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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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so schnell wie möglich loswerden», sagte ich zu ihm, «bevor sie mir die Kajüte verstänkern.»
    «Wo willst du sie absetzen?»
    «Wir setzen sie irgendwo direkt auf dem langen Strand ab», sagte ich zu ihm.
    «Soll ich jetzt ranhalten?»
    «Aber ja doch», sagte ich. «Halte langsam ran.»
    Wir fuhren langsam über das Riff weg und zu einer Stelle, wo ich den Strand schimmern sehen konnte. Über dem Riff ist reichlich Wasser, und drinnen ist alles sandiger Grund, und er steigt direkt zum Ufer an.
    «Steig vorne rauf und gib die Tiefe an.»
    Er lotete wieder und wieder mit einer markierten Stange und winkte mir mit ihr zu, weiterzufahren. Dann kam er achteraus und gab mir ein Zeichen zu stoppen. Ich gab rückwärts.
    «Es sind ungefähr fünf Fuß.»
    «Wir müssen Anker werfen», sagte ich. «Falls irgendwas passiert, so daß wir keine Zeit haben, ihn raufzuhieven, können wir kappen oder brechen weg.»
    Eddy ließ Leine auslaufen, und als der Anker nicht mehr schleppte, machte er fest. Wir schwoiten mit dem Heck nach Land.
    «Weißt du, es ist sandiger Grund», sagte er.
    «Wie hoch steht das Wasser am Heck?»
    «Nicht mehr als fünf Fuß.»
    «Du nimm das Gewehr», sagte ich. «Und sei vorsichtig.»
    «Gib mir einen», sagte er. Er war mächtig nervös.
    Ich gab ihm einen und langte das Repetiergewehr herunter. Ich riegelte die Kajütentür auf, öffnete sie und sagte: «Kommt raus.»
    Nichts geschah.
    Dann steckte einer der Chinks den Kopf raus und sah Eddy mit seinem Gewehr dastehen, und weg war er.
    «Los, kommt raus. Keiner tut euch was», sagte ich.
    Nichts zu wollen. Nur eine Masse Gerede auf chink.
    «Los, kommt raus, ihr da», sagte Eddy. Gott nein, mußte der gesoffen haben.
    «Tu die Flasche weg», sagte ich zu ihm, «oder ich schieße dich über den Haufen. Los, kommt raus», sagte ich zu denen, «oder ich schieß zu euch rein.»
    Ich sah, wie einer von ihnen an der Ecke der Tür rausguckte, und offensichtlich hatte er den Strand gesehen, denn er begann zu plappern.
    «Los, kommt», sagte ich, «oder ich schieße.»
    Da kamen sie raus.
    Na, ich sage Ihnen, man müßte schon ein hundsgemeiner Kerl sein, um eine Bande Chinks, wie die hier, abzuschlachten, und wetten, daß es da auch eine Masse Ärger geben würde, vom Schmutz ganz zu schweigen.
    Sie kamen heraus, und sie hatten Todesangst, und Gewehre hatten sie keine, aber es waren zwölf von der Sorte. Ich ging rückwärts hinunter zum Heck, das Gewehr schußbereit.
    «Macht über Bord», sagte ich. «Es geht euch nicht übern Kopf.»
    Keiner rührte sich.
    «Los mit euch.»
    Keiner rührte sich.
    «Ihr gelben, ausländischen Rattenfresser», sagte Eddy. «Macht über Bord.»
    «Halt deine besoffene Klappe», sagte ich.
    «Nicht schwimmen», sagte ein Chink.
    «Nicht nötig schwimmen», sagte ich. «Nicht tief.»
    «Los, macht über Bord», sagte Eddy.
    «Komm nach achtern», sagte ich. «Nimm dein Gewehr in eine Hand und deine Stange in die andere, und zeig ihnen, wie tief es ist.»
    Er hielt die nasse Stange hoch und zeigte es ihnen.
    «Nicht nötig schwimmen?» fragte mich der eine.
    «Nein.»
    «Wahr?»
    «Ja.»
    «Wo wir?»
    «Kuba.»
    «Du verdammter Schuft», sagte er und ließ sich über die Bordseite hinunter, hielt sich fest und ließ dann los. Sein Kopf tauchte unter, aber er kam an die Oberfläche rauf, und sein Kinn war über Wasser. «Verdammter Schuft! Gottverdammter Schuft!»
    Er war wütend, aber Mut hatte er auch, und wie. Er sagte etwas auf chinesisch, und die anderen begannen vom Heck aus ins Wasser zu gehen.
    «Okay», sagte ich zu Eddy. «Hol den Anker rauf.»
    Als wir hinaussteuerten begann der Mond heraufzukommen, und man konnte die Chinks ans Land waten sehen, gerade mit den Köpfen überm Wasser, und die Helligkeit des Strandes und das Gestrüpp dahinter.
    Wir fuhren raus, übers Riff weg, und ich blickte einmal zurück und sah den Strand, und die Berge begannen sichtbar zu werden; dann nahm ich Kurs auf Key West.
    «Jetzt kannst du dich schlafen legen», sagte ich zu Eddy. «Nein, warte, geh runter und mach alle Bullaugen auf, um den Gestank rauszukriegen, und bring mir das Jod mit rauf.»
    «Was ist denn los?» fragte er, als er es brachte.
    «Hab mich in den Finger geschnitten.»
    «Soll ich steuern?»
    «Schlaf man», sagte ich. «Ich werd dich wecken.»
    Er legte sich auf die eingebaute Bank am Cockpit über dem Benzintank, und kurz darauf war er eingeschlafen.

5
    Ich hielt das Ruder mit dem Knie und zog mein Hemd

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