Hab ich selbst gemacht
mir, dass sie mittlerweile nicht nur ihre Kinder mit Schals versorgt, sondern sich selbst auch eine Mütze mit Lochmuster gemacht hat. Überhaupt verblüffte sie mich mit ihrem Ehrgeiz: Sie hat nicht nur gelernt, wie man Löcher strickt, sondern hat sich auch fachmännisch beigebracht, wie man zusätzliche Maschen aufnimmt oder zwei Maschen zusammenstrickt, um ein Strickstück breiter oder schmaler werden zu lassen. Während ich an meinem Pullover arbeitete und wir quatschten und Tee tranken, flog ihr Blick immer wieder zwischen einem alten Strick-Lehrbuch – »meiner Oma abgeschwatzt« – und ihrem Strickhalstuch hin und her. Die beste Freundin brachte sich gerade selbst bei, wie man kleine Knubbel strickt. »Weil so ein knubbeliges Halstuch doch sicher lustig ist«, sagte sie. Als ich wieder nach Hause fuhr, hatte sie jedenfalls auch das Knubbelstricken drauf, und mir wurde klar, dass ich in Zukunft, wann immer ich noch etwas Neues in Sachen Stricken lernen wollte, einfach zu ihr gehen könnte.
Das Stricken versöhnt mich dann wieder mit dem Landleben. Mein neues Können macht mir so viel Freude, dass ichin meinem Kopf schon eine kleine Liste angelegt habe, was ich demnächst alles stricken werde: eine Strickjacke in Norwegermuster zum Beispiel. Oder Knubbel, die will ich auch lernen. Das dann aber gerne alles in meinem Wohnzimmer in der Stadt.
[Menü]
Tag 262
Ein »Bert« soll es sein
Der Mann und ich haben ein Date mit drei Litern Milch, einem großen Topf, einer Schöpfkelle. Und wenn diese Verabredung gut läuft, haben wir am Ende des Tages einen Käse.
Seitdem ich beim Anderlbauer gelernt habe, wie das mit dem Käsemachen funktioniert, sind schon beinahe zwei Monate vergangen. Dabei wollte ich am liebsten sofort loslegen, nachdem ich den Bauernhof verlassen hatte. Aber erst kam die Pflaumenmarmelade dazwischen, dann der Urlaub – jetzt endlich haben wir uns einen ganzen Samstag freigehalten, um bei uns zu Hause Käse zu machen.
Der Mann legt eine bisher ungekannte Begeisterung an den Tag: Nach dem Frühstück klatscht er in die Hände und ruft: »So!« Wir suchen alles zusammen, was wir brauchen werden, und das ist eine Menge. Der Platz in unserer Küche wird knapp:
Zwei große Töpfe, in die die Menge Milch passt, die verkäst werden soll. In unserem Fall: zwei Liter.
Ein Rührlöffel.
Ein Thermometer, das mindestens 20 Grad Celsius, aber auch bis zu 95 Grad anzeigen können muss. Wir haben glücklicherweise seit Jahren ein Steakthermometer in der Schublade. Das hat der Mann irgendwann mal geschenkt bekommen und dann mit in unseren gemeinsamen Haushalt eingebracht. Aber wegen meiner Weigerung, Fleisch zu essen, liegt es immer noch unbenutzt dort, wo es beim Einzug gelandet ist. Bis heute.
Die große Brotbüchse, die ich als Keller-Ersatz gekauft habe, und die Abwascheinlage.
Eine ehemalige Seifenschale aus Edelstahl mit großen Löchern im Boden, um darin die gestockte Milch zu Käse werden zu lassen.
Eine Auflaufform oder Ähnliches zum Auffangen der Molke.
Mehrere dicke Decken.
Und natürlich die Zutaten: zwei Liter frische Vollmilch, ein Liter Ziegenmilch, ein Becher Buttermilch, jodfreies Salz und Lab.
Das mit den Hauben, Kitteln und Schutzüberzügen über den Schuhen lassen der Mann und ich mal bleiben, wir waschen uns einfach nur gründlich die Hände. Bevor aber überhaupt irgendwas losgeht, müssen wir entscheiden, welchen Käse wir machen wollen. Vom Anderlbauern habe ich Rezepte für Frischkäse, Weichkäse, halbfesten Schnittkäse, Camembert und Canestrato bekommen. Für mich steht jetzt schon fest: Ich will einen Ziegenbert – den Käse, in den ich mich vor zwei Monaten spontan verliebt habe. Deswegen habe ich auch gestern einen frischen Camembert gekauft. Wegen dessen Pelz. Den wir ihm nachher wegnehmen werden, um ihn als Starter für die Pilzkultur zu benutzen.
Außerdem entscheiden wir uns dafür, Frischkäse zu machen, den wir in Kräuteröl einlegen wollen.
»Lass uns Frischkäse aus Ziegenmilch machen«, schlägt der Mann vor.
»Ich will aber Ziegenbert!«
»Aber der Camembert schmeckt aus Kuhmilch genauso gut, Ziegenfrischkäse schmeckt aber viel besser als der ausKuh.« Der Mann kriegt einen leicht nörgelnden Tonfall. Ich sollte ihn nicht gleich am Anfang vergraulen, allein könnte das Käsemachen langweilig werden, immerhin zieht es sich über Stunden hin. Also sage ich: »Abgemacht.«
Der Mann liest die Rezepte von Camembert und Frischkäse vor, aber in einem
Weitere Kostenlose Bücher