Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
überhaupt zwecklos und überflüssig sei (»Ihr sagt doch auch immer, dass euch die Schule noch um den letzten Nerv bringt.«). Als würde das nicht ausreichen, mischt sich nun auch noch Ihre Schwiegermutter ein und glänzt mit der sinnigen Bemerkung: »Und schuld daran sind nur die modernen Erziehungsmethoden!«
Wenn sich Mütter in die industrielle Revolution oder das Periodensystem einarbeiten, dann ist das meistens nicht ein neues Hobby, sondern das Thema der anstehenden Klassenarbeit ihrer Kinder. Erstellt man eine Hitliste jener Faktoren, die das Familienklima ganz gewaltig belasten, dann nehmen Klassenarbeiten dabei einen Spitzenplatz ein. Verständlich, denn im Gegensatz zu Hausaufgaben, bei denen die Eltern in vielen Fällen immer noch eingreifen können, stellen Klassenarbeiten eine Prüfungssituation dar, die das Kind ganz allein bewältigen muss.
Vieles kommt hier zusammen: Hat das Kind den Unterrichtsstoff verstanden? Hat es richtig gelernt? Beherrscht es die verlangten Lösungsstrategien? Und – nicht zuletzt – zeigt es Leistungswillen und gute Nerven? Kein Wunder, dass Eltern nervös reagieren. Eine Mutter erzählt, sie habe ihre Tochter inständig gebeten, gleich nach der Mathearbeit zu Hause anzurufen und zu berichten. »Sonst«, so meint sie, »hätte ich keine ruhige Minute gehabt, bis Sandra mittags nach Hause kommt!«
Glücklicherweise geht es aber auch anders und dadurch nervenschonend, wenn man einige wichtige Aspekte berücksichtigt und umsetzt. Dabei ist es oft schon hilfreich, die Vorbereitung auf eine Klassenarbeit mit der simplen Erkenntnis beginnen zu lassen, dass Klassenarbeiten nicht von Lehrern erfunden wurden, um den hoffnungsvollen Nachwuchs zu schikanieren. Klassenarbeiten sind sinnvoll, weil sie
Aufschluss über den Leistungsstand des Schülers geben;
eventuelle Lücken aufzeigen, die behoben werden müssen und können;
Schüler dazu motivieren sollen, sich auch mit Themen zubeschäftigen, die sie weniger interessieren (als Ansporn winkt eine gute Note);
als Grundlage für die Zeugnisnote dienen.
Damit die Klassenarbeit für alle Seiten einigermaßen erfreulich abläuft, könnte ein Fachlehrer so vorgehen: Er
informiert rechtzeitig über den Termin der Klassenarbeit;
steckt einen Erwartungsrahmen ab, damit sich die Schüler zielgerichtet vorbereiten können;
gibt Gelegenheit, den Stoff zu wiederholen;
schreibt in Klassen, die er neu übernommen hat, eine Probearbeit, damit sich die Schüler auf seine Anforderungen einstellen können.
Sollten Sie diese Aufstellung zwar für sinnvoll halten, aber leider auch für ziemlich illusorisch, weil es an der Schule Ihres Kindes eben nicht so läuft, dann schlagen Sie diesen Katalog doch dem Fachlehrer vor. Denn entgegen einer weit verbreiteten Annahme geben die meisten Lehrer viel lieber gute als schlechte Noten – schließlich spiegeln Noten ja auch die qualifizierte (oder eben weniger qualifizierte) »Vorarbeit« des Lehrers wider.
Wurde im Unterricht also der Rahmen für die Klassenarbeit abgesteckt, ist es sinnvoll, wenn Ihr Kind Sie möglichst bald über Termin und Themen informiert. Bei jüngeren Kindern schadet es nicht, wenn Sie an der Pinnwand an gut sichtbarer Stelle eine entsprechende Notiz anbringen (wie zum Beispiel: »Montag, 18.9.: Deutscharbeit, Grammatik Seite 46 bis 49 etc.«). Dann müssen Sie nicht alle zwei Tage darauf hinweisen, was Kinder – und bestimmt irgendwann auch Sie – ziemlich nervt.
Alle Themen der Arbeit dort zu notieren, erspart Ihrem Kind überraschende Erkenntnisse am Vorabend der Arbeit, wie zum Beispiel: »Ups, ich hab gar nicht gewusst, dass wir auch noch alle Längeneinheiten in Mathe können müssen!«
Und wie bei Hausaufgaben gilt ebenso für die Vorbereitung einer Klassenarbeit die Devise: beizeiten starten, statt das Lernen auf die lange Bank zu schieben.
Falls Ihr Kind mit schöner Regelmäßigkeit – speziell vor Klassenarbeiten – den Trödelprofi gibt, leidet es vielleicht unter Versagensängsten. Dahinter steht häufig der Anspruch, eine fehlerfreie Arbeit schreiben zu wollen. Und so gesehen sind notorische Aufschieber eigentlich Perfektionisten, denn unbewusst sagen sie sich: »Wenn ich nicht anfange, kann ich auch keine Fehler machen!« Das stimmt, nur: Wenn die Evolution auch so funktioniert hätte, würde es uns heute bestimmt nicht geben. Also gilt: Ich muss erst mal anfangen. Und ob ich dann Fehler mache, ist noch gar nicht gesagt!
Es gibt aber
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