Haarmanns Kopf
zusammennehmen, um nicht die Beherrschung zu verlieren. „Das ist eine wichtige Information.“
„Ich hielt das bisher nicht für so wichtig.“
„Was wollte Schröder mit der Akte?“
„Er wollte einen Eintrag machen. Ich habe mich auch gefragt, warum er die komplette Akte brauchte. Die Medikamentierung wird normalerweise im Krankenblatt eingetragen.“
„Haben Sie sich die Akte noch einmal angeschaut? Fehlt etwas darin?“
„Nein, damit ist alles in Ordnung.“
„Gut. Dann werden wir uns jetzt auf den Weg machen. Geben Sie mir bitte Bescheid, wie Dembowski sich bezüglich der Akteneinsicht entschieden hat. Meine Telefonnummer haben Sie ja. Und noch eine dringende Bitte: behandeln Sie unser Gespräch streng vertraulich. Das ist sehr wichtig. Danke!“
Die beiden Beamten fuhren zurück nach Göttingen. Sie wollten keine Zeit verlieren. Kettner und Schröder waren mittlerweile seit acht Tagen verschwunden, und es gab nicht einen einzigen verwertbaren Hinweis auf ihren Verbleib. Die Untersuchung von Kettners BMW hatte genauso wenig ergeben wie die Auswertung seines Bewegungsprofils und des Verbindungsnachweises seines Handys. Auch die Suche nach Schröders Auto hatte keine Ergebnisse gebracht. Aufgrund der Suchmeldung auf der Internetseite der Polizeidirektion Göttingen hatten sich zwar zahlreiche Anrufer gemeldet, doch auch diese Hinweise erwiesen sich als unbrauchbar.
Um 14:00 Uhr trafen Martin und Yannik in ihrem Büro ein. Sie bereiteten das 16:00 Uhr- Meeting vor und stimmten sich hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise ab.
„Das ist ja hochinteressant.“ Yannik schaute konzentriert auf seinen Bildschirm. „Weißt du, wo dieser Dr. Jacobsen seine Praxis betreibt?“
„Ich bin sicher, dass du es mir gleich verraten wirst“, antwortete Martin.
„Sicher. Fohlenplackener Straße 120 in Neuhaus. Das ist nur 2,4 Kilometer von der Anschrift Dembowskis entfernt.“
Martin stand auf, stellte sich neben Yannik und betrachtete die Informationen und die Grafik auf dem Bildschirm. „Ich habe in den letzten Tagen so oft den Namen Neuhaus gehört. Es wird Zeit, dass wir uns dort mal umschauen.“
Um Punkt 16:00 Uhr begann die Besprechung im Konferenzraum im ersten Stock. Die MoKo wurde von Martin darüber informiert, dass Team 1 und 2 die Suche nach den Vermissten Schröder und Kettner ausweiten sollten. Dazu gehörten auch die Befragung der Nachbarschaft in einem vergrößerten Radius an den jeweiligen Wohnorten der beiden und die Intensivierung der Überprüfung des beruflichen Umfeldes.
Team 3 sollte Martin und Yannik am nächsten Morgen nach Neuhaus begleiten. Sie wollten den Zwillingsbruder Dembowskis vernehmen und vor allem von ihm wissen, warum er mit Schröder kurz vor dessen Verschwinden telefoniert hatte.
Die Beamten des Teams 4 in München, die per Video-Konferenz zugeschaltet waren, erhielten den Auftrag, in einem Radius von einem Kilometer um das Max-Planck-Institut die Anwohner zu befragen, ob sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch der vergangenen Woche etwas Auffälliges bemerkt hatten.
Nach einer lebhaften Diskussion endete die Besprechung um kurz nach 17:00 Uhr.
21
In Begleitung des Teams 3 waren Martin und Yannik bereits früh in Göttingen aufgebrochen. Der Konvoi, bestehend aus drei Zivilfahrzeugen, erreichte den kleinen Ort über die B 497 aus südlicher Richtung um kurz vor acht Uhr. Die Fahrzeuge fuhren die Eichenallee hinunter und bogen am Ende der Straße, an einer mit Schotter bedeckten Zufahrt, links ab, um dann vor einem alten Bauernhaus zu stoppen. Zwei Fenster an der Vorderseite des Hauses waren erleuchtet.
Martin wies einen Teil der Beamten an, die Eingänge zu sichern, während er und Yannik zur Haustür gingen.
Yannik klingelte.
Nichts passierte.
Nach einem weiteren Klingeln drang ein Poltern aus dem Haus, gefolgt von Schritten, die sich dem Eingang näherten.
Ein Mann öffnete die Tür.
Die beiden Beamten blickten in ein Gesicht, das sie kannten.
Sie hatten erwartet, dass Bernhard Dembowski seinem Bruder ähnlich sehen würde, doch mit einer so frappierenden Ähnlichkeit hatten sie nicht gerechnet.
„Guten Tag. Wir sind von der Kripo Göttingen. Bernhard Dembowski?“, fragte Martin.
„Ja“, antwortete der Mann. „Was gibt’s denn?“
„Dürfen wir kurz reinkommen?“
„Das ist jetzt ganz schlecht. Ich muss zur Arbeit.“
„Wir haben nur ein paar Fragen an Sie.“
„Na gut, wenn es nicht allzu lange dauert. Kommen
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