H2O
chromglänzende Sicherheitsbügel mit zahlreichen Stichwaffen. In einem Netz lagerten bunte Schachteln mit Munition. Außerdem bemerkte Sénéchal eine geschlossene Schublade, die neben dem Schloss mehrere Kratzer aufwies.
Der Umweltinspektor nickte mit Kennermiene.
»Mit dieser Artillerie könnten Sie einer Belagerung standhalten. Wovor fürchten Sie sich? Piraten?«
Designe lachte höhnisch.
»Nein, am gefährlichsten sind die Forscher von der Gegnerseite. Doch meistens ziehen wir es vor, sie zu ertränken, wenn sie unser Schiff zu entern versuchen.«
Ziegler kräuselte hochmütig die Lippen.
»Wir bewegen uns manchmal in Gebieten, die mehr oder weniger ... sicher sind. Auf diesem Schiff gibt es etliche Dinge von erheblichem Wert, Monsieur Sénéchal. Letztes Jahr hatten wir in einem Karibikhafen größere Schwierigkeiten. Ein paar Männer sind in einem Boot backbord vorbeigefahren und haben uns mit ihren Schreien abgelenkt, während ihre Kumpel steuerbord aufs Schiff geklettert sind und alles gestohlen haben, was ihnen in die Finger kam ... Sie waren unglaublich brutal und mit Messern bewaffnet ...«
Sein stämmiger Kompagnon fuhr fort:
»Und was hat unser Lord Jim gemacht? Nun, Lord Jim, der einzig seinem Mut gehorcht, hat eines dieser hübschen Gewehre geholt. Und dann ist Lord Jim mit gezückter Waffe auf das Deck gestürmt und hat in die Luft gefeuert: ›Peng! Peng!‹ Haha, den überstürzten Rückzug hätten Sie sehen sollen! Einer deiner besten Auftritte, was, Hans? Doch dabei hat er penibel darauf geachtet, nicht die Takelung seines kostbaren Schiffes zu beschädigen ...«
Der Schweizer verzog keine Miene. Er griff erneut nach dem Schlüsselbund, öffnete die Schublade des Safes und zog ein Papier heraus, das er Sénéchal hinhielt. Dann schloss er sie wieder, doch Sénéchal hatte einen Blick hineinwerfen können: verschiedene Dokumente und ganz unten ein rotes Tuch.
»Hier die vollständige Liste aller Waffen, die wir an Bord haben, sowie sämtliche Registrierungsnummern. Auch die Waffenscheine sind dort drin.« Ziegler wies auf die Schublade. »Falls Sie sie sehen möchten. Dieses Arsenal wirkt natürlich eindrucksvoll, aber es sind auch ein paar Jagdgewehre dabei ... ein Hobby von mir.«
Sénéchal deutete auf einen prächtigen Jagdkarabiner mit Zielfernrohr.
»Wie ich sehe, jagen Sie nicht nur Hirsche und Rehe. Das ist eine Remington für Großwild ... sehr großes sogar. Mit einem Laserzielfernrohr. Haben Sie Angst, einen Elefanten zu verfehlen?«
»Sie sind offenbar ein Kenner, Monsieur Sénéchal?«
»Nein, ich interessiere mich nur für die Tiere, die bisweilen in der Schusslinie sind.«
Ein betretenes Schweigen folgte auf diese Worte. Der Umweltinspektor setzte seine Halbbrille auf, die für einen Zwerg gemacht schien, und überflog die Liste.
»Haben Sie die Schlüssel immer bei sich, Monsieur Ziegler?«
»Ja, genau.«
»Niemand anders hat ein Doppel?«
»Niemand.«
»Was würde geschehen, wenn Ihnen etwas zustößt? Und Ihre Forscher in Gefahr sind?«
Der Schweizer richtete seine hellen Augen auf seinen rundlichen Partner. Dann verzog er den Mund zu einem breiten, leeren Grinsen.
»Ich könnte mir vorstellen, dass Charles meiner noch warmen Leiche die Schlüssel entreißen würde, um sein Leben und das unserer kostbaren Wissenschaftler zu verteidigen ... Nicht wahr, Charles?«
10
Auf dem sonnigen Kai kam der Umweltinspektor an einem einsamen Fischer vorbei, der gerade seine Netze flickte. Ohne von seiner Arbeit aufzublicken, meinte der Mann:
»Na, das ging aber fix.«
Sénéchal blieb verwundert stehen.
»Wie bitte?«
»Ihre Freunde mit dem Tauchboot. Sie schienen es ganz schön eilig zu haben.«
»Wovon reden Sie eigentlich?«
Der Fischer hob kurz seine Schirmmütze an, wodurch für einen Moment sein kahler Schädel zum Vorschein kam. Leicht spöttisch erwiderte er:
»Haben Sie das nicht gesehen? Der kleine Dicke mit den hübschen Bermudas und der Zigarette hat vorhin das Tauchboot mit der Winde aufs Wasser herabgelassen. Ein anderer Kerl kam mit einem Dingi vorbei und hat daran rumgebastelt ... Dabei hat ihm der Dicke gewaltig Dampf gemacht. Ist wohl ganz schön ins Schwitzen gekommen, so wie der sich aufgeführt hat!«
In aller Seelenruhe, als hätte er seinen Gesprächspartner vergessen, nahm der Fischer seine Arbeit wieder auf. Sénéchal drehte sich um und beschirmte die Augen. Nachdenklich blickte er zum Tauchboot hinüber, das noch immer am
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