Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
nicht, dass Sie alles, was es tut, kritiklos hinnehmen. Aber für Ihr Kind ist es wichtig zu wissen, dass es bei Ihnen immer einen Platz hat, an dem es Schutz und Geborgenheit findet. Dieses Urvertrauen in Sie ist unerlässlich, damit es eine gefestigte Persönlichkeit entwickeln kann.
Vermeiden Sie Druck: »Meine Eltern tun vor jeder wichtigen Arbeit so, als würde die Welt untergehen, wenn ich keine gute Note schreibe«, klagt die dreizehnjährige Annika. »Und sagen, dass ich sonst später auch nicht studieren könne. Deshalb fragen sie immer, ob ich auch wirklichgenug für die Arbeit gemacht habe. Und dann sind sie total enttäuscht, wenn’s schlecht gelaufen ist.«
Im Grunde ist Annikas Eltern klar, dass dieser Druck blockierend auf ihr Kind wirkt; sie wollen ihn eigentlich auch nicht ausüben, aber andererseits wissen sie: Noten spielen in unserer Gesellschaft eine sehr wichtige Rolle, entscheiden schlussendlich darüber, welchen Beruf Annika später ausüben kann, ob sie gut verdienen wird oder nicht. Nur werden Noten dadurch nicht besser, wenn Eltern beständig mahnen und bei weniger guten Noten gleich enttäuscht reagieren.
Vielsagendes Schweigen und sorgenvolle Mienen machen Kindern ebenso zu schaffen wie früher die Ohrfeige, die es für eine schlechte Note gab.
Fragt man Schüler, warum sie Angst vor schlechten Noten haben, kommt ganz häufig die Antwort: »Auch wenn meine Eltern nichts sagen, ich spüre deutlich, dass sie enttäuscht sind!« Tatsächlich ist das schlechte Gewissen, Erwartungen nicht erfüllt zu haben, für viele Kinder eine enorme Belastung, führt zu Denk- und Lernblockaden und damit zu Misserfolg, auch dann, wenn die Jugendlichen sich nach außen hin vielleicht betont locker geben.
Auch wenn es Ihnen auf der Zunge liegen sollte, vermeiden Sie Äußerungen wie: »Was soll nur aus dir werden?« oder: »Du hast ja keinen Schimmer, wie wichtig heute ein guter Schulabschluss ist!« – Doch! Das wissen Kinder und vor allem Jugendliche ganz genau, denn damit werden sie – unter anderem auch durch die Medien – permanent bombardiert. Es ist also nicht notwendig, dass Sie ständig aufs Neue darauf hinweisen.
Belastend erlebt auch die zwölfjährige Corinna das Verhalten ihrer Mutter: »Wenn ich eine Englischarbeit schreibe,ist sie immer ganz aus dem Häuschen. Am liebsten fährt sie mich dann mit dem Auto bis vor die Schule und hört mich auf der Fahrt noch ab. Neulich haben wir meine Freundin mitgenommen und dann war das natürlich oberpeinlich!«
Corinna meint auf die Frage, wie sie sich denn später ihren eigenen Kindern gegenüber vor einer Klassenarbeit verhalten würde: »Ganz normal eben. Weil ja die Arbeit auch kein bisschen besser läuft, wenn ich als Mutter so eine Action mache.« Dem ist nichts hinzuzufügen.
Der Angst vor schlechten Noten geht jedoch meist die Angst vor der Prüfung voraus. So kann man sie in den Griff bekommen:
»Wir haben uns ernsthaft überlegt, unserer Tochter ein Beruhigungsmittel zu geben, vielleicht irgendwas Pflanzliches«, meint eine Mutter. »Bloß damit Myriam überhaupt zur Mathearbeit geht.«
Halten es Eltern tatsächlich für erstrebenswert, dass ihr Kind die einfache Gleichung lernt: Problem = Tablette? … Doch bestimmt nicht! Das ungefährliche Mittelchen, das nervöse und misserfolgsorientierte Kinder zu angstfreien Schülern mit entsprechend hoher Leistungsmotivation und guten Noten macht, gibt es genauso wenig wie die Superpille, die uns alle schlank und schön zaubert. Und außerdem: Jedes sedierende Mittel (auch wenn es pflanzlich ist) kann für ein Kind der Einstieg in eine Abhängigkeit sein, weil es – je nach genetischer Prädisposition – davon süchtig werden kann.
Das wollen Eltern natürlich nicht. Und genauso, wie für den Kampf gegen überflüssige Pfunde harte Arbeit angesagt ist, gilt das für die Angst vor Klassenarbeiten und Prüfungssituationen. Denn sie verliert sich leider nicht einfach so und sie »wächst sich auch nicht aus«, wie manche Eltern hoffen, sondern sie verfestigt sich – wenn nichts dagegen unternommen wird. Manchmal wird mit scheinbar lustlosen Äußerungen wie »Ich hab überhaupt keinen Bock auf die Arbeit morgen« die eigentliche Angst kaschiert. Hören Sie also genau hin und versuchenSie zu erspüren, ob es sich dabei um einen bereits wohlbekannten Kommentar handelt oder ob mehr dahintersteckt.
Bemerken Sie wirkliche Angst, so müssen Sie darauf eingehen. Erklären
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