Haarmanns Kopf
„Davon kann wohl keine Rede sein. Haben Sie schon die Meldung in der Morgenpost gesehen? Was ist das für eine Scheiße? Wie kommen die an diese Informationen?“, erboste sich Thimm.
„Ich hab’s gerade gesehen. Und ich muss gestehen, dass ich keine Ahnung habe, wie Kettner an die Informationen gekommen ist.“
„Kommen Sie bitte gleich in mein Büro. Ich werde in ungefähr einer halben Stunde da sein. Bis gleich.“
Martin rollte die Zeitung zusammen und stieg wieder ein.
Um kurz nach acht Uhr erreichte er sein Büro.
Yannik saß bereits hinter seinem Schreibtisch und telefonierte mit Dr. Ebeling. „Können Sie mir sonst noch etwas über Dr. Paganetti sagen?“
„Nein, eigentlich nicht. Wir hatten zu lange keinen direkten Kontakt. Wenn Sie mehr über ihn erfahren wollen, kann ich Ihnen einige Bücher von ihm empfehlen.“
„Und welche, bitteschön?“
„Sein letztes Werk heißt Transzendenz und das Böse . Kann ich wirklich nur empfehlen.“
„Hört sich sehr wissenschaftlich an. Aber ich versuch mal mein Glück. Danke für den Tipp.“
Als Yannik das Telefonat beendet hatte, zeigte Martin ihm die erste Seite der Morgenpost, indem er das Blatt mit halb ausgestreckten Armen nach oben hielt.
„Schon gesehen?“
Yannik betrachtete die Schlagzeile, sprang auf und riss Martin die Zeitung aus der Hand. „Das darf doch nicht wahr sein“, rief er und überflog den Artikel. „Wie zum Teufel kommen die an diese Informationen?“
„Du könntest auch fragen, wer gequatscht hat. Der Alte hat mich schon angerufen. Er war völlig außer sich. Ich darf gleich zum Rapport antreten.“
„Na, dann viel Spaß.“
*
„Sie glauben nicht, was hier los ist“, fluchte Thimm, als Martin sein Büro betrat. „Mein Telefon steht nicht still.“
Wie zum Beweis begann das Telefon auf Thimms Schreibtisch zu klingeln.
„Es ist schon schlimm genug, dass mir die regionale Presse im Nacken sitzt. Jetzt kommen auch noch doch überregionalen Medien, die Staatsanwaltschaft und das Innenministerium dazu. Das ZDF und der NDR wollen ein Interview, ganz zu schweigen von den anderen Sendern. Und ich hab keine Ahnung, was ich denen erzählen soll. Wer hat die Meldung Ihrer Meinung nach lanciert?“
Martin nahm auf einem der beiden Stühle vor dem Schreibtisch Platz und stöhnte kaum hörbar. „Ich sehe eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder gibt es bei uns ein Leck, oder jemand aus der Klinik hat geredet. Und da der Mord in München nicht erwähnt wird, scheint mir Letzteres wahrscheinlicher.“
Martin beruhigte seinen Chef und informierte ihn über den aktuellen Stand der Ermittlungen mit gebotener Sachlichkeit. Er erklärte Thimm, dass sie in engem Kontakt zu den Kollegen in München standen und sich mehrere Male pro Tag austauschten und informierte ihn darüber, dass sie vorhatten, dem Leiter der Animus-Klinik, Dr. Paganetti, einen weiteren Besuch abzustatten, da sie den Verdacht hatten, dass ihnen dieser etwas verheimlichte.
„Man kann nicht sagen, dass er nicht kooperiert oder sich sperrt. Es ist eher so, dass diesen Mann eine mysteriöse Aura umgibt. Er ist charismatisch, eloquent und offensichtlich auf seinem Gebiet eine Koryphäe, aber ...“
„Sie wollen mir sagen, dass Ihr Bauchgefühl Ihnen sagt, dass mit ihm etwas nicht stimmt“, unterbrach Thimm seinen Mitarbeiter. „Sie wissen, was ich davon halte. Doch ich werde Ihnen nicht vorschreiben, was ich für sinnvoll halte, und was nicht. Ich vertraue Ihrem kriminalistischen Instinkt. Sie liegen ja meistens richtig, wenn Sie Ihrer Nase folgen. Doch übertreiben Sie es nicht mit Ihren Nachforschungen.“
Nachdem sie alle Fakten diskutiert und bewertet hatten, entschlossen sie sich dazu, am kommenden Dienstag eine erneute Pressekonferenz einzuberufen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch der Mord in München an die Öffentlichkeit gelangte und jemand die beiden Morde miteinander in Verbindung brachte.
Zurück in seinem Büro unternahm Martin diverse Versuche, den Chefredakteur der Göttinger Morgenpost telefonisch zu erreichen. Sein Bemühen, Donald Kettner ans Telefon zu bekommen, verlief ebenfalls ergebnislos. Er hinterließ ihm eine Nachricht auf der Mailbox.
*
Zur gleichen Zeit war Kettner auf dem Weg zu einem erneuten Treffen mit seinem Informanten Schröder. Der gesprächige Pfleger hatte ihn wieder angerufen, und Kettner hatte sich sofort auf den Weg zum Rastplatz Schlochau gemacht. Schröder hatte ihm weitere
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