Hab ich selbst gemacht
fehlendes Zubehör zu besorgen.
Weil ich mir nämlich für dieses Mal vorgenommen habe, mich sklavisch an die Anleitung zu halten, brauchte ich Bügelvlies. Das ist ein feines Material, das man in Kleidungsstücke einnäht oder – bügelt, um bestimmte Partien etwas steifer zu machen, zum Beispiel einen Hemdkragen. Oder im Falle meines Kleides: die drei Zentimeter breite Taille, damit der dünne, etwas schlüpfrige Stoff fester am Körper sitzt. Früher hätte ich diesen Punkt in der Anleitung einfach ignoriert. Weil ich keine Lust gehabt hätte, extra solches Vlies zu besorgen – und es würde ja auch so irgendwie gehen. Jetzt aber, da ich die Streberin in mir entdeckt habe, besuchte ich mal wieder den Kurzwarenladen mit den strickenden Omis auf ihren geblümten Kissen im Schaufenster, kaufte etwas Bügelvlies, eine Rolle schwarz glänzendes Nähgarn und einen »blinden« Reißverschluss. So etwas kannte ich bisher gar nicht und ließ ihn mir von der Verkäuferin empfehlen: Die Zähne des Reißverschlusses sind nicht wie üblich außen am Kleidungsstück zu sehen, sondern auf der Innenseite versteckt. Der Vorteil: Der Reißverschluss trägt nicht auf. Was gerade für elegantere Kleidung eine ziemlich gute Erfindung ist.
Außerdem musste ich noch schwarze Baumwolle kaufen. Ich hatte mich nach dem Mittagessen bei meiner Mutter telefonisch beschwert, als Nächstes würden die Besätze anstehen und dass ich Besätze hasste. Sie hörte sich meinen Gefühlsausbruch an und sagte dann nüchtern: »Lass doch die Besätze weg.«
»Wie?« Besätze sind schmale Stoffstreifen, die rechts auf rechts an die Kanten eines Kleidungsstücks genäht werden, zum Beispiel im Ausschnitt, und wenn man sie dann nach innen klappt und kräftig bügelt, hat man einen schön versäumten Ausschnitt, der auch innen, sollte man mal hineinlinsen können, gut aussieht. Allerdings, und das löst meinen Hass auf Besätze aus, ist das Einnähen von Besätzen meist eine blöde Fummelei, und am Ende werfen sie Falten oder drehen sich nach außen, weil sie ja nur schmale Stoffstreifen sind und dem eigentlichen Kleidungsstück nicht genug Kraft entgegensetzen können. Eine etwas zu enge Naht zieht sie dann einfach so nach außen, der Ausschnitt sieht gar nicht mehr schön aus, und man schämt sich oder zuppelt den ganzen Abend an sich herum.
Also wie?
»Du schneidest die oberen Teile des Kleides einfach noch mal aus schwarzer Baumwolle zu, nähst sie als eigenes Oberteil zusammen und dann in das Oberteil des Kleides ein.«
»Tolle Idee«, antworte ich. Ich habe eine schlaue Mutter! Denn so verschwinden nicht nur alle Nähte zwischen den beiden Lagen Stoff, sondern ich spare mir auch gleich noch die Frage, welche Unterwäsche ich unter dieses ziemlich weit, weil nicht rund, sondern viereckig ausgeschnittene Kleid ziehen könnte. Die Lage Baumwolle, die Nervositätsschweiß auffängt, würde dann gleich im Kleid drinstecken. Genial.
Und so kaufte ich einen Meter weiche schwarze Baumwolle und verbrachte den Samstagabend damit, sie zu bügeln und die Oberteile des Kleides noch einmal zuzuschneiden.
Heute, am Sonntag, bin ich schon reichlich erledigt. Trotzdem setze ich mich nach einem langen Frühstück wieder an die Nähmaschine. Ich zwinge mich zur Disziplin. Denn dieses Kleid muss ich in gut drei Wochen anziehen, egal, ob esfertig ist oder nicht. Da der Mann und ich zwischendurch für zwei Wochen in den Urlaub fahren, ist das nicht mehr ganz so viel Zeit.
Ich sortiere die vorbereiteten Einzelteile meines Kleides. Es ist etwas unübersichtlich geworden, aus ganzen 23 Teilen besteht dieses Kleid, stelle ich fest, als ich kleine Häufchen gemacht und durchgezählt habe. Da liegen vor mir: zwei Ärmel aus Taft, zwei Ärmel aus Baumwolle, ein vorderes und zwei rückwärtige Oberteile jeweils aus Taft und Baumwolle, je ein vorderer Taillenstreifen aus Taft, Baumwolle und Vlies, je zwei rückwärtige Taillenstreifen aus Taft, Baumwolle und Vlies, eine vordere Rockbahn, zwei rückwärtige Rockbahnen und ein Reißverschluss.
Die Ärmel, die Rockbahnen und den Reißverschluss lege ich erst einmal zur Seite. Heute ist das Oberteil dran, zuerst die Taftteile. Ich bügle das Vlies auf den Stoffstreifen, hefte grob und per Hand die Abnäher an Brust und Schulterblättern ab sowie die Oberteile aneinander und kontrolliere, ob sie einigermaßen gut sitzen. Der Mann muss am Rücken die beiden Rückenteile mit Stecknadeln zusammenpinnen, dann schaue ich mir im
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