Haarmanns Kopf
sich eine Apparatur zu befinden, an der zwei Schläuche befestigt waren, die bis auf den Boden reichten.
„Dir wird heute eine große Ehre zuteil“, flüsterte der Fremde mit einem teuflischen Grinsen. „Eigentlich hatte ich dich für etwas anderes vorgesehen. Wenn es nach meinem Auftraggeber gegangen wäre, wärst du schon tot. So aber kommst du in den Genuss einer ganz besonderen Behandlung. Du solltest dich freuen.“
Kettner verschlug es den Atem. Langsam dämmerte ihm, dass er sich in den Händen eines Wahnsinnigen befand.
„Was wollen Sie von mir?“, schrie er verzweifelt.
„Du würdest es ohnehin nicht verstehen. Du wirst bald deinem eigentlichen Zweck zugeführt. Und nun ...“
„Was meinen Sie damit?“
„Du wirst sehen ...“
Kettner versuchte, sich mit aller Kraft aufzubäumen, und zerrte an den Gurten an seinen Hand- und Fußgelenken.
„Das ist aussichtslos. Du solltest deine Kräfte schonen und deine letzten Augenblicke genießen.“
Eine Gemengelage aus Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit trieb Kettner Tränen in die Augen. Er spürte, wie der Fremde die Oberseite seines linken Oberschenkels abtastete. In der linken Hand hielt er eine Kanüle, die das Ende eines der beiden Schläuche bildete.
„Was machen Sie da?“, fragte er mit ängstlicher Stimme.
„Ich suche deine Beinarterie. Und ich glaube, dass ich sie gefunden habe“, zischte der Fremde.
„Was soll das alles? Hören Sie auf damit“, flehte Kettner. „Wollen Sie Geld? Ich gebe Ihnen alles, was ich habe.“
„Geld? Das interessiert mich nicht. Ich bekomme jetzt etwas viel Wertvolleres von dir. Dein Leben.“
„Sie wollen doch nicht ...“
„Doch. Siehst du die Kanüle hier?“
Kettner versuchte, seinen Blick nach unten zu richten.
Der Mann hob die Kanüle etwas an, während er mit der anderen Hand weiter auf die ertastete Stelle auf Kettners Bein drückte.
„Ich werde dir jetzt kurz erklären, was passieren wird. Einverstanden?“
Kettner war nicht dazu in der Lage, die Frage zu beantworten. Wie gelähmt lag er da und spürte, dass sich sein Körper mit jeder Sekunde stärker verkrampfte.
„Über diese Kanüle und diesen Schlauch wird gleich dein Blut aus deiner Arterie in den unteren Teil des Behälters fließen. Die andere Kanüle wird ihren Platz in einer anderen Arterie finden. An welcher Stelle, überlege ich mir noch. Und das, was dann passiert, wird richtig interessant“, kicherte der Fremde.
Er bewegte die Kanüle langsam nach unten, bis die Metallspitze Kettners Haut berührte. Dann durchbohrte er vorsichtig die drei Hautschichten, wobei er die Kanüle in schräger Stellung führte.
Kettner schrie auf.
Rund um den Einstich bildete sich Blut.
„Leider nicht getroffen“, sagte der Mann und zog die Kanüle wieder heraus, um sie erneut anzusetzen.
Kettner presste die Zähne zusammen und überlegte verzweifelt, wie er der Situation entfliehen könnte. Doch er musste einsehen, dass seine Lage aussichtslos war.
Seine Herzfrequenz steigerte sich mit jedem Atemzug.
Er begann zu hyperventilieren und hatte das Gefühl, sein Brustkorb würde bersten. Es bildeten sich Schweißtropfen auf seiner Stirn, die sich bald in kleinen Bächen ausbreiteten und auf den kalten Stahl unter ihm tropften.
Todesangst!
Die nächsten Minuten durchlitt er entsetzliche Qualen, da der Fremde immer wieder versuchte, die Arterie zu treffen, sein Ziel aber verfehlte. Doch schließlich schien er den gewünschten Punkt erreicht zu haben. Er überprüfte die Kanüle und befestigte sie mit mehreren pflasterähnlichen Klebestreifen, die er von einer Rolle abschnitt.
„Ab jetzt sollten wir jeden Augenblick gemeinsam genießen“, sagte der Mann und steckte genüsslich seinen Zeigefinger in den Mund, an dem ein wenig Blut seines Opfers haftete. „Das ist gut“, lispelte er und öffnete vorsichtig das Kanülenventil.
Langsam färbten sich die Innenwände des durchsichtigen Schlauches rot. Kettners Herz pumpte das Blut in gleichmäßigen Schüben immer weiter in den Schlauch. Hilflos musste er mit ansehen, wie sein Lebenssaft dahin floss.
In Kettners Gesicht spiegelten sich nur noch blankes Entsetzen und Todesangst. Er war unfähig, ein weiteres Wort herauszupressen. Dieser Wahnsinnige zwang ihn dazu, seinem eigenen Sterben zuzusehen. War es das, was er wollte?
„Vielleicht erkläre ich dir später noch genauer, was passiert“, flüsterte der Fremde. Er drehte sich zur Seite und hob das weiße Tuch auf dem Behälter
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