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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Lichter aus.
    «Was hast du denn vor, Harry?» fragte mich Eddy. Er hatte schon wieder Schiß.
    «Was glaubst du wohl?»
    «Ich weiß nicht», sagte er. «Du hast mir Angst gemacht.» Er war ziemlich nah am Tatterich, und als er in meine Nähe kam, roch er aus dem Mund wie ein Aasgeier.
    «Wieviel Uhr ist es?»
    «Ich geh mal runter und seh nach», sagte er. Er kam wieder rauf und sagte, es wäre halb zehn.
    «Hast du Hunger?» fragte ich ihn.
    «Nein», sagte er. «Weißt du, Harry, ich könnte nicht essen.»
    «Na schön», sagte ich zu ihm. «Du kannst einen haben.» Nachdem er einen getrunken hatte, fragte ich ihn, wie’s ihm ginge. Er sagte, es ginge ihm großartig.
    «Sehr bald kriegst du noch ein paar», sagte ich zu ihm. «Ich weiß, daß du keine cojones hast, außer wenn du Rum kriegst, aber wir haben nicht viel an Bord. Also mach lieber sachte.»
    «Sag mir, was los ist», sagte Eddy.
    «Hör mal», sagte ich und sprach zu ihm in die Dunkelheit. «Wir sind nach Bacuranao unterwegs und holen dort zwölf Chinks ab. Du nimmst das Ruder, wenn ich es dir sage und tust, was ich dir sage. Wir nehmen die zwölf Chinks an Bord, und wir sperren sie vorne unter Deck ein. Geh mal jetzt nach vorn und mach die Luke von außen fest zu.»
    Er ging rauf, und ich sah ihn schattenhaft gegen das Dunkel. Er kam zurück, und er sagte: «Harry, kann ich einen davon vielleicht schon jetzt haben?»
    «Nein», sagte ich. «Sauf dir Mut an, aber bleibe okay.»
    «Ich bin ein ordentlicher Kerl, Harry. Du wirst schon sehen.»
    «Du bist ein Süffel», sagte ich. «Hör mal zu, ein Chink bringt die andern zwölf heraus. Wenn’s losgeht, wird er mir etwas Geld geben. Wenn sie alle an Bord sind, wird er mir das restliche Geld geben. Sobald du siehst, daß er anfängt, mir zum zweitenmal Geld zu geben, wirfst du an und legst los und hältst auf See raus. Und kümmer dich nicht um das, was passiert. Du steuerst seewärts, ganz egal, was passiert. Verstehst du?»
    «Ja.»
    «Wenn einer von den Chinks versuchten sollte, aus der Kajüte auszubrechen oder durch die Luke zu kommen, wenn wir erst mal unterwegs sind, nimmst du das Repetiergewehr da und knallst sie ab, genauso fix, wie sie rauskommen. Weißt du mit dem Repetiergewehr Bescheid?»
    «Nein, aber du kannst mir’s doch zeigen.»
    «Wirst du nie behalten. Weißt du mit der Winchester Bescheid?»
    «Einfach den Hebel vorstoßen und schießen.»
    «Genauso», sagte ich. «Aber schieß mir keine Löcher in den Schiffsrumpf.»
    «Gib mir mal lieber noch einen zu trinken», sagte Eddy.
    «Schön, ich werd dir einen kleinen geben.»
    Ich gab ihm einen ordentlichen. Ich wußte, daß es ihm jetzt nichts anhaben würde, nicht, wo er es in all die Angst hineingoß. Sondern jeder würde nur kurze Zeit vorhalten. Nachdem er getrunken hatte, sagte dieser Eddy, gerade so, als ob er sich darüber freute: «Wir werden also Chinks verfrachten. Na, bei Gott, ich hab immer gesagt, ich verfrachte Chinks, wenn ich mal pleite bin.»
    «Aber bisher warst du noch nie pleite, was?» sagte ich zu ihm. Er war schon komisch.
    Bevor es halb elf war, gab ich ihm noch drei, damit er mutig blieb. Es war komisch, ihn zu beobachten, und es hielt mich davon ab, selber daran zu denken. Ich hatte nicht mit all der Warterei gerechnet. Mein Plan war, nach Dunkelheit den Hafen zu verlassen, gerade so aus dem Lichtkreis raus und an der Küste entlang bis Cojimar zu fahren. Es war kurz vor elf, als ich die Lichter an der Landzunge auftauchen sah. Ich wartete ein bißchen, und dann steuerte ich das Boot langsam auf Land zu. Bacuranao ist eine kleine Bucht, wo früher mal eine große Verladeanlage für Sand war. Wenn die Regengüsse die Barre an der Mündung wegspülen, ergießt sich dort ein kleiner Fluß ins Meer. Im Winter häufen die Nordwinde den Sand auf und verstopfen die Mündung. Früher fuhr man mit Schonern hinein und lud Guaven vom Fluß aus, und früher war dort eine Stadt. Aber der Orkan zerstörte sie, und sie ist jetzt völlig verschwunden bis auf ein einziges Haus, das ein paar Gallegos aus den Bretterbuden, die der Orkan niedergefegt hatte, aufbauten, und das wird sonntags als Clubhaus benutzt, wenn die Leute zum Schwimmen oder Picknicken aus Havanna kommen. Es gibt noch ein Haus, in dem der Regierungsvertreter wohnt, aber es liegt ein Stück vom Strand ab.
    Jeder kleine Ort wie dieser, die ganze Küste entlang, hat einen Regierungsvertreter, aber ich stellte mir die Sache so vor, daß der Chink sein eigenes

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