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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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in der Hand vor dem Kadaver der ermordeten Kreatur ablichten lassen ... einer per Fernschuss ermordeten Kreatur, sollte ich vielleicht noch hinzufügen! Ganz zu schweigen von jenen Menschen, die sich für ihr Leben gern Aschenbecher aus Gorillaschädeln fertigen lassen ... Wenn diese Typen stattdessen im Département Ariège gewütet hätten, würden wir doch sicher längst gegen sie ermitteln, oder?«
    In ihrem Büro bei der FREDE hatte es sich Ghislaine Pottier mit einer dampfenden Tasse Tee aus ihrer Thermoskanne bequem gemacht. Ihr Haar hatte sie zu einem losen, von zwei Bleistiften gehaltenen Knoten à la Madame Butterfly zusammengesteckt.
    »Es reicht, Sénéchal, es reicht, regen Sie sich bitte nicht so auf, denken Sie an Ihren Blutdruck ... All das ist mir bekannt ...«
    »Wo war ich stehen geblieben, Chefin? Ach ja. Zweitens haben wir es hier mit ›privaten‹ Wissenschaftlern einer steinreichen Stiftung zu tun, die sich in denselben Gewässern bewegen wie unsere von Natur aus mittel- und somit machtlosen staatlichen Forscher.«
    »Ich denke nicht, dass wir als Behörde in diesem Fall tätig werden können. Die Sache ist kompliziert ...«
    »Kompliziert? Chefin, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
    »Kompliziert, komplex, verwickelt, verworren ... Benötigen Sie weitere Synonyme? Anscheinend gibt es in den Augen unserer Vorgesetzten wichtigere Dinge. Es mangelt uns an Beweisen, und ich sehe mich außerstande, Gelder aufgrund bloßer Vermutungen lockerzumachen, zumal es sich bei der Abyss Foundation nicht gerade um einen kleinen Fisch handelt, wenn ich Sie recht verstanden habe ...«
    »Hm. Gut. Betrachten wir das Ganze einmal von einer anderen Warte ...«
    »Ich ahne, dass Sie versuchen wollen, mich mit windigen Argumenten zu bezirzen. Das lässt sich bereits Ihrem schmeichlerischen Tonfall entnehmen.«
    »Keineswegs, ehrwürdige Chefin, keineswegs ... Wäre es für das Prestige unserer Institution nicht sinnvoll, ja geradezu genial, wenn wir unser sachkundiges, aber wenig beachtetes Kleinunternehmen ins Rampenlicht katapultieren würden? Anders gesagt, wollen wir unsere Firma nicht durch eine spektakuläre Aktion aufwerten?«
    »Unsere Tätigkeit hat nichts mit dem Showbusiness zu tun, Inspektor. Wie Sie sich vielleicht erinnern, besteht unsere Arbeit im öffentlichen Interesse darin, den Steuerzahler vor Leuten zu schützen, die seinen Besitz und sein Wohlergehen durch Schädigung der Umwelt gefährden und ...«
    »Der Schutz des Tierbestands gehört aber sehr wohl zu unseren Aufgaben, oder etwa nicht? Sie wissen ebenso gut wie ich, dass der Handel mit wilden Tieren nach den Drogen die zweitgrößte Einnahmequelle der Welt ist, oder? Ich bin sicher, unsere Dienstherren haben nichts dagegen, wenn wir ihr Image durch ein paar Heldentaten aufwerten!«
    »Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen, Sénéchal, und ich werde - vielleicht - auch mit jemandem darüber sprechen, dem die Minister ihr geneigtes Ohr leihen. Aber erwarten Sie sich nicht zu viel. In der Zwischenzeit machen Sie sich nützlich und rufen Sie im Büro des United Nations Environment Programme an.«
    »Ahm, wozu?«
    »Dieses Büro klassifiziert bedrohte Arten, wie Sie eigentlich wissen sollten. Versuchen Sie herauszubekommen, wer für die Klassifizierung Ihres Quastenflossers zuständig ist, und erarbeiten Sie mithilfe dieser Person überzeugende Argumente. Dann sind Sie mit etwas beschäftigt, das noch dazu Ihrer Sache dient.«
    »Unserer Sache, Chefin.«
    Sie hatte schon aufgelegt.
 
    Sénéchal wählte die Nummer des UNEP und geriet an einen außerordentlich höflichen Gesprächspartner, der ihm erklärte, es habe allerdings jemanden bei UNEP gegeben, der sich speziell um den Quastenflosser gekümmert habe, aber dieser Jemand, ein Delegierter aus Jakarta, Indonesien, sei leider kürzlich, ähm (der Mann hüstelte), verstorben, und ein Nachfolger sei noch nicht benannt. Folglich sei es ihm momentan unmöglich - »ich bedaure unendlich, Monsieur« -, ihm genauere Informationen zukommen zu lassen.
    Sénéchal war enttäuscht und erkundigte sich für alle Fälle - schließlich war er ein guter Ermittler -, woran denn der Delegierte aus Jakarta gestorben sei. Sogleich spürte er Unbehagen bei seinem Gesprächspartner, der der Frage auswich.
    Sénéchal verwies auf seinen Status als Beamter der FREDE und wiederholte die Frage in offiziellem Ton. Sein höflicher Gesprächspartner erklärte, er werde sich kundig machen. Der Umweltinspektor

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