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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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das Zeug gar nicht brennen, daß du ein ordentlicher Kerl bleibst», sagte ich zu ihm. Aber ich machte mir seinetwegen keine Gedanken mehr, denn wer würde ihm schon glauben? Mr. Sing würde sich nicht beschweren. Die Chinks auch nicht. Wissen Sie, und der Junge, der sie rausgewriggt hatte, auch nicht. Der würde sich nicht selbst in Ungelegenheiten bringen wollen. Eddy, der würde früher oder später darüber quasseln, möglich, aber wer glaubt einem Süffel schon?
    Na, und wer konnte irgendwas beweisen? Klar, es hätte viel mehr Gerede gegeben, wenn sie seinen Namen auf der Mannschaftsliste gesehen hätten. Da hab ich schon Glück gehabt, und wie. Ich hätte sagen können, daß er über Bord gefallen sei, aber so was gibt ‘ne Masse Gerede. Auch allerhand Dusel für Eddy. Allerhand Dusel, und ob!
    Dann kamen wir an die Stromgrenze, und das Wasser war nicht mehr blau, sondern hell und grünlich, und ich konnte in ihm die Pfähle auf den Eastern und Western Dry Rocks sehen und die Radiomasten in Key West, das Hotel La Concha hoch über all den niedrigen Häusern herausragen und reichlich Rauch dort, wo sie Kehricht verbrennen. Der Leuchtturm von Sand Key war jetzt ziemlich nahe, und man konnte das Bootshaus sehen und den kleinen Hafen neben dem Leuchtturm, und ich wußte, daß wir jetzt nur noch vierzig Minuten brauchten, und ich war froh, zurückzukommen, und für die Sommerzeit hatte ich jetzt einen ganz anständigen Batzen Geld.
    «Wie wär’s mit ‘nem Schluck, Eddy?» sagte ich zu ihm.
    «Ach, Harry», sagte er. «Ich wußte immer, daß du mein Freund bist.»
    An jenem Abend saß ich im Wohnzimmer und rauchte eine Zigarre und trank einen Whiskey mit Wasser und hörte Gracie Allen im Radio zu. Die Mädchen waren ins Kino gegangen, und wie ich so dasaß war mir schläfrig zumute und wohl. Irgendwer war an der Haustür, und Marie, meine Frau, stand auf und ging raus. Sie kam zurück und sagte: «Es ist Eddy Marshall, der Süffel. Er sagt, er muß dich sprechen.»
    «Sag ihm, er soll verduften, sonst werd ich ihm Beine machen», sagte ich zu ihr.
    Sie kam wieder rein und setzte sich hin, und als ich aus dem Fenster sah, da, wo ich saß, mit den Füßen hoch, konnte ich Eddy mit einem anderen Süffel, den er irgendwo aufgegabelt hatte, unter dem Bogenlicht die Straße entlanggehen sehen. Die beiden schwankten hin und her, und ihre Schatten von dem Bogenlicht schwankten noch stärker.
    «Arme, gottverdammte Süffel», sagte Marie. «So ein Süffel tut mir immer leid.»
    «Der Süffel da, der hat Glück.»
    «Es gibt keinen Süffel, der Glück hat», sagte Marie. «Das weißt du, Harry.»
    «Ja», sagte ich, «wahrscheinlich gibt’s keinen.»

2
Harry Morgan / Herbst
1
    Sie kamen in der Nacht herüber, und von Nordwesten blies ein scharfer Wind. Als die Sonne aufgegangen war, sichtete er einen Tanker, der den Golf herunterkam, und er stand so hoch und weiß von der Sonne beschienen in der kalten Luft, daß er wie ein hohes Gebäude aussah, das aus dem Meer aufragt, und er sagte zu dem Nigger:
    «Wo zum Teufel noch mal sind wir eigentlich?»
    Der Nigger richtete sich auf, um sich umzusehen.
    «So was gibt’s nicht diesseits von Miami.»
    «Du weißt verdammt gut, daß wir nicht nach Miami rauf getrieben sind», sagte er zu dem Nigger.
    «Ich sag ja nur, daß es kein solches Gebäude auf keinem Florida Key nicht gibt.»
    «Wir haben Kurs auf Sand Key gehalten.»
    «Dann müßten wir’s sehen. Das oder die amerikanischen Sandbänke.»
    Dann nach kurzem sah er, daß es ein Tanker war und kein Gebäude, und dann in weniger als einer Stunde sah er den Leuchtturm von Sand Key aufrecht, schlank und braun aus dem Wasser aufragen, genau dort, wo er sein sollte.
    «Man muß Vertrauen beim Steuern haben», sagte er zu dem Nigger.
    «Ich hab Vertrauen», sagte der Nigger. «Aber so, wie die Fahrt verlaufen ist, hab ich kein Vertrauen mehr.»
    «Wie ist dein Bein?»
    «Tut mir die ganze Zeit über weh.»
    «Ist aber weiter nichts», sagte der Mann. «Halt’s sauber und ordentlich verbunden, und es wird von selbst heilen.»
    Er steuerte jetzt westwärts, um Land anzulaufen und den Tag über zwischen den Mangroven von Woman Key versteckt zu liegen, wo einen niemand sehen würde und wo das Boot hinkommen sollte, um sie zu treffen.
    «Wird schon alles gut werden», sagte er zu dem Nigger.
    «Ich weiß nicht», sagte der Nigger. «Tut sehr weh.»
    «Ich werd dich ordentlich verbinden, sobald wir dort sind», sagte er zu ihm. «Du

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