Hab ich selbst gemacht
war in ganz normalen Sätzen erklärt. Aber jetzt steht da:
» CO 81sts.
RS K2, p1; rep to end;
WS K1, p2; rep to end;
rep for 10 rows.
k RS , p WS ; rep for 44 rows.
Increasing: k RS , p WS ; to 2sts bef end, m1-R, k1 …«
Und so weiter, und so fort. Ich hole mir das »Stitch ’n’ Bitch«-Buch zu Hilfe, es funktioniert wie ein Strick-Lexikon und ich schlage eine Abkürzung nach der anderen nach und versuche, sie mir zu merken. Schon in der Schule war ich total mies im Vokabellernen.
Nachdem ich einmal die gesamte Anleitung durchgegangen bin und sie mir halbwegs übersetzt habe, bin ich trotzdem nicht sicher, jeden Schritt verstanden zu haben. Ich denke mir nur: Na ja, fängste mal an, wird schon hinhauen.
Ich weiß jetzt immerhin halbwegs, was das Muster von mir will: Ich soll 81 Maschen aufnehmen und dann abwechselnd zwei rechts und eine links stricken, nach zehn Reihen auf der Vorderseite des Strickstücks nur noch rechts und auf der Rückseite nur noch links. Ab der 45. Reihe soll ich anfangen, an den Rändern jeweils eine Masche dazuzunehmen. Wie das genau funktioniert, was also »m1-R« bedeutet, finde ich heraus, wenn ich mich erst einmal bis in Reihe 45 vorgestrickt habe, beschließe ich. Wer weiß, ob ich es überhaupt bis dahin schaffe. Durchhaltevermögen ist keine meiner ganz großen Stärken.
»Vielleicht sollte ich mir eine Strickgruppe suchen?«, frage ich den Mann, der sich zu mir an den Balkon gesetzt hat und in der Wochenendzeitung blättert.
»Strickgruppe?«, fragt er.
»Na, zum Beispiel saßen im Kurzwarenladen, als ich einen Reißverschluss für die Hose …«
»Was ist eigentlich mit der Hose?«, unterbricht mich der Mann.
»Nichts. Also, da saßen dort in der Sitzecke drei Omis beieinander und haben Pullover gestrickt und geratscht.«
»Und du willst dich dazusetzen?«
»Vielleicht ja. Die könnten mir ja zum Beispiel zeigen, wie das mit dem Maschenhinzufügen geht.«
»Schon, aber du verbringst dann deine Samstagnachmittage mit Omis.«
Die Omis erscheinen mir einfach die beste Möglichkeit; immerhin können einem strickende Omas einfach alles erklären, sie stricken ja meistens schon seit vierzig, fünfzig Jahren, die kennen alle Tricks. Aber es gibt auch eine Münchner Stitch ’n’ Bitch – Gruppe. Die sich allerdings laut Webseite im Moment nicht trifft. Und es gibt die Münchner Strickeria: eine junge Strickgruppe, die jeden Mittwochabend in einem Café zusammenkommt. Im Strickeria – Blog zeigen die Strickwütigen ihre Arbeiten her oder berichten auch mal von einem Ausflug auf den Textilmarkt in Benediktbeuern. Das Ganze sieht durchaus nach einer ernsthaften Angelegenheit aus.
Die Frage ist nur: Was redet man mit Menschen, mit denen einen nichts verbindet, außer dass sie vielleicht immer stricken und ich eben im Moment auch? Und ich hege – zugegeben – auch grundsätzlich Misstrauen gegenüber Gruppen mit nur einem gemeinsamen Interesse, wie Briefmarkenklubs oder Kaninchenzüchtervereinen.
Außerdem ist Stricken bei mir extrem stimmungsabhängig. Ich bin mir nicht sicher, dass ich alle 14 Tage immer sonntagnachmittags Lust habe, die Stricknadeln zu schwingen.
Ich glaube, ich werde auch in Zukunft allein oder höchstens zusammen mit der besten Freundin stricken. Dann sitzen zwei zusammen, die beide nur rudimentär Ahnung von dem haben, was sie da tun, und können gemeinsam rumprobieren, wie es richtig geht. Und zu besprechen haben wir sowieso immer etwas.
[Menü]
Tag 237
Dresscode: Selbst genäht
Nur ein paar Minuten, nachdem ich an meinem Schreibtisch den Computer hochgefahren habe, kommt eine Mail vom Mann. Er hat mir eine Einladung zu einer Preisverleihung weitergeleitet, »Wir würden uns sehr freuen …«, blabla, »… zu diesem besonderen Anlass …« usw. Und dann steht da plötzlich »Dresscode: Smoking«.
Normalerweise meide ich alles, was überhaupt irgendeine bestimmte Kleiderordnung vorschreibt. Wer den Menschen nicht vertraut, dass sie nicht in vollgepisster Jogginghose auftauchen, der hat keine Gäste verdient. Ja, vielleicht bin ich da etwas streng, das kann schon sein. Auf jeden Fall werde ich nun eine Ausnahme machen müssen und im … ja, in was gehe ich da eigentlich hin, wenn der Mann einen Smoking tragen muss? Ich frage das Internet nach »Dresscode Smoking Frau«, und Style.de antwortet mir: »Für die Frauen bedeutet das: langes Abendkleid oder ein kurzer Cocktail-Dress.« Tja. Blöd für mich. Beides habe ich
Weitere Kostenlose Bücher