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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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einfacher gewesen.
    Der Mann wickelt den Kuhmilchtopf aus seinem gemütlichen Sofaplatz aus, wir kontrollieren noch mal die Temperatur, erstaunlicherweise sind es immer noch 35 Grad, ich rühre die Schimmelschnipsel und das Lab gut unter, dann verstaut der Mann den Topf wieder im Deckenberg. Währenddessen halbiere ich schon mal eines der übrig gebliebenen Fünftel vom Fünftel von der Hälfte und rühre diesen minikleinen Haufen Krümel in die Ziegenmilch, dann kommt auch dieser Topf zurück unter eine dicke Decke.
    Nachdem der Mann und ich Brotzeit gemacht haben, holen wir eine weitere Stunde später die beiden Töpfe in die Küche und öffnen sie neugierig.
    »Hier gibt es Gelee«, sagt der Mann, der in den Topf mit der Kuhmilch schaut. Ich hebe den Deckel von meinem Topf und bin enttäuscht: »Hier gibt es dicke Milch.« Deckel wieder drauf, Topf noch mal unter die Decke. Kümmern wir uns erst mal um den Kuhmilchpudding, der muss jetzt geschnitten werden, »Bruchbereitung« hatte Johann Huber das genannt.
    Ganz langsam fahre ich mit einem schmalen langen Bratwender einmal mitten durch den Käsepudding. Er leistet keinen Widerstand, eigentlich sollte das hier langweiliger sein als Pizzaschneiden, weil dem Schneiden kein köstliches Essen folgt, sondern nur 15 Minuten erneutes Warten. Trotzdem ist es aufregender, denn zum ersten Mal stellt sich das Gefühl ein: Es könnte klappen.
    Bis hierhin ist mir der Gedanke, wirklich selbst Käse machen zu können, nämlich extrem spinnert vorgekommen. So praktikabel, wie meine Notizblöcke aus selbst geschöpftem Papier zu binden. Aber jetzt, da es wirklich nach Plan läuft, zumindest beim Kuhtopf, da bin ich aufgeregt, ob wir es wirklich hinkriegen. Ich habe die Masse sieben Mal längs eingeschnitten, übergebe den Bratwender an den Mann, und der schneidet sieben Mal quer – mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen. Ihm geht es wie mir, ha! Von wegen, blödes Selbermachen, das er in den letzten Monaten immer mal wieder verflucht hat.
    Der Käsebruch kommt jetzt ein vorletztes Mal für eine Viertelstunde in seine Kuschelecke, dann schneiden wir ihn erneut in noch kleinere Quadrate, lassen ihm seine letzten 15 Minuten, und dann wird endlich Käse gemacht. Vorher will ich aber gleich warnen: Das Tempo nimmt jetzt keinesfalls zu. Es bleibt dabei: kurzer Handgriff, warten, Handgriff, warten. So wird Käse gemacht. Der nächste Handgriff ist allerdings der aufwendigste: Der Käsebruch wird aus dem Topf geschöpft, die Molke, die sich durch das Zerschneiden der Gallertmasse abgesetzt hat, bleibt drin.
    Schon nach der ersten Schöpfkelle voll Käsebruch, der eine Konsistenz wie Seidentofu hat, nur leider noch langweiliger schmeckt, wird uns klar, dass die ehemalige Seifenschale, die wir zur Käseform ernannt haben, niemals ausreichen wird. Der Käse wird zwar im Laufe der Stunden immer weiter schrumpfen, je mehr Molke austritt nämlich. Aber er muss ja auch im Wabbelzustand erst mal irgendwo rein.

    Also begeben wir uns auf die Suche nach einem passenden Abtropfgefäß. Der Mann sucht in der Abstellkammer nach etwas Brauchbarem, ich reiße alle Küchenschränke auf, krame Dosen und Schüsseln heraus, aber nichts will so richtig passen für unseren Zweck. Letztendlich lande ich im Gemüsefach und reiße die Plastikschale mit Rucola heraus, die am Vortag in der Gemüsekiste lag.
    »Das ist es!«, rufe ich dem Mann zu, der sich erleichtert die wirren Haare etwas glatt streicht. »Ich geh dann mal aufräumen«, sagt er matt und trottet zurück in die Abstellkammer. Ich verfrachte den Rucola in eine Tüte und zurück ins Gemüsefach, wasche die Schale ab und fange an, mich mit einem Nagel und einem sehr dicken Kreuzschraubendreher daran zu schaffen zu machen: kleines Loch mit dem Nagel reinmachen, Loch mit dem Schraubendreher auf einen halben Zentimeter Durchmesser ausleiern. Alles von innen nach außen, damit die Lochkanten sich nach außen stülpen und überhaupt etwas abfließen kann. Viele, viele Male, bis der Boden ganz zerlöchert ist und auch an der Seite so viele Lecks sind, dass die Molke ablaufen kann.
    Ich stelle die zerlöcherte Plastikschale in die Auflaufform, der Mann schöpft Käsebruch hinein, die Molke läuft außen ab, alles, wie es sein soll. Nach zwanzig Minuten haben wir den Topf leer, gießen die Molke aus Topf und Auflaufform in den Abfluss und lassen dem Käse ein paar Minuten, um noch mehr Flüssigkeit abzusondern. Denn gleich soll der Käse zum ersten Mal

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