Haarmanns Kopf
Paganetti.
„Nur auf ein Wort, Herr Doktor. Ihren Anwalt werden Sie für das Gespräch nicht benötigen. Es geht weder um Sie noch um Herrn Dembowski. Wir haben neue Erkenntnisse, aber die möchte ich nicht am Telefon mit Ihnen besprechen. Wir benötigen höchstens 15 Minuten Ihrer Zeit.“
Yannik blickte ihn skeptisch an. Was hatte sein Chef geplant? War das eine Art Taschenspielertrick?
Paganetti ließ sich auf das Gespräch ein. Der Pfleger begleitete die beiden Beamten zum Büro des Arztes und verabschiedete sich kopfschüttelnd.
Martin klopfte an die Bürotür und Paganetti öffnete.
„Kommen Sie herein. Ich habe wirklich nicht viel Zeit. Was ist denn so wichtig, dass Sie den weiten Weg von Göttingen nach Ringelheim für ein 15-minütiges Gespräch auf sich nehmen?“, fragte Paganetti.
Er bot ihnen einen Platz an und schaute demonstrativ auf die große Wanduhr über der Sitzecke.
„Zunächst vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Ich werde ohne Umschweife zur Sache kommen“, begann Martin.
„Ich wäre Ihnen sehr verbunden“, antwortete Paganetti.
„Nun ja, die Sache ist etwas heikel, aber ich will ganz offen sein. Wir sind im Besitz einer Kopie der Krankenakte Volkmar Dembowskis.“
„Bitte?“, fragte Paganetti erstaunt. „Sie haben seine Akte? Woher haben Sie ...?“
„Eins nach dem anderen, Herr Doktor. Hören Sie mir einfach erst mal zu.“
„Sie haben nicht das Einverständnis von Herrn Dembowski“, stellte Paganetti fest. „Soweit mir bekannt ist, machen Sie sich strafbar, wenn Sie Informationen aus der Akte verwenden. Woher haben Sie überhaupt die Kopie?“
„Wir werden Ihnen das später erklären. Es ist allerdings sehr wichtig – vor allem für Herrn Dembowski – wenn wir kurz über einige wesentliche Punkte reden könnten. Wenn nämlich der Eintrag, um den er hier geht, stimmt, hat Herr Dembowski einen Zwillingsbruder, von dem er mit großer Sicherheit nichts weiß. Der Bruder heißt Bernhard Dembowski und wohnt in Neuhaus im Solling“, erklärte Martin in ruhigem Ton.
Paganetti sprang auf, öffnete die Schublade eines grauen Aktenschrankes und kehrte mit dem entnommenen Hängeordner zum Tisch zurück. Er schlug den Ordner auf und breitete diesen auf dem Tisch aus. Er deutete mit dem Zeigefinger auf eine Stelle der ersten Seite.
„Dembowski hat einen Bruder, das ist richtig. Aber der ist sechs Jahre älter als er. Sehen Sie selbst“, sagte Paganetti.
„Herr Dr. Paganetti, wir kennen den Eintrag. Schauen Sie sich bitte mal genau die Geburtsdaten an. Fällt Ihnen dabei etwas auf?“, fragte Yannik.
Der Arzt schaute noch einmal genauer hin.
„Ja, beide sind am 17.05. geboren, aber in unterschiedlichen Jahren.“
„Sehen Sie, genau das dachten wir zunächst auch. Schauen Sie sich mal die Jahreszahlen an“, sagte Yannik.
Paganetti nahm die Seite und hielt sie gegen das Licht der Tischlampe. Dann legte er das Blatt zurück auf den Tisch. Yannik zeigte mit einem Stift auf die 7. Auf dem Original war die Farbabweichung noch deutlicher zu erkennen als auf dem Foto, das er von der Seite gemacht hatte.
„Sehen Sie das hier?“, fragte Yannik. „Die kleinen Striche der 7 sind mit anderer Tinte geschrieben. Die ist etwas heller als die ursprüngliche Schrift. Unter einer Lupe können Sie das genau erkennen. Haben Sie eine Erklärung dafür?“
„Das kann nicht sein. Wer sollte so etwas tun? Und vor allem, warum?“
„Das ist genau die Frage, die wir uns auch stellen.“
„Ich verstehe das nicht. Das ergibt doch keinen Sinn“, murmelte Paganetti.
„Wer außer Ihnen hätte die Möglichkeit gehabt, die Veränderung vorzunehmen?“
„Eigentlich alle, die Zugang zu meinem Büro haben. Der Aktenschrank ist nicht verschlossen.“
„Das heißt, hier ist eine Eingrenzung nicht möglich. Dann müssen wir uns von einer anderen Seite annähern. Wir haben uns die Einträge angesehen. Bis vor anderthalb Jahren wurden die Einträge von einem Dr. Adrian Jacobsen vorgenommen, ab dann haben Sie die Akte weitergeführt. Was war der Grund dafür?“, fragte Yannik.
„Ganz einfach. Dr. Jacobsen arbeitet nicht mehr hier. Er hat die Klinik verlassen.“
„Und aus welchem Grund?“
„Hören Sie, das ist ein heikles Thema. Und ich weiß auch nicht, was das mit den Morden oder Dembowski zu tun haben soll ...“
„Herr Dr. Paganetti, ich will ganz offen zu Ihnen sein“, erklärte Martin. „Wir müssen jedem Verdacht und jedem Hinweis nachgehen. Leider ist es so,
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