Hab ich selbst gemacht
festnageln. 3. Auf der gegenüberliegenden, also der Außenseite des Schuhs das Leder so weit in die entgegengesetzte Richtung zu Zug zwei ziehen, bis das Oberleder glatt liegt. 4. und 5. Zwei Fingerbreit zur Fersehin die Züge zwei und drei wiederholen, also das Leder wieder erst innen und dann außen so spannen, dass keine Falten bleiben.
Das üben wir einige Male und machen gegen elf Uhr Feierabend. Ich falle müde ins Bett, schlafe aber extrem unruhig. Die ganze Nacht lang ziehe ich Leder in die Länge und nagle es an einem Leisten fest.
Am Morgen wache ich gerädert auf. Meine Finger tun weh. Ich bin müde. Um acht sitzen wir alle beim Frühstück und schmieren selbst gemachte Marmelade auf dicke Brotscheiben. Um neun beginnt unser Kurs.
Wir fangen wieder mit den ersten fünf Zügen an, nachdem wir das Leder-Kork-Fußbett am Leistenboden festgenagelt haben. Als Nächstes ist die Ferse dran: Auch dort schlagen wir zuerst in der Mitte einen Nagel ins Leder und dann sechs weitere links und rechts an den Leistenseiten. Die Technik fällt mir immer leichter: Leder ziehen, erst das innere, dann das äußere, dann beide zusammen, gut festhalten mit der Zange, diese so auf den Leistenboden drücken, dass das Leder glatt aufliegt, einen Nagel fest hineindrücken und mit der Zange ein paar Millimeter tief einschlagen. Toni geht immer wieder herum, zeigt, erklärt, gibt Tipps und bremst, wenn einer von uns schon ohne Anweisung weitermachen will. Er ist unendlich geduldig. Man merkt, dass er diese Kurse seit sieben Jahren gibt.
Zwischendurch wird das Außenleder immer wieder mit dem Hammer bearbeitet: Mit der runden, glatten Seiten des Schuhmacherhammers verteilen wir sanfte Schläge, um das Leder geschmeidig zu machen und seine Form dem Leisten anzupassen. Dann werden auch dem Leder an der Ferse die Falten ausgetrieben. In 5-Millimeter-Abständen hauen wir Nägel zwischen kleine Falten und plätten diese anschließend.
Nun werden die Seitenränder des Leders festgenagelt, nurim Zentimeterabstand, und trotzdem stecken am Ende rund 50 Nägel in einem Schuh. Er sieht aus wie ein Igel.
Dann das Ganze von vorn mit dem zweiten Schuh. Und dann, wir können es kaum fassen, sollen wir die Nägel aus der oberen Hälfte des Leistens wieder rausziehen, sollen den Rand des Fußbetts mit Weißleim einstreichen – was mit dem Finger gemacht wird und eine feine Matscherei ist – und anschließend nur das innere Leder wieder spannen und festnageln. Als Nächstes folgt die Ferse und dann die Längen – alle Nägel müssen wieder raus, etwas Leim zwischen Leder und Fußbett, Leder wieder ziehen, Nägel wieder rein. Bis wir einmal rundherum sind, uns noch dreißig Mal auf die Finger gehauen haben und langsam das Gefühl in Daumen und Zeigefinger schwindet, die trotzdem noch weiter jeden einzelnen Nagel tapfer festhalten.
An unseren Schuhen ist nicht wirklich ein Fortschritt zu erkennen.
Zwischendurch machen wir Brotzeit und gönnen unseren Fingern eine kleine Erholungspause. Brote zu schmieren ist so viel weniger anstrengend, als Nägel durch Leder hindurch in einen Plastikleisten zu klopfen.
Glücklicherweise kommt der nächste Arbeitsschritt ohne Nägel und Zangen aus. Wir entfernen alle Nägel aus unseren Leisten und klappen das Oberleder an der Schuhspitze so weit nach oben, dass das Innenleder bis zum Spann freiliegt. Das fühlt sich ein kleines bisschen brutal an.
Wir sollen Kunststoffkappen einkleben. Es sind eigentlich noch gar keine Kappen, sondern nur halbrunde, flache, gummiartige Dinger, die erwärmt und dann zwischen Innen- und Oberleder geklebt werden. Also sitzen wir mit einem Heißluftfön in der Hand da, auf das Gummihalbrund auf dem Fußboden vor uns gerichtet, und warten darauf, dass die Oberfläche des Kunststoffs anfängt zu glänzen. Mit spitzen Fingern nehme ich es hoch, es ist heiß und klebt, ich lege es vorsichtig auf das Innenleder und drücke es an.
Wir nageln das Leder ein letztes Mal rundherum fest, sprich: Ich klopfe ein weiteres Mal rund 50 Nägel in jeden meiner beiden Schuhe. Noch einmal soll ich das Leder weich- und die Falten zwischen den Nägeln platt klopfen, dann kommen alle Nägel ein letztes Mal raus. Ich frage mich, wozu ich jetzt Hunderte von Nägeln in meine Schuhe geschlagen habe, wenn am Ende kein einziger von ihnen stecken bleibt. Andererseits: habe ich mich die ganze Zeit über auch gewundert, was das mit den Nägeln wohl wird, ob die in der Gummisohle verschwinden und ob sie beim
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