Haarmanns Kopf
kleineren Tank, das mit Blutverdünner vermischt war. Das Blut ist menschlich, kann aber im Moment nicht eindeutig einem der Opfer zugeordnet werden.“
„Und warum nicht?“
„Weil es sich um unterschiedliche Blutarten und Blutgruppen handelt. Am besten lassen wir uns von Dembowski erklären, was das soll und was er mit dem Blut vorhatte.“
„Das wird mit jedem Tag mysteriöser. Ich glaube, mir wird schlecht ...“
„Bevor du hier auf den Tisch kotzt, geh lieber mal eben raus. Und wenn du zurückkommst, bring auf dem Weg einen frischen Kaffee mit.“ Martin lächelte.
„Was schlägst du vor? Wie machen wir weiter?“, wollte Yannik wissen.
„Wir werden gleich noch mal nach Neuhaus fahren und die Kollegen zumindest moralisch unterstützen. Am Montag werden wir Bernhard Dembowski erneut vernehmen. Und dann besorge ich einen Durchsuchungsbeschluss und Haftbefehl für Dr. Jacobsen.“
„Warum nehmen wir ihn nicht heute fest? Wenn wir sowieso schon in Neuhaus sind ...“
„Bleib gelassen, junger Kollege“, sagte Martin und lächelte. „In der Ruhe liegt die Kraft. Wir dürfen den Bogen bei der Staatsanwaltschaft nicht überspannen. Bei Jacobsen ist keine Gefahr im Verzug, und es besteht auch keine Verdunkelungsgefahr. Welche Beweise sollte er denn vernichten?“
„Zum Beispiel das Handy, mit dem er Schröder kurz vor dessen Verschwinden angerufen hat, oder irgendwelche Gegenstände und Unterlagen, die ihn mit Bernhard Dembowski in Verbindung bringen könnten.“
„Glaube mir, der Mann weder physisch noch psychisch in bester Verfassung. Seine Gelassenheit während unseres Gesprächs war gespielt. Der wird nervös werden, deshalb lassen wir ihn ein bisschen zappeln, wie einen Fisch an der Angel.“
„Gerade deshalb, meine ich ...“
„Yannik, nein“, unterbrach Martin ihn energisch. „Wir machen es so, wie ich es gesagt habe. Und jetzt besorg uns endlich den verdammten Kaffee.“
Es war schon spät am Abend, als Martin und Yannik Feierabend machten. Martin nahm seinen Kollegen mit dem Auto mit. Der wirkte geistesabwesend und sprach kaum mit ihm.
Er ist vielleicht einfach überarbeitet, dachte Martin und gab ihm den Rat, den Sonntag zu nutzen, um mal richtig abzuschalten und auszuspannen, soweit das dieser Fall überhaupt zuließ. Martin setzte Yannik vor seiner Wohnung im Stadtteil Holtensen ab und fuhr ebenfalls nach Hause.
Yannik ließ Martins Entscheidung keine Ruhe. Er hielt es für einen Fehler, Dr. Jacobsen nicht schon heute verhaftet zu haben, und er malte sich die unterschiedlichsten Szenarien aus. Was, wenn der Arzt abtauchte? Oder doch Beweismittel vernichtete? Das musste er verhindern. Auch gegen den Willen seines Chefs.
23
Die Untersuchungen auf dem Grundstück Bernhard Dembowskis hatten das ganze Wochenende gedauert. Die Beamten der Spurensicherung überließen den Forensikern den Tatort, da sie ihre Untersuchungen abgeschlossen hatten. Es stellte sich als kaum lösbare Aufgabe dar, die gefundenen Gliedmaßen und Organe den Opfern zuzuordnen. In den meisten Fällen war eine Identifizierung der Toten nicht möglich, weil der Verwesungsprozess bereits zu weit fortgeschritten war.
Ein weiteres Problem bestand darin, die DNA zu identifizieren. Zum größten Teil handelte es sich um Mischspuren, die mehr als zwei Allele aufwiesen und somit keine eindeutige biostatistische Bewertung zuließen. Die Beamten hatten bisher die Überreste von 18 Toten gefunden. Man musste davon ausgehen, dass Bernhard Dembowski auch an anderen Orten seine Opfer vergraben hatte, und konnte nur darauf hoffen, dass er die Plätze bekanntgab, sofern er sich noch daran erinnern konnte.
Yannik war bereits seit sieben Uhr im Büro und bereitete das nächste Verhör Bernhard Dembowskis vor, als Martin von seinem Termin mit dem Staatsanwalt zurückkehrte.
„Guten Morgen, mein Lieber“, begrüßte er Yannik, als er an seinem Schreibtisch Platz nahm. „Ich hoffe, du hast dich am Sonntag etwas erholt. Du sahst am Samstag nicht gut aus. Macht dir doch ganz schön zu schaffen, dieser Fall, stimmt’s?“
„Ja, das auch. Ich glaube, dass mir ein Urlaub ganz gut tun würde. Ab in die Sonne, weißt du? Wenn das hier vorbei ist, setze ich mich in den Flieger und dann tschüs ...“
„Kann ich gut verstehen. Ich muss aber noch bis zu den Sommerferien warten. Du weißt ja, wegen der Kinder. So, ich werde jetzt erst mal einen Kaffee organisieren. Willst du auch einen?“
„Nein danke, ich hatte schon
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