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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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der blanken Erde und den nackten Bäumen.
    »Tschüs, lieber Garten«, sage ich, trage das Unkraut zum Müllcontainer und schließe dann ein letztes Mal das Gitter zur Garagendachtreppe.
    Oben in der Wohnung, am Computer, suche ich nach einer Antwort auf die Kartoffelfrage. Und werde in einem Arbeitsblatt für die dritte Klasse fündig: Schritt für Schritt und mit Bildern illustriert ist dort für die Grundschulkinder erklärt, wie aus einer Kartoffel viele werden, und das geht so:
    Aus den Augen der Kartoffel wachsen kleine Triebe. Die Kartoffel keimt. Die keimende Kartoffel wird als Mutterknolle in die Erde gepflanzt. Aus den Keimen, die nach unten wachsen, werden Wurzeln und Ausläufer. Die Keime, die nach oben wachsen, durchbrechen etwa nach vier Wochendie Erde. Sie bilden einen Stängel mit Blättern. Die Kartoffelpflanze wächst. Etwa nach zehn Wochen blüht sie. Unter der Erde schrumpft die Mutterknolle zusammen, und an den Ausläufern bilden sich etwa zehn bis 15 neue Tochterknollen. Die Kartoffelpflanze verwelkt. Ihre ganze Kraft geht in die Kartoffelknollen. Die Kartoffeln sind jetzt reif und werden geerntet.
    Ich rufe nach dem Mann und lese ihm die einzelnen Entwicklungsschritte vor. »Ist gar nicht so mysteriös wie gedacht«, sage ich zu ihm.
    »Aber trotzdem ganz schön interessant, davon habe ich vorher noch nie was gehört.«
    Er schaut noch mal auf das Arbeitsblatt, auf die Bilder, welche die Drittklässler den einzelnen Entwicklungsschritten zuordnen sollen. »Toll«, sagt er. »Ich habe auch was für dich zum Angucken, komm mit.« Er zieht mich mit sich Richtung Wohnzimmer, wo am offenen Fenster unsere Käsebox steht, hockt sich davor und sagt: »Schau!«

    Ich hocke mich neben ihn und kneife die Augen zusammen, um durch die beschlagenen Wände der Brotbüchse etwas zuerkennen. Und tatsächlich! Da! Der Käse bekommt einen feinen, weißen Flaum. Kuschelig schaut das aus. Wie ein kleines Babyhaustier.

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Tag 275
Handwerkerglück
    Heute spielen der Mann und ich »Wohnen nach Wunsch«. Oder so. Jedenfalls werden wir ein bisschen renovieren – und zwar unser sehr braunes Bad in ein möglichst weißes Bad verwandeln.
    Unsere Wohnung liegt in einem Altbau und ist deshalb zwar ziemlich groß, aber auch ziemlich heruntergewohnt und unsaniert. Jedes Zimmer hat einen anderen Fußboden, manche Wände sind tapeziert, andere nur geweißelt; die einzige Neuerung beim Einzug in diese Wohnung war, dass der Vermieter den braunen PVC – Fußboden in der Küche und die braunen Kacheln über der Spüle gegen hellgrauen Bodenbelag und weiße Kacheln austauschte. Das Bad allerdings blieb Ton-in-Ton, nämlich Braun-in-Braun, und die Hausverwaltung übergab es uns mit den Worten: »Hier drin können Sie machen, was Sie wollen.« Noch in der ersten Woche fuhr ich mit meiner Mutter in einen Baumarkt, kaufte ein neues Waschbecken und einen 15er-Bohrer, mit dem wir eben jenes Waschbecken anbrachten. Seitdem haben wir ein braunes, ein Meter langes Monsterwaschbecken auf dem Dachboden liegen, und ich habe seit sechs Jahren keine Idee, wo man so etwas entsorgt.
    Auch den viertürigen Spiegelschrank rissen wir von der Wand, wir brachten einen weißen Duschvorhang und einen großen alten Holzspiegel an, hängten einen kitschigen Kronleuchter auf, stellten eine 50er-Jahre-Kommode hinein – um dieses Bad irgendwie wohnlich zu machen. Nur die braune Badewanne und die braunen Fliesen blieben.
    Immer mal wieder überfiel mich der Übermut, und ich verkündete, das Bad neu kacheln zu wollen. Und immer wieder überredete mich der Mann, das nicht zu tun. Viel Überredungskunst brauchte er nicht, immerhin ging es hier um viel Dreck, viel Arbeit und gut zwanzig Quadratmeter Wandkacheln. Plus zwölf Quadratmeter Bodenfliesen, falls wir diese auch gleich noch rausreißen wollten.
    Der Plan, etwas für die Attraktivität unseres Badezimmers zu tun, verschwand also regelmäßig so schnell wieder in der Versenkung, wie er aufgetaucht war. Und dann sah ich eine dieser Renovierungsshows, die in den letzten Jahren im Fernsehen so wahnsinnig populär waren. Mittlerweile laufen sie nur noch vereinzelt, aber Anfang des Jahrtausends wurde ja auf allen Kanälen gespachtelt, verdübelt, wurden Wände versetzt und Dächer neu gedeckt. Ich kann dem Vorher-nachher-Prinzip dieser Shows mehr abgewinnen als einer Gesichts-Frisur-Klamotten-Renovierungs-Bildstrecke in Frauenzeitschriften . Das Prinzip ist ja das gleiche, faszinierende: Aus Alt mach

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