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Haarmanns Kopf

Haarmanns Kopf

Titel: Haarmanns Kopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Ebstein
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ein wenig an. Dann betätigte er einen Kippschalter an der Frontseite eines grauen Metallgehäuses.
    Kettner hörte das surrende Geräusch eines Pumpenmotors und spürte, wie das Blut aus seinem Körper gesaugt wurde.
    Der Fremde nickte zufrieden. Er schob die Kanüle, die auf dem zweiten Schlauch steckte, in Kettners Ellenbeuge. Diesmal traf er beim ersten Versuch die Arterie, die er später für eine spezielle Injektion nutzen wollte.
    Kettner spürte, dass er immer müder wurde. Trotz seiner panischen Angst verlangsamte sich sein Puls und er hatte Mühe, dem Treiben und den kurzen Monologen des Fremden zu folgen.
    „Das geht mir zu schnell“, sagte der Fremde, schloss das Ventil und schaltete die Pumpe aus.
    Aus einem Regal holte er ein Glas und ging damit zu dem Behälter, in dessen unterem Bereich sich ein kleiner Hahn befand. Er positionierte das Glas genau darunter und öffnete das Ventil. Eine dunkelrote, zäh fließende Flüssigkeit ergoss sich in das Trinkgefäß, das der Fremde etwa bis zur Mitte füllte. Dann stand er auf und hielt das Glas hoch, an dessen Rändern sich der Lichtschein der Leuchtstofflampe brach. Der Glasinhalt funkelte, als er das Glas zu seinem Mund führte und es bis auf den letzten Tropfen lehrte. Er wischte sich mit der Zunge die Reste des Blutes von den Lippen.
    „Köstlich“, flüsterte er. „Am besten schmeckt es, wenn es noch warm ist.“
    Er stellte das Glas beiseite, überprüfte noch einmal die Verschlüsse der Gurte und berührte zärtlich Kettners Wange.
    Kettner empfand nur Ekel und Verachtung.
    „Wir sehen uns später. Ich benötige jetzt einen Moment der Andacht.“ Der Fremde schaltete die Operationslampe und die Deckenbeleuchtung aus. Dann verließ er den Raum und die Tür fiel ins Schloss.

11

 
    10:10 Uhr – Animus-Klinik, Ringelheim. Martin hatte den Wagen in unmittelbarer Nähe des Haupteingangs abgestellt. Nach kurzer Diskussion mit Schwester Ingrid, die ihnen die Tür geöffnet und sich vehement dagegen gewehrt hatte, die beiden Kriminalbeamten bei Dr. Paganetti anzumelden, hatte Martin ihr unmissverständlich klar gemacht, dass sie in einem Mordfall ermittelten und dass es – bei mangelnder Kooperationsbereitschaft – schwerwiegende Konsequenzen für sie und Dr. Paganetti haben würde, wenn sie nicht sofort zu ihm vorgelassen würden.
    Der Arzt empfing die beiden in seinem Büro und eröffnete das Gespräch mit einer Tirade, die von Martin abrupt unterbrochen wurde.
    „Es reicht!“, rief Martin. „Wenn es Ihnen lieber ist, unterhalten wir uns im Präsidium weiter. Ich habe bereits Ihrer Mitarbeiterin erklärt, dass es hier um einen Mordfall geht und nicht um eine Bagatelle. Wenn wir den Eindruck gewinnen, dass von Ihrer Seite unsere Ermittlungen behindert werden, haben wir andere Möglichkeiten. Ist das jetzt klar genug formuliert?“
    Dr. Paganetti schaute Martin mit großen Augen an. Er war es nicht gewohnt, dass jemand in diesem Ton mit ihm sprach.
    „Sie können davon ausgehen, dass ich mich bei Ihrem Vorgesetzten über Sie beschweren werde“, zischte Paganetti.
    „Das dürfen Sie gerne. Ich gebe Ihnen im Anschluss an unser Gespräch seine Durchwahl. Doch jetzt werden wir erst mal miteinander reden“, entgegnete Martin.
    Paganetti beruhigte sich langsam und bat sie, vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.
    „Zunächst müssen wir uns darüber unterhalten, wie Informationen unseres Gesprächs an die Presse gelangen konnten“, sagte Martin.
    „Sie meinen den Artikel in der Göttinger Morgenpost?“
    „Genau. Haben Sie mit jemandem über unseren Besuch bei Dembowski gesprochen?“
    „Selbstverständlich nicht“, antwortete Paganetti empört. „Zum einen unterliege ich der ärztlichen Schweigepflicht, und zum anderen ist die Frage an sich unsinnig. Warum sollte ich jemandem erzählen, dass einer meiner Patienten des Mordes verdächtigt wird? Das entbehrt jeglicher Logik.“ Paganetti stand auf, öffnete ein Fenster und setzte sich wieder. „Wissen Sie, wir haben hier ganz andere Probleme. Seitdem das Bundesverfassungsgericht im Januar 2012 entschieden hat, dass die Bundesländer private Gesellschaften mit dem Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter beauftragen dürfen, sehen wir uns mit großen Schwierigkeiten konfrontiert. Seit Gründung dieser Klinik gibt es immer wieder heftige Proteste von Anwohnern und diversen Bürgerinitiativen. Dabei gibt es durchaus medizinische Möglichkeiten, die Einweisung von Patienten in

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