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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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Also: Der Mann, den ich dir beschrieben habe, wird zu dir sagen: ›Der Campus ist sehr schön, doch ...‹ Du weißt, was du ihm antworten musst?«

VIERTER TEIL
 
 
 
DAS GOLD DES FRÜHEN
MORGENS

 
 
 
 
    Der Himmel rötet sich über der Wüste, die noch in die Farben der Nacht gehüllt ist. Die gleißende Linie am Horizont wird langsam breiterund schiebt die Schatten, die die endlose Riffelung der Dünen verhüllten, zurück. Die Sonne geht über der Kalahari-Wüste auf. Der Glutofen erwacht zum Leben.
    Am Fuß einer Sandwelle erhebt sich eine kleine schwarze Wölbung, der Panzer eines Käfers, gefolgt von seinem winzigen runden Kopf mit den kurzen Fühlern. Benommen von der Kälte der Nacht, streckt das Insekt ein dünnes Bein vor sich aus, gefolgt von einem zweiten. Schließlich schält sich der Käferganz aus dem Sand. Seine Fühler bewegen sich, sie spüren ein feines Beben in der glühenden Luft. Er bewegt sich einige Zentimeter voran und hält inne.
    Ein leichter Wind erhebt sich. Ein paar Sandkörner wirbeln auf. Der Käfer neigt den Kopf zum Boden, und der Rücken seines Panzers öffnet sich leicht. Plötzlich breiten sich, wie von einer Feder angetrieben, die Deckflügel weit aus. Sie vibrieren im Wind.
    Fest auf seinen Beinen stehend, wartet der Käfer.
    Eine winzige glänzende Kugel bebt auf einer Flügeldecke, nimmt eine ovale Form an, zieht sich noch mehr in die Länge und rollt langsam auf den Kopf des Käfers zu.
    Der Stenocara nimmt den ersten goldenen Tropfen des frühen Morgens auf.

73
 
 
 
    Auf Sénéchals Mailbox befand sich eine Nachricht der FREDE: Wie vereinbart, hänge ich die Presseausschnitte an, die wir unter dem Suchwort Quastenflosser gefunden haben. In der Anlage befanden sich verschiedene Dokumente.
    Das erste war ein Artikel, der im Vorjahr in einer indonesischen Zeitung erschienen war. Daneben ein Foto, offenbar mit Blitzlicht aufgenommen. Es zeigte drei Weiße mit bedrückten Gesichtern. Hinter ihnen stand ein indonesischer Polizist mit hoher Uniformmütze und grimmiger Miene. Das Bild war nachts am Hafen aufgenommen worden. Sénéchal erkannte Ziegler und Designe: Der Schweizer war salopp gekleidet, Designe, in weißem Hemd und langer Hose, blickte so verächtlich drein, wie Sénéchal es von ihm kannte. Das Gesicht des dritten Mannes war ihm völlig unbekannt. Sénéchal las die kurze englische Zusammenfassung, die dem Artikel mit dem Titel Ein schöner Fang zwischen Biting und Manado Tua folgte.
    Bei dem zweiten Dokument handelte es sich um einen südafrikanischen Zeitungsartikel. Das Erscheinungsdatum lag weiter zurück, die Überschrift lautete: Film von einer Begegnung mit dem Vorfahren der Menschheit.
    Das Begleitfoto zeigte zwei barhäuptige Männer in Taucheranzügen auf der Hafenmole. Neben ihnen lag eine Unterwasserausrüstung mit Kameras. Der eine war ein magerer blonder Mann mit ausgemergelten Zügen, den zweiten, kleineren hatte Sénéchal soeben auf dem Foto mit Ziegler und Charlie gesehen.
    Der Inspektor griff zum Handy und rief die Polizei an. Er bat darum, die Militärbehörden der Insel Tromelin zu verständigen. Sie sollten auf der Stelle eine Verhaftung vornehmen.

74
 
 
 
    Lang schwitzt, denn es ist sehr heiß. Der Lärm um ihn herum ist ohrenbetäubend, und der Rauch würgt ihn. Der Widerschein der Flammen tanzt über die Mauer hinter ihm. Ein Maschinenhammer zerstampft Tastaturen.
    Lang hat ein schlechtes Gewissen. Seine Mutter glaubt, er sei in Depok an der Universität, während er sich in Wahrheit wenige hundert Meter vom elterlichen Haus entfernt aufhält.
    Aber er hat eine Mission, und die ist sehr wichtig.
    Und auch sehr aufregend - das muss er zugeben.
    Um sich jeglicher Beschattung zu entziehen, ist er auf der Fahrt von der Universität hierher mehrfach in andere Busse umgestiegen, die von Dorf zu Dorf fahren. Das hat ihm Inspektor Sénéchal am Telefon geraten.
    Von seinem Standort aus kann er die geöffnete Tür des Gebäudes überwachen. Drinnen sind mehrere Leute damit beschäftigt, Plastik in Ofen zu schmelzen. Kinder stapeln Computergehäuse auf dem Boden, die von Arbeitern zu den rot glühenden Öfen gebracht werden.
    In der geöffneten Tür erscheint ein schnauzbärtiger Typ mit einer altmodischen Brille und einem verbeulten Hut, der sein Gesicht zur Hälfte verdeckt. Er hat die Hände in den Taschen vergraben. Seine Krawatte gleicht einem schlaffen Strick, und sein schwarzes Jackett ist zerknittert. Er nickt mit Kennermiene

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