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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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Terrakottatöpfe auszugeben.
    Ich gehe mit der Mutter des Mannes in ihr Gartenhäuschen, in dem sich kleine, mittlere, große und riesengroße Tontöpfe und Pflanztonnen stapeln, und sie sagt: »Such dir aus, was du brauchst.«
    Ich schleppe die sechs größten Tontöpfe und drei große schwarze Pflanztonnen in den Kofferraum unseres Autos und habe somit ausgesorgt.
    Am Nachmittag, wieder zu Hause, lese ich mich in die Bücher ein, und John Seymour wird mir immer sympathischer: Er hat in den Siebzigern den Leuten gezeigt, wie ihr Traum vom Aussteigen und vom back to nature wirklich klappen kann. Für Idealisten habe ich viel übrig, und außerdem sind seine Bücher die perfekte Ergänzung zu Alys. Während sie einen für die Idee, die Natur einfach in die Stadt zu holen, begeistert, erklärt er Schritt für Schritt, was überhaupt zu tun ist, wenn man sich dazu entschlossen hat, Mutter Erde ein bisschen Nahrung abzuringen.

    Und so sieht der Zeitplan für meinen ersten eigenen Garten aus:
    Schon im März kann ich den Salat am Fenster aussähen. Ein guter Tipp, den ich bei Alys gelesen habe: die Samen nicht alle auf einmal, sondern jede Woche nur ein paar ausbringen. Dann kann man später auch jede Woche einen Salatkopf ernten. Im April – sollte es dann schon warm sein – werde ich die Bohnen gleich draußen aussäen und die Salatpflänzchen ebenfalls rausbringen. Ende April werde ich Tomatenjungpflanzen kaufen und ein paar Frühkartoffeln in die Erde stecken. Außerdem können dann noch Zucchini, Aubergine, Kürbis, Fenchel und Melone ausgesät werden. Anschließend muss ich nur noch Daumen drücken, dass das alles was wird.
    Ich habe schon das Gefühl, eine richtige Gärtnerin zu sein, obwohl ich eigentlich nur ein paar Stunden lang mit Büchern auf dem Sofa gesessen habe. Überhaupt stelle ich fest, dass ich fast einen ganzen Monat vor allem mit Überlegungen zu meinem Selbermachjahr verbracht und noch nicht allzu viel tatsächlich produziert habe: Acht Brote und einen Kuchen habe ich gebacken, vier Gardinenschals genäht und einen Topf Fußbalsam gekocht. Eine miese Bilanz nach fast vier Wochen.
    Meine Hände sind immer noch unterfordert. Aber ich habe sie, also mich, vor ein paar Tagen bei einem Schuhmacherkurs angemeldet, am nächsten Wochenende. Schuhe braucht der Mensch, und um Schuhe zu machen, brauche ich meine Hände.
    Die blättern jetzt noch ein bisschen in John Seymours Gartenbuch und kleben kleine bunte Zettel hinein. Als der Mann vom Fußball nach Hause kommt und mich da so sitzen sieht, kriege ich zur Begrüßung ein: »Oh mein Gott!«
    Ich schaue verständnislos. »Was?«
    »Jetzt geht das wieder los«, sagt er.

    Ich verstehe immer noch nicht. »Wieso? Hab ich verpasst, dass wir schon letztes Jahr einen Garten hatten?«
    »Entschuldige. Ich hab nur grad ein Déjà-vu. Wie du da mit den Büchern gesessen hast, dachte ich, ich bin wieder zehn Jahre alt, komme nach Hause, und meine Mutter macht Pläne für den Garten oder sucht nach neuen Zucchinirezepten.«
    Ich lächle den Mann an, gebe ihm einen Kuss und greife gleichzeitig unauffällig nach dem Zettel mit der Planung. Ich korrigiere: nur 1   × Zucchini. »Ja, aber schau: Jetzt bist du der Pubertät entwachsen, und vor allem wird es dir schmecken.«
    Er schaut immer noch gequält und verschwindet unter der Dusche.

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Tag 31
Verliebt in ein Paar Schuhe
    Meine Hände schmerzen. Der linke Daumen und der Zeigefinger sind rot. Und geschwollen. Die rechte Handfläche tut weh. Weil ich das Wochenende damit verbracht habe, Hunderte Nägel in einen Plastikfuß zu schlagen.
    Und jetzt halte ich ein Paar Schuhe in den Händen, das ich selbst gemacht habe!
    Aber von vorn: Am Freitagnachmittag bin ich ins österreichische Schrems gefahren, ins Waldviertel. Das ist im nordöstlichsten Eck von Österreich, direkt an der Grenze zu Tschechien. Hier hat die Waldviertler Schuhwerkstatt ihren Sitz, und dort kann man in einem Schuhmacherkurs bei Toni Schuster – ja, er heißt wirklich so – Schritt für Schritt lernen, wie ein Paar Schuhe entsteht.
    Ich habe in Deutschland nach einem ähnlichen Kurs gesucht, aber nichts Vergleichbares gefunden. Man kann sich zwar gemeinsam mit Mittelalterfans Sandalen nähen, aber ich wollte schon echte und vor allem alltagstaugliche Schuhe machen. Deshalb bin ich nach Schrems gefahren.
    Also stehe ich am Freitagabend mit zwanzig anderen Menschen – Frauen, Männern, jüngeren, älteren – in einem großen Raum. Wir sehen

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