Hab ich selbst gemacht
Seife nicht benutzen!«, raunze ich den Mann an.
»Aber sie sähe besser aus!«, raunzt er zurück.
»Wir fragen deine Mutter.«
Die kommt gerade aus dem Garten, und ich trage ihr unsere Streitfrage vor.
»Ich würde sie dünn schneiden. Dann liegen sie gut in der Hand«, sagt sie. Ich schaue den Mann triumphierend an. Dann messe ich drei Zentimeter ab und schneide mit dem Messer langsam ein Stück vom Seifenblock. Es wird schief.
Auch die nächsten beiden Stücke werden schief, und sie brechen unten ein bisschen ab.
»Die Messerklinge ist zu dick«, sagt der Mann und holt aus der Küche das schmalste Messer, das er finden kann. Er übernimmt das Schneiden. Seine Stücke werden glatt, gerade und sehen alle fast gleich aus. Und was noch erstaunlicher ist: Als er den Seifenblock aufgeschnitten hat, sind es nicht nur 23, sondern sogar 24 Stück Lavendel-Olivenöl-Seife.
Wir stellen sie vorsichtig in den Seifenkarton, ich rupfe noch ein paar Lavendelstile vom Strauch, lege sie mit in den Karton und hoffe, dass die Seifen ihren Duft über die nächsten Monate nicht verlieren. Dann bringe ich den Karton zu den gesäuberten Seifenutensilien runter in den Keller.
Olivenölseife soll mindestens 6 Monate nachreifen, besser sogar ein ganzes Jahr – wir werden also Freunde und Familie zu Weihnachten mit Lavendelseife überhäufen. Ich zähle an meinen Fingern ab: »Mama, Schwester, beste Freundin, Oma.«
»Tanten, plus zwei. Schwestern, plus zwei«, sagt der Mann.
»Freundinnen, plus drei«, sagt die Mutter des Mannes.
Bleiben immer noch 13 Seifen übrig.
Irgendjemand wird sich schon finden lassen, den oder die wir beschenken können. Aber vielleicht sollte ich auch versuchen, die Seifen auf einer dieser Plattformen zu verkaufen, auf denen man sich einen eigenen Webshop mit Selbstgemachtem einrichten kann – was mehrere Hunderttausend Menschen schon getan haben.
Auf Dawanda.de und Etsy.com , dem amerikanischem Vorbild, habe ich mich schon oft umgeschaut, nur noch nie etwas gekauft. Aber diese Portale faszinieren mich; man kann dort einfach alles kaufen: Kosmetik, Hüte, gedrechselte Wanderstöcke, Broschen, Faschingskostüme, selbst gebackene Hundeplätzchen, Geldbeutel, Gewürzmischungen, Lampen, Monster aus Filz. Sogar Skulpturen. Und die Menschen kauften dort gerne ein, weil das meiste eben Unikate sind.
Was es dort auch gibt: jede Menge Seife. Um genau zu sein: Über 1500 Produkte werden in dieser Kategorie angeboten. Es scheinen sich zahlreiche Seifenmacher mit ihrem Hobby etwas dazuzuverdienen.
So um die fünf Euro verlangen die Verkäuferinnen für ein Stück. Ich müsste also nur fünf Stück Seife verkaufen, um die Materialkosten wieder drinzuhaben. Knapp 25 Euro habe ich für Olivenöl, Duftöl, Natriumhydroxid, Rührschüssel und – löffel bezahlt. Den Pürierstab, der jetzt mit unten bei den Seifensachen liegt, hat die Mutter des Mannes gesponsert – weil sie einen neuen geschenkt bekommen hat.
Wie schnell ich die Kosten wieder drinhaben könnte, überrascht mich. Weil ich bei den selbst genähten Sachen auf diesen Plattformen immer schockiert war, wie wenig siekosten – angesichts der Materialien und vor allem auch der Arbeitszeit. Die meisten Anbieter verkaufen ihre Sachen zu selbst ausbeuterischen Preisen.
Dagegen könnte sich die Seife richtig lohnen. Vielleicht sollte ich Seife kochen, anstatt Texte zu schreiben? Würde sich das lohnen? Für die ganze 2-Liter-Seifenkiste würde ich 120 Euro bekommen. Und wenn ich die Kosten für die Zutaten abziehe, bliebe mir ein knapper Hunderter als Gewinn. Klingt erst mal viel. Aber: Ich müsste jeden zweiten Tag Seife kochen, meinen Holzkasten also immer wieder befüllen, sobald ich einen Seifenblock herausgenommen habe, um 1500 Euro im Monat zu verdienen – wovon ich meinen Lebensunterhalt eher schlecht als recht bestreiten könnte. Mein Stundenlohn läge, die Zeit für Verpackung und Versand und das Besorgen der Materialien mit eingerechnet, bei rund 5 Euro. Und: Ich müsste jeden Monat alle 360 Stück Seife verkaufen, um überhaupt dieses Einkommen zu haben. Ich bezweifle, dass die Nachfrage nach Seife so groß ist.
Ich bin etwas ernüchtert. Bis hierher hatte ich Portale wie Etsy.com und Dawanda.de als Möglichkeit gesehen, sein Hobby zum Beruf zu machen. Und ich scheine nicht die Einzige zu sein, denn zum Beispiel im Blog von Etsy.com gibt es die hoch frequentierte und – kommentierte Rubrik »Quit Your Day Job« – »Kündige deinen
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