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Hab ich selbst gemacht

Hab ich selbst gemacht

Titel: Hab ich selbst gemacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Klingner
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Feier des Tages beziehungsweise des Bades wird er jetzt angeschnitten. Er fühlte sich am Morgen beim Wenden schon ganz weich an, und der Schimmel ist seit ein paar Tagen dick und gleichmäßig über den gesamten Käse verteilt. Der Mann gießt uns dazu ein Glas Wein ein.
    Wir schneiden den Käse an, ganz vorsichtig lasse ich das Messer durch die Rinde des Camemberts gleiten und schaue gespannt ins Innere. Cremig schaut er aus. Ich schneide zwei Ecken ab, der Mann und ich stecken sie uns in den Mund. Er fühlt sich auf der Zunge genauso cremig an, wie er aussieht. Salzig ist der Käse. Lecker.
    »Mhhh«, mache ich.
    »Mhhh«, macht auch der Mann. Er hebt sein Weinglas, prostet mir zu und sagt: »Dein Selbermachjahr gefällt mir immer besser.«
    Dann schneidet er dicke Scheiben vom frischen Schwarzbrot ab, und von da an können wir nicht mehr aufhören zu essen, bis wir ein halbes Brot und fast das ganze Stück Käse aufgegessen haben.
    ›Wie toll ist das denn – ein selbst gemachter Käse?‹, denke ich die ganze Zeit.

    Eigentlich ist es natürlich total irrsinnig, seinen Käse selbst zu machen. Im größeren Stil wäre das für uns nichts – bei den Käsemengen, die wir in der Woche so essen. Aber dieses eine Mal hier, das ist ein Erlebnis und definitiv die Mühe wert. Allein wegen der Faszination, dass aus einem Liter Milch tatsächlich ein Stück Käse werden kann.
    Ich bin, ja: glücklich. Was für ein guter Tag: Endlich das Bad gestrichen und dann dieser wunderbare Käse, der so fantastisch reif ist.
    »Vielleicht sogar ein bisschen überreif«, sagt der Mann und kratzt in der kleinen Lache herum, die sich auf dem Käseteller gebildet hat. Am Rand des Käses zwischen Rinde und dem weichen Innenleben hat sich eine ziemlich flüssige Schicht gebildet, was vielleicht wirklich ein Zeichen dafür sein könnte, dass er eigentlich schon vor ein paar Tagen verzehrfertig gewesen wäre. Oder dass wir ein bisschen zu viel Salz genommen haben, um den Käse einzureiben. Denn er schmeckt salziger als normaler Camembert, und vielleicht zieht das Salz ja auch im Inneren das Wasser aus dem Käse?
    Sollten wir irgendwann noch einmal Käse machen, werden wir ihn sparsamer salzen und früher probieren, dann löst sich das Rätsel vielleicht. Im Moment ist es mir aber ziemlich egal. Ich bin satt. Bis oben hin voll mit selbst gemachtem Brot und selbst gemachtem Käse.

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Tag 283
Handtellergroßer Wahnsinn
    Mir ist schlecht. Ich habe die großartigsten Cookies aller Zeiten gebacken.
    Das ist nicht etwa ein Gegensatz, sondern eine zwangsläufige Folge. Diese Cookies schmecken wie der Wahnsinn höchstpersönlich. Deswegen habe ich viel zu viele gegessen. Noch dazu sind die Cookies bauarbeiterhandtellergroß, und so sind »ein paar Kekse« schnell so mächtig wie zwei Portionen Schweinebraten mit Klößen. Glücklicherweise hat mir der Mann beim Essen geholfen und so verhindert, dass ich mich ins Koma esse.
    Stattdessen sitzen wir jetzt beide mit prallen Bäuchen auf dem Sofa und können nicht mehr denken, geschweige denn uns bewegen. Und das, obwohl ich das Rezept sogar ein bisschen verändert, weniger Zucker und Butter genommen habe, um die Gefahr eines Herzinfarktes wenigstens teilweise zu reduzieren. Ich merkte nämlich schon beim Lesen des Rezeptes, wie sich meine Herzkammern ein kleines bisschen zusammenkrampften. Und meine Mutter hat mir beigebracht: Bei Kuchenrezepten aus Büchern kann man immer die Zucker- und die Butterangaben um ein Fünftel reduzieren.
    Das Rezept stand auf der »Dining & Wine«-Seite der New York Times. Ich liebe diese Seite und wünschte, eine der großen deutschen Zeitungen würde ebenfalls eine solche Seite pflegen. Ich würde mich sofort als Redakteurin bewerben. Denn was bitte gibt es Besseres, als für den Job auf die Suche nach dem besten Cookie-Rezept aller Zeiten zu gehen und dafür die fünf besten Bäckereien New Yorks zu besuchen und sie nach ihren Backgeheimnissen auszufragen, wie es der Reporter in Sachen Cookie getan hat. Ich stelle mir dasals Traumjob vor: interessante Recherchen, viele Menschen kennenlernen, Geschichten übers Essen schreiben und ganz nebenbei noch die besten Rezepte verraten bekommen, die man dann nachkocht oder – backt.
    Und dieses Rezept sollte unbedingt nachgebacken werden:

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Tag 287
Zwei Mal Küchenputz
    Ich habe früh Feierabend gemacht, um endlich mal meine Gartensachen aufzuräumen. Es ist schon Mitte Oktober, seit Wochen ist die Saison vorbei,

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