Hab ich selbst gemacht
wird erst trüb, dann wieder klar, und das Glas ist beschlagen. Als ich es vorsichtig anfasse, ist es sehr heiß. Als hätten wir kochendes Wasser hineingeschüttet.
Der Mann liest weiter vor: »Lauge bis auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Wer es eilig hat, kann den Behälter in ein Eiswürfelbad stellen.« Aber keiner von uns hat Lust, mit einem Glas voll ätzender Lauge und einer Schüssel voller Eiswürfel herumzuhantieren. Deswegen lassen wir das Glas stehen, wo es ist, und warten.
Warten sehr lange. Erst eine halbe Stunde, noch mit Brillen, Mundschutz und Handschuhen ausstaffiert, dann ziehen wir die Schutzkleidung aus, weil sich das Glas noch genauso heiß anfühlt wie vorher und es auch unter all dem Schutzzeug ziemlich warm wird. Die Mutter des Mannes verschwindet in den Garten, nimmt sich einen Eimer mit und macht sich daran, ihre Beete vom ersten Unkraut zu befreien.
Ich besuche die beiden Lavendelsträucher, die an der Terrasse stehen, und knipse mit den Fingernägeln Blüten ab. Eine gute Handvoll sammle ich und zerrupfe sie auf einem großen Teller, wo sie etwas trocknen können.
Wir machen Brotzeit, wir warten. Um zwei Uhr machen wir endlich weiter: Die Lauge ist zimmerwarm, das Olivenöl muss nicht erwärmt werden wie andere Fette und Öle bei der Seifenherstellung, also schütte ich die Lauge zum Öl und rühre mit dem Löffel. Augenblicklich wird das bisher durchsichtige und dunkelgrüne Olivenöl cremig und hellgrün.
Beim Umfüllen kleckert mir ein bisschen Lauge auf den Tisch. Ich rechne eigentlich damit, dass sie sich zischend durch das Zeitungspapier und das Holz des Tisches frisst. Aber nichts passiert. Es liegt einfach eine kleine Pfütze Natronlauge neben der Rührschüssel. Ich lasse die Mutter des Mannes weiterrühren und mir vom Mann etwas Küchenkrepp mit einem Schluck Essigessenz darauf geben. Damit wische ich die Lauge weg und bin beinahe ein bisschen enttäuscht, dass nach all den Warnhinweisen nicht wenigstens ein kleines Rauchwölkchen vom Tisch aufgestiegen ist.
Wie im Buch empfohlen, beschleunigen wir die Seifewerdung der zwar geschmeidigen, aber noch flüssigen Masse mithilfe des Pürierstabes. Ich lasse ihn brummend durch die Rührschüssel kreisen; als mir der Arm schlapp wird, übernimmt wieder die Mutter des Mannes. Langsam wird die Masse etwas heller – und auch endlich fester. Ich übernehme den Pürierstab wieder. Er ist schon bedenklich heiß gelaufen, deswegen lasse ich ihn jetzt immer nur zehn Sekunden arbeiten und dann wieder zehn Sekunden ruhen. Ich will ihn nicht kaputt machen, auch wenn wir ihn in der Küche sowieso nicht mehr benutzen dürfen. Vielleicht will ich aber ja irgendwann noch mal Seife machen.
Und endlich, nach zirka zehn Minuten, wird aus der Öl-Lauge in unserer Schüssel ein Vanillepudding. So beschreibt das Seifenbuch nämlich die Zielkonsistenz der Rohseife. Wenn man etwas Seife vom Löffel in die Masse tropfen lässt, versinkt diese nicht sofort, sondern die Tropfen bilden noch eine ganze Weile kleine Puddinghügel.
Der Mann schraubt die Lavendelöl-Flasche auf, pult den Plastikstöpsel heraus und kippt die gesamten zehn Milliliter in den Topf, während ich den Pürierstab noch ein paar Mal durch die Rohseife ziehe.
Zu dritt Seife zu machen, ist ideal: Nicht nur kann man sich gegenseitig zur Vorsicht ermahnen. Es können sich außerdem zwei beim Rühren abwechseln, der Dritte kann mit dem Buch aus etwas Abstand Anweisungen geben, Haare aus der Stirn streichen, die Skibrille zurechtrücken oder eben kleine Fläschchen öffnen, die wir mit den Gummihandschuhen an den Händen nicht aufkriegen.
Wir stellen die Seifenform bereit – den langen, schmalen Holzkasten, den ich mir vor ein paar Tagen aus drei Lattenrost-Leisten zusammengeschraubt habe, gleich nach meinem Entschluss, Seife zu machen. Der Lattenrost ist Teil einer beachtlichen Holzsammlung auf unserem Dachboden. Dort oben steht nämlich ein altes Ikea-Bett. Beziehungsweise dessen Einzelteile: Helle Fichtenholzleisten, die früher mal Seitenteile, Kopf- und Fußende des Bettes und eben ein Lattenrost waren.
Für die Seifenform habe ich jeweils eine Holzlatte links und rechts an eine dritte Leiste für den Boden geschraubt: mittig und an den Seiten jeweils ein kleines Loch hineingebohrt und eine Schraube hinterhergeschickt. Dann habe ich die Seitenenden zurechtgesägt und an allen vier Ecken verschraubt. Und zum Schluss eine Mülltüte zugeschnitten und meinen Kasten damit
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