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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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und haben Natriumhydroxid mitgebracht.
    Außerdem haben wir dabei: eine 3,5-Liter-Rührschüssel, ein großes leeres Gurkenglas, einen Rührlöffel aus Hartplastik, eine Flasche Essigessenz, zwei große Flaschen Olivenöl, ein Fläschchen Lavendelöl, Gummihandschuhe und einen 70   ×   10   ×   7 Zentimeter großen selbst gebauten Holzkasten.

    Die Mutter des Mannes und ich werden Seife machen, der Mann wird uns assistieren. Vor ein paar Tagen nämlich habe ich mir vor dem Abendessen die Hände gewaschen und dabei mit einem Seifenrest gekämpft, der mir immer wieder durch die Finger glitschte. Da dachte ich mir: Seife selber machen, das wäre auch eine Idee. Also mache ich heute Seife.
    »Ich habe mir früher, als junge Frau, Kosmetik selbst gemacht«, sagt die Mutter des Mannes.
    »Und warum machst du es nicht mehr?«, frage ich sie.
    »Die Haare wurden ganz stumpf, und dann ist es nicht mehr ganz so lustig«, sagt sie.
    Wir tragen einen alten Tisch raus auf die Terrasse und legen eine dicke Schicht Zeitungspapier darauf aus. Rechts in Griffnähe, aber nicht im Weg, stelle ich Küchenrolle und Essig zum Neutralisieren bereit.
    Vorsicht ist alles bei unserem Vorhaben, das schreibt das Seifenbuch und das steht groß auf der Dose Natriumhydroxid, die ich gestern in der Apotheke gekauft habe. Einen ganzen Nachmittag war ich unterwegs, um 200 Gramm Na OH zu ergattern. Im Internet lässt sich Na OH recht einfach und billig bestellen, aber dort heißt es auch, dass Apotheken solche Chemikalien normalerweise führen. Also ging ich gestern in meine Stammapotheke und bekam eine Abfuhr. Die Apothekerin schickte mich in die Innenstadt, »in den Hobbythek-Laden«. Dort stehen Regale voller Öle und Chemikalien und Zusatzstoffe – nur leider gibt es kein Na OH . »Nicht mehr«, sagte die Verkäuferin, es sei ja auch ziemlich gefährlich. Allerdings finde ich es gefährlicher, wenn Menschen sich das Zeug kiloweise im Internet bestellen, als wenn sich ein Apotheker Käufer oder Käuferin noch mal anschauen kann, bevor er 200 Gramm über den Tresen reicht. Aber gut, ich musste also weitersuchen und kaufte im »Hobbythek-Laden« nur ein Fläschchen Lavendelöl. Ichbeschloss, auf dem Nachhauseweg einfach in jede einzelne Apotheke zu gehen und nachzufragen – auf der Strecke von zwei U-Bahnstationen liegen an die zehn Apotheken. Und ich hatte Glück: In der sechsten Apotheke bot mir die Apothekerin Na OH – Plättchen an – für die ich knapp sieben Euro zahlte. Für 200 Gramm. Im Netz hatte ich Kilopackungen für den gleichen Preis gesehen.
    In der Arzneidose klapperten die kleinen Pellets, als ich sie in meiner Tasche ehrfürchtig nach Hause trug. Immerhin war darauf groß das »Stark Ätzend!«-Zeichen gedruckt.
    Deswegen bringt die Mutter des Mannes jetzt nicht nur zwei Skibrillen für uns aus dem Keller mit, sondern hat auch noch zwei Mundschutze dabei. Ihr Mann ist Arzt, da hat man so was im Haus. Sehr praktisch.
    Die große Schüssel stellen wir auf die Küchenwaage und wiegen 1430 Gramm Öl ab. Anschließend fülle ich zum Anrühren der Lauge 455 Gramm bzw. Milliliter destilliertes Wasser in das Glas. Dann ist das Na OH dran: Ich stelle einen Einwegbecher auf die Waage – ich halte die Luft an, der Mann hält die Luft an, die Mutter des Mannes hält die Luft an, alle drei starren wir auf die Digitalanzeige – und fülle aus meiner Apothekendose 182 Gramm Natriumhydroxid dort hinein. Die Pellets sehen eigentlich ganz harmlos aus, wie kleine Dropse.
    Dass sie es nicht sind, merken wir, als wir alle Zutaten nach draußen gebracht haben und ich die Pelletts vorsichtig in das Glas mit dem Wasser schütte und rühre. Der Mann liest vor: »Das Ätznatron unter ständigem Rühren VORSICHTIG einrieseln lassen, Gesicht dabei abwenden. Die Flüssigkeit wird sehr schnell heiß, und es bilden sich giftige Dämpfe – NICHT einatmen.« Die Natronstückchen lösen sich langsam auf, die Mutter des Mannes und ich wechseln uns beim Rühren ab, mit ausgestrecktem Arm und verdrehtem Oberkörper. Dennda steht zwar, man solle das Gesicht abwenden, aber irgendwie müssen wir ja auch hingucken, um zu sehen, was wir da tun. So sehen wir ziemlich albern aus: Zwei Frauen in Schürzen, mit Gummihandschuhen an den Händen, einer Skibrille und einem Mundschutz im Gesicht, und abwechselnd mit einem ausgestreckten Arm. Wir rühren mit einem knappen Meter Abstand in einem ehemaligen Gurkenglas, uns kann nichts passieren. Hoffentlich.
    Das Wasser

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