H2O
Militärs, haben sie in ihrem eigenen Wagen abtransportiert ... Und dann hat Thamnir eine Menge Leute angerufen.«
»Ich schätze, bei dieser Mission haben Sie ganz schön Muffensausen gekriegt, mein lieber Edouardo. Umso mehr freut es mich, dass Sie nichts von Ihren Fähigkeiten eingebüßt haben. Und ich stelle auch fest, dass Sie durchaus Geheimnisse für sich behalten können. Sie verraten sie immer nur einer Person zur selben Zeit, wie meine Chefin sagen würde.«
»Sie tun mir unrecht, Monsieur Sénéchal.«
»War nur ein Scherz. Überlegen wir ... Mein lieber Edouardo, darf ich Ihnen einen Vorschlag machen?«
»Selbstverständlich, Monsieur Sénéchal.«
»An Ihrer Stelle würde ich Hauptmann Thamnir nahelegen, sich mit dem örtlichen Elektrizitätswerk in Verbindung zu setzen, das für das abgebrannte Haus zuständig ist.«
»Warum?«
»Nach dem, was Sie mir erklärt haben, wurde Mahakams Arzt mit einem Brecheisen erstochen, zugespitzt mit einem elektrischen Schleifstein, der sich in der Werkstatt befand. Thamnir zufolge wurden auch ein elektrischer Häcksler und ein neueres Fernsehermodell in den Trümmern gefunden. Daher stellt sich die Frage: Wer hat die Stromrechnung für das leer stehende Haus bezahlt?«
»Verstehe ... Ich kümmere mich darum. Vielleicht hat ja die örtliche Polizei schon etwas zu diesem Punkt herausgefunden. Aber ich habe die Beamten bei der Arbeit vor Ort beobachtet, und ... Aus reiner Neugier würde ich gerne wissen, was mir die Ehre Ihres Anrufs verschafft hat?«
»Nun, dieser Rhaddiaunir, Physiker und Freund von Mahakam, der sich bei der Witwe versteckt hielt, hat sich bei Lang, dem Sohn des Opfers, gemeldet ...«
»Ach ... der ist wiederaufgetaucht?«
»Nach Längs Aussage war er in Panik und hat sich geweigert, seinen Aufenthaltsort preiszugeben. Aber er will ihn wieder anrufen. Ich hoffe, es stößt ihm nichts zu, ehe wir ihn gefunden haben. Ich halte Sie auf dem Laufenden, Edouardo.«
69
Eine männliche Stimme sagte:
»Monsieur Sénéchal? Ich habe es gefunden. Es handelt sich um eine Leioheterodon madagascariensis.«
»Wie bitte?«
»Ach, Entschuldigung. Hier spricht Ravanasiva, Herpetologe.«
»Gratuliere! Und was kann ich für Sie tun?«
Sénéchal vernahm ein leises Lachen am anderen Ende der Leitung.
»Pardon. Herpetologe bedeutet, dass ich unter anderem auf Schlangen und Saurier spezialisiert bin. Die Konservatorin des Museums von Saint-Denis hat mir eine Knochenformation übergeben und mich gebeten, den Ursprung herauszufinden.«
»Ja, natürlich! Natürlich ... Verstehe. Und?«
»Diese Knochen stammen von einer Leioheterodon madagascariensis, in diesem Punkt bin ich mir ganz sicher. Vermutlich handelt es sich um ein erwachsenes Weibchen. Etwa zwei Meter lang. Wie ihr Name sagt, lebt sie auf unserer großen Nachbarinsel Madagaskar.«
»Danke. Haben Sie eine Idee, was sie hierher verschlagen haben könnte?«
»Vielleicht ist sie auf einem Schiff als eine Art blinder Passagier nach Réunion gelangt. Vermutlich noch ehe sie ausgewachsen war. Manchmal kommen Tiere mit einer Ladung Früchte oder anderen Lebensmitteln zu uns ...«
»Verstehe.«
»Es ist eine wunderschöne Schlange, grün und gelb gefärbt, die sich von Eidechsen, Fröschen, kleinen Schlangen und Eiern ernährt. Man findet sie auf freien Flächen, am Straßen- oder Wegesrand. Sie gilt als sehr aggressiv.«
»Gut, gut ...«
»Sie zählt zu den Opisthoglyphen. Giftschlangen. Ihr Kopf ist spatenförmig. Die Besonderheit ist, dass diese Spezies die Haare von Nagetieren nicht verdauen kann und sie, getrennt von den Exkrementen, als Ballen ausscheidet.«
»Wie die Eulen?«
»So ungefähr.«
»Und sie hat lange genug überlebt, um diese Größe zu erreichen?«
»Eben das ist eigenartig. Denn hier mangelt es nicht an natürlichen Feinden. Es sei denn, jemand hätte diese Knochenteile aus Madagaskar mitgebracht.«
70
Mittags saß Sénéchal mit dem Polizisten Robert in einer der vielen Snackbars der Insel. Über ihren Köpfen wiegten sich die Kokospalmen in der leichten Brise. Robert verzehrte gerade den letzten Bissen Mango, schob seinen Teller zurück, öffnete diskret seinen Ledergürtel und musterte sein hochgewachsenes Gegenüber.
»Ich will Ihnen sagen, was ich beim Tauchen unter dem Schiff gefunden habe, Monsieur Sénéchal. Zuerst ist mir der Remington-Jagdkarabiner Ihres Freundes Ziegler in die Hände gefallen, der quasi direkt unter der Leiter zwischen zwei
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