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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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wartete eine ganze Weile, bis der Mann sich wieder meldete und behauptete, eine Behörde namens FREDE sei in seiner Dienststelle gänzlich unbekannt. »Insistieren Sie nicht länger, Monsieur«, erklärte er noch und legte dann einfach auf.
    Sénéchal betrachtete sein Handy, als könnte es ihm eine Erklärung für den Vorfall geben, und murmelte: »Heute haben sich wohl alle gegen mich verschworen.« Dann suchte er im Internet die Adresse des UNEP in Jakarta, Insel Java, Indonesien.

17
 
 
 
    »Sénéchal?«
    »Ich habe sogleich Ihre huldvolle Stimme erkannt, Chefin.«
    »Sénéchal, die Lage hat sich geändert. Es ergab sich eine Begegnung mit der Ministerin, in deren Verlauf sie mich dreimal das Wort ›Quastenflosser‹ wiederholen ließ.«
    »Ich nehme an, es ist Ihnen gelungen, sie zwischen zwei Banketten zu erwischen, bei denen sie mit ihren Kumpanen, den Freunden der Jagd, den Atomlobbyisten und den Vertretern der Nahrungsmittelindustrie tafelte!«
    »Sénéchal, Ihr penetranter Hang zur Ironie könnte auch als Arroganz ausgelegt werden.«
    »Chefin, wenn Sie so weitermachen, werden Sie schon bald faule Kompromisse für diplomatische Meisterleistungen halten!«
    »Wie Sie wissen, ist für die Ministerin die FREDE nur ein vom Staat subventioniertes Luxusgeschöpf, und unser aller Überleben hängt an einem seidenen Faden. Es ist nicht leicht für mich, uns alle über Wasser zu halten ... Was ich Ihnen jetzt anvertraue, wird eines Tages sicher gegen mich verwendet werden, doch in mancher schwachen Stunde glaube ich, dass Sie erwachsen genug sind, nicht alles auszuplaudern ... In der Tat, Sénéchal, kam Ihre Geschichte von diesem vorsintflutlichen, äußerst seltenen Fisch wie gerufen - politisch gesehen, meine ich. Für unsere kleine Dienststelle. In meinem Gespräch mit der Ministerin war wiederholt von ›Prestige‹ die Rede sowie von der Notwendigkeit, ›das Image des Umweltschutzes aufzuwerten‹ und von ›nachhaltiger Entwicklung, die nur durch den Erhalt des Naturerbes möglich ist‹, und so weiter.«
    »Also steht Frankreich in vorderster Front bei der Suche nach dem Quastenflosser?«
    »Die Idee ist folgende: Während Madagaskar, der direkte Nachbar, nichts für den Erhalt seines Naturerbes unternimmt, lässt die Insel Réunion dagegen nichts unversucht, um den ältesten Fisch der Welt zu retten ... Solche hübschen Worte habe ich unserer Ministerin ins Ohr geflüstert und meine Sätze mit ›Sie verstehen schon‹ gespickt!«
    »Und es hat funktioniert?«
    »Besser, als ich erwartet hätte.«
    »Positive globale Bilanz, was?«
    »Seien Sie nicht so naiv, das passt nicht zu Ihnen. Unter uns gesagt, Sie können sich ja sicher denken, dass allen im Ministerium dieses Viech völlig egal ist, aber ...«
    Dame Pottier hob plötzlich die Stimme.
    »Sénéchal, jagen Sie diesem Fisch hinterher, in Gottes Namen! Schnappen Sie diese Leute, kleine und große Schieber! Geben Sie Ihr Bestes! Die Ministerin hatte einen Anfall von Einsicht, das kommt so selten vor, dass wir diese Gelegenheit unbedingt nutzen müssen!«

18
 
 
 
    »Sénéchal?«
    »Chefin, ich erkenne Ihre Stimme voll wohlwollender Autorität.«
    »Sénéchal, es gibt Neuigkeiten. Ich habe die Außenstelle des UNEP in Jakarta angerufen. Der Mitarbeiter, der unter anderem mit dem Schutz des Quastenflossers betraut war, ein gewisser Shafik Mahakam, hat sich unweit der Behörde von einem Gebäude herabgestürzt.«
    »Wenn man immer bis spät in die Nacht arbeitet, kann das verhängnisvolle Folgen haben. Auch ich bin schon etliche Male in Versuchung geraten, doch mein Pflichtgefühl hat stets die Oberhand behalten.«
    »Könnten Sie mal für eine Sekunde auf Ihre Scherze verzichten und mir zuhören? Gesundheits- und Geisteszustand des besagten Mahakam haben sich rapide verschlechtert. Bis hin zum Selbstmord. Doch sein Arzt konnte nichts feststellen. Laut seinem Vorgesetzten, dem UNEP-Generaldelegierten in Jakarta, war der Mann völlig am Ende. Zunächst hat er unsinnige Entscheidungen getroffen. Das führte dazu, dass man ihn von all seinen Aufgaben entbunden und nach Hause geschickt hat. Dennoch hörte er nicht auf, an seinem Projekt weiterzuarbeiten. Beziehungsweise an mehreren Projekten. Gemeinsam mit einem befreundeten Wissenschaftler, der nach seinem Tod spurlos verschwunden ist. Ein gewisser Rhaddiaunir.«
    »Und weiter?«
    »Nun, sein Vorgesetzter denkt, dass es kein Unfall war. Er bezweifelt auch, dass die Polizei vor Ort ihre Arbeit

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