H2O
trainiert. Edouardo ist allein am Rande eines terrassenförmig angelegten Reisfeldes. Edouardo steht mit gespreizten Beinen da, der Schatten seiner kleinen Gestalt fällt auf das unbewegte Wasser, aus dem die jungen dunkelgrünen Pflanzen ragen. Edouardo schiebt die Hand unter die Jacke, ganz in Herznähe, so als wolle er seine Brieftasche zücken. Seine Hand umklammert den Kolben der Waffe, die in dem Holster mit dem Federmechanismus steckt. Sein Finger legt sich um den Abzug. Der Revolver sitzt, jetzt den Lauf nach oben gerichtet, fest in seinem Etui. Eine Knarre, die selbst verkehrt rum nicht rausfällt, denkt Edouardo und blinzelt unter seinem imaginären Cowboyhut. Ein leichter Druck, ein Klicken und die Feder gibt die Waffe frei, die wie ein kleines kaltes Tier in die Hand von Edouardo Magnifico springt. Der Schnauzbärtige wiegt den dunkelbraunen Revolver. Er ist geladen. Das gefällt Edouardo. Mit ausgestrecktem Arm zielt er auf eine allein stehende Bananenstaude, die nicht zu weit entfernt ist, dann lässt er den Revolver um seinen Finger kreisen wie im Wilden Westen (»Six shots gun, rascal!«). Er schiebt ihn zurück in das Holster, klick, die Waffe ist eingerastet und hängt, den Kolben nach unten, auf Edouardos Brust ... Unglaublich, das Ding ... Muss man sich dran gewöhnen ... Dran denken, den Lauf tief in das Holster tu drücken, um den Mechanismus auszulösen. Andersrum als die anderen. Das ist alles. Hm. Vielleicht hat Sénéchal ja gar nicht so unrecht. Ich sollte mich Zuerst um die Zugehfrau der Mahakams kümmern. Maryati Soekarno, genau ... Morgen fahre ich in dieses Nest, um sie mir vorzuknöpfen.
Edouardo entspannt seine Hand und beginnt von vorne. Ein leichter Druck, klick, die Waffe springt heraus, er zielt, lässt sie um den Finger kreisen und schiebt sie, klick, zurück ins Etui, als wäre nichts gewesen. Wirklich erstaunlich.
Er wiederholt die Übung wieder und wieder, bis der Revolver in seiner Hand liegt, ohne dass er es selbst bemerkt hätte. Dann streicht Edouardo seinen Schnauzbart glatt und zieht im Geiste den imaginären Hut in die Stirn. Wirklich verblüffend, wenn man es recht überlegt.
Edouardo der Selbstzufriedene betrachtet die Schönheit der wasserbedeckten Terrassen, in denen sich der Himmel spiegelt. Plötzlich bemerkt er zehn Meter entfernt drei Bauern mit spitzen Hüten, die mitten auf dem Weg hocken und ihn bestimmt schon eine ganze Weile beobachten. Einer lächelt ihm zu, wobei sich sein wettergegerbtes Gesicht in unzählige Falten legt, und spuckt dann einen rötlichen Strahl Betelmasse aus. Edouardo zögert und verzieht schließlich den Mund zu einem Grinsen, wobei sein Schnauzbart bebt.
Er dreht sich auf dem Absatz um und entfernt sich mit dem eiligen Schritt eines viel beschäftigten Mannes.
In dem kleinen Dorf mit den verschachtelt angeordneten baufälligen rotschwarzen Häusern brennt die Mittagssonne auf die Dächer aus Wellblech und Palmwedeln. Ganz in der Nähe kräht ein Hahn. Eine Frau mit einem Korb voll Blumen auf dem Kopf kommt auf Edouardo zu, der im Schatten eines Wellblechdachs sitzt. Einige Meter von ihm entfernt picken Hühner eifrig in der rissigen, trockenen Erde, doch er schenkt ihnen keine Beachtung. Edouardo trägt einen Panamahut, eine schwarze Sonnenbrille (wie man sie bei Fahrern eines Chevy Corvette Cabriolet auf der Fifth Avenue sieht) und trotz der Hitze ein Jackett aus Knitterleinen, das seine mobile Artillerie verbirgt. Er hat den Saum im Rücken mit kleinen, mittels Klettband befestigten Bleipatronen beschwert, um seine Waffe schneller ziehen zu können - zumindest glaubt er das. Die Beretta ruht im Hüftholster.
Im Moment bewundert Edouardo die Hüften des Mädchens, die sich unter dem Seidensarong abzeichnen. Aufrecht schreitet sie ihm entgegen, was ihre jungen Brüste betont, die er sich sehr straff vorstellt. Das ovale Gesicht und das leichte Lächeln erinnern ihn an eines jener Flachreliefs, die er im Fernsehen gesehen hat ... Auf den Hindutempeln, die eng umschlungenen Figuren, die ... das Kamasutra ... genau, das ist es. Oh! Ruhig, ganz ruhig, Edouardo! Das ist die Hitze. Wichtig sind Überzeugungskraft und Psychologie ... Also los!
Edouardo wirft einen raschen Blick auf seinen Mietwagen, der am Dorfeingang unter den Bäumen geparkt ist. Er erhebt sich langsam, zieht seinen Hut und geht auf das Mädchen zu. Höflich spricht er sie an und fragt, jedes Wort betonend, ob sie Englisch versteht. Sie schweigt zunächst, senkt
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