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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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blauen Augen und den rotblonden, bierbenetzten Schnurrbart von Professor MacWalsey sehen. Professor MacWalsey sah vor sich hin, und während ihn Richard Gordon betrachtete, trank er sein Glas Bier aus. Er schob die Unterlippe vor und entfernte den Schaum von seinem Schnurrbart. Richard Gordon bemerkte, wie leuchtend blau seine Augen waren.
    Während Richard Gordon ihn beobachtete, verspürte er ein elendes Gefühl in der Magengegend. Und er wußte zum erstenmal, wie ein Mann sich fühlt, wenn er den Mann ansieht, um dessentwillen ihn seine Frau verläßt.
    «Was ist denn los, Kumpel?» fragte der rothaarige Veteran.
    «Nichts.»
    «Sie fühlen sich nicht wohl. Ich kann sehen, daß Sie sich schlecht fühlen.»
    «Nein», sagte Richard Gordon.
    «Sie sehen aus, als ob Sie einen Geist gesehen haben.»
    «Sehen Sie den Kerl da unten, mit dem Schnurrbart?» fragte Richard Gordon.
    «Den da?»
    «Ja.»
    «Was ist denn mit ihm los?» fragte der zweite Veteran.
    «Nichts», sagte Richard Gordon. «Verdammt noch mal! Nichts.»
    «Ärgert er Sie? Den können wir vermöbeln. Wir drei springen ihn an, und Sie können ihn mit Ihren Stiefeln bearbeiten.»
    «Nein», sagte Richard Gordon. «Das würde nichts daran ändern.»
    «Den kriegen wir, wenn er rausgeht», sagte der rothaarige Veteran. «Ich mag dem sein Gesicht nicht. Der Scheißkerl sieht mir wie ein Streikbrecher aus.»
    «Ich hasse ihn», sagte Gordon. «Er hat mein Leben zerstört.»
    «Dem werden wir’s zeigen», sagte der zweite Veteran. «So eine gemeine Ratte. Hör mal, rote Rübe, such mal ‘n paar Flaschen zusammen! Den schlagen wir tot. Hör mal, Freundchen, wann hat er denn das gemacht? Okay, wenn wir noch einen trinken?»
    «Wir haben noch einen Dollar und siebzig Cents», sagte Richard Gordon.
    «Vielleicht nehmen wir dann lieber ‘n Liter», sagte der rothaarige Veteran. «Mir schwimmt der Kopf bereits.»
    «Nein», sagte der andere. «Dies Bier ist gut für einen. Dies ist Faßbier. Bleiben wir ruhig bei Bier. Komm, los, wir wollen den Kerl verprügeln, und dann kommen wir wieder und trinken unser Bier aus.»
    «Nein. Laßt ihn in Ruhe!»
    «Nein, Genosse. Wir nicht. Du hast gesagt, daß die Ratte da deine Liebe ruiniert hat.»
    «Mein Leben, nicht meine Liebe.»
    «Herrje! Verzeihung. Tut mir leid, Genosse.»
    «Er hat seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt und die Bank ruiniert», sagte der andere Veteran. «Wetten, daß eine Belohnung auf seinen Kopf steht? Weiß Gott, ich hab heute ein Bild von ihm auf der Post gesehen.»
    «Was hast du denn auf der Post gemacht?» fragte der andere argwöhnisch.
    «Ich kann wohl keinen Brief abholen?»
    «Warum kriegst du deine Briefe denn nicht im Lager?»
    «Glaubst du, ich hab Geld aufs Postsparbuch eingezahlt?»
    «Was hast du auf der Post gemacht?»
    «Ich hab da nur mal Station gemacht.»
    «Da hast du eine», sagte sein Freund und holte, so gut er konnte, in dem Gewühl aus.
    «Seht euch die zwei Zellenbrüder an», sagte jemand.
    Während sie sich umklammert hielten und boxten, mit den Knien schubsten und stießen, wurden sie beide zur Tür rausbefördert.
    «Können sich auf dem Trottoir prügeln», sagte der breitschultrige Mann. «Die Kerls prügeln sich drei-und viermal an einem Abend.»
    «Das sind ein paar Saufbrüder», sagte ein anderer Veteran. «Die rote Rübe konnte früher mal boxen, aber jetzt hat er die alte Rale.»
    «Die haben sie beide.»
    «Die rote Rübe hat sie sich von einem Kerl im Ring geholt», sagte ein kleiner, untersetzter Veteran. «Der Kerl da hatte die alte Rale, und der ganze Rücken und die Schultern waren eine Schwäre. Jedesmal, wenn sie sich umklammert hielten, rieb er seine Schulter der roten Rübe unter die Nase oder über die Fresse.»
    «Ach Quatsch! Wozu hat er denn sein Gesicht da hingehalten?»
    «Das war die Art, wie die rote Rübe im Nahkampf den Kopf hielt. Runter, so. Und der Kerl sprang einfach brutal mit ihm um.»
    «Ach Quatsch! Die Geschichte ist ‘n Ammenmärchen. Kein Mensch hat sich je bei einem Ringkampf die alte Rale von irgendwem geholt.»
    «Das glaubst du. Hör mal, die rote Rübe, das war ein sauberer Kerl, wenn du je einen gesehen hast. Ich kannte ihn. Der war bei meiner Truppe. Der hat auch immer gut seinen Mann gestanden. Und ich meine gut. Er war auch mit einem ordentlichen Mädchen verheiratet. Und ich meine ordentlich. Und der Benny Sampson hat ihm die alte Rale angehängt, so wahr ich hier stehe.»
    «Dann setz dich!» sagte ein anderer

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