gilt natürlich auch: Wer seinem Kind – auch unausgesprochen – eine dauerhafte Versagerrolle zuschreibt, kann von ihm nicht erwarten, dass es auf irgendeinem Gebiet Erfolg zeigt.
■ Das Etikett auswechseln
Sie wissen es natürlich selbst: Lob, Anerkennung und Bestätigung gehören zur Erziehung, und Sie wissen am besten, was Ihrem Kind guttut und welches Lob es besonders freut – auch für das prompte Erledigen seiner Hausaufgaben.
Ob es die Aufgaben gleich nach der Schule macht oder erst nach einer Erholungspause (bedenken Sie: Ein Schulvormittag bedeutet für Kinder genauso viel Anstrengung wie ein Arbeitstag für Erwachsene), ob Sie die Hausaufgaben genau kontrollieren müssen oder eher darauf vertrauen können, dass sie gemacht wurden, das alles hängt von vielen subjektiven Gegebenheiten ab. Für alle Situationen aber gilt: Lob ist besser als Tadel!
Natürlich gibt es manchmal Situationen, in denen ein Lob unpassend wäre und demzufolge auch unglaubwürdig klingen würde, zum Beispiel dann, wenn der Nachwuchs sich seit mehr als zwei Stunden mit dem Hausaufsatz zum Thema »Ein schöner Nachmittag« herumschlägt und jammert, ihm falle überhaupt nichts ein. Dann sollten Sie den Ärger, der vielleicht in Ihnen hochsteigt, runterschlucken und umdenken. Sie könnten die Sache nämlich auch so sehen: Das Kind beißt sich durch; es schreibt nicht einfach etwas hin, damit irgendwelche Sätze auf dem Blatt stehen; es denkt nach; es ist besonders gründlich.
Was machen Sie also? Sie heben die positive Seite einer Eigenschaft hervor – nicht die negative. Dies entspricht dem Blick auf das halb volle (nicht das halb leere!) Glas Wasser – ein simpler, aber sehr effektiver Trick, der das Leben erleichtern kann, übrigens nicht nur mit Kindern. Hier einige Beispiele:
Reagiert Ihr Kind ungeduldig, können Sie darin auch Spontaneität oder Eifer sehen.
Agiert es umständlich, lässt sich das als Besonnenheit interpretieren.
Spricht es wenig, zeigt es Ruhe und Nachdenklichkeit.
Erscheint es Ihnen als engstirnig, können Sie darin auch eine besondere Form von Konsequenz sehen, weil es treu an dem festhält, was ihm wichtig ist.
Zeigt es sich als Schlamper, kann das bedeuten, dass es in der Lage ist, andere Prioritäten zu setzen.
Erscheint Ihnen sein Verhalten als sprunghaft, können Sie darin auch Flexibilität sehen.
Gibt es sich geizig, so können Sie seine Sparsamkeit loben.
Verhält es sich nach Ihrem Dafürhalten wenig emotional, so anerkennen Sie seine Selbstbeherrschung.
Diese neue Interpretation bewirkt, dass sich Ihre Einstellung Ihrem Kind gegenüber wandelt, nämlich von einer abwehrenden Haltung in eine annehmende und bejahende. Natürlich vollzieht sich eine solche Veränderung der Sicht nicht auf Knopfdruck. Die spontane Reaktion auf ein Kind, das bei den Hausaufgaben trödelt, sieht
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