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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Narbe, die von einem seiner Augenwinkel bis übers Kinn herunterlief. Er sah auf den Rothaarigen herab und grinste.
    «Zuerst war’s ein Kunststück», sagte er. «Und jetzt ist es ein Vergnügen. Wenn mir von was übel werden könnte, würde mir von dir übel werden, rote Rübe.»
    «Dir wird leicht übel», sagte der erste Veteran. «Bei welcher Truppe warst du?»
    «Das würde dir nichts sagen, du beduselter Döskopf», sagte der große Mann.
    «Wollen Sie was trinken?» fragte Richard Gordon den großen Mann.
    «Nein, danke», sagte der. «Ich hab noch einen.»
    «Vergiß uns nicht», sagte einer der beiden Männer, mit denen Gordon hereingekommen war.
    «Noch drei Bier», sagte Richard Gordon, und der Neger zog sie ab und schob sie herüber.
    Es war so voll, daß nicht genug Platz war, um sie hochzuheben, und Gordon wurde gegen den großen Mann gepreßt.
    «Sind Sie von einem Dampfer an Land?» fragte der Große.
    «Nein. Ich wohne hier. Sind Sie von den Keys?»
    «Wir sind heute abend von Tortugas gekommen», sagte der große Mann. «Wir haben solchen Stunk gemacht, daß sie uns nicht dabehalten konnten.»
    «Er ist ein Roter», sagte der erste Veteran.
    «Du wärst auch einer, wenn du den geringsten Verstand hättest», sagte der Große. «Man hat ein paar von uns dahin geschickt, um uns loszuwerden, aber wir haben zuviel Stunk gemacht.» Er grinste Richard Gordon an.
    «Schlag ihm in die Fresse», schrie wer, und Richard Gordon sah, wie eine Faust in ein Gesicht fuhr, das sich dicht neben ihm befand. Der Mann, dem man eine reingehauen hatte, wurde von zwei anderen von der Theke weggezerrt. Als er klar stand, schlug ihm einer der Männer ins Gesicht, und der andere versetzte ihm eins in die Rippen. Er schlug auf den Zementfußboden hin und schützte seinen Kopf mit dem Armen, und einer der Männer gab ihm einen Tritt ins Kreuz. Die ganze Zeit über hatte er keinen Laut von sich gegeben. Einer der Männer stieß ihn, bis er auf den Füßen stand, und schubste ihn dann gegen die Wand.
    «Mach ihn fertig, den Scheißkerl», sagte er, und als der weißgesichtige Mann sich gegen die Wand lehnte, stellte sich der zweite Mann mit leicht gebeugten Knien in Positur und landete einen Schwinger mit seiner rechten Faust, die von unten, dicht vom Zementboden kam, seitlich auf den Unterkiefer des weißgesichtigen Mannes. Er fiel vorwärts auf die Knie und rollte dann langsam auf die Seite. Sein Kopf lag in einer kleinen Blutlache. Die beiden Männer ließen ihn dort liegen und gingen an die Theke zurück.
    «Junge, du kannst dreschen», sagte der eine.
    «Der Scheißkerl da kommt in die Stadt rein und zahlt seinen ganzen Lohn auf ein Postsparbuch, und dann lungert er herum und sauft aus irgendeinem Glas, das auf der Theke steht», sagte der andere.
    «Das ist das zweite Mal, daß ich es ihm gegeben habe.»
    «Diesmal hast du’s ihm aber gegeben.»
    «Als ich ihm eben eine reingehauen habe, hat sich sein Unterkiefer gerade wie ein Sack Murmeln angefühlt», sagte der andere strahlend.
    Der Mann lag gegen die Wand, und kein Mensch kümmerte sich um ihn.
    «Hör mal, wenn du einen bei mir so landen würdest, das würde mir auch nicht den geringsten Eindruck machen», sagte der rothaarige Veteran.
    «Halt die Klappe, du Trottel», sagte der Schläger. «Du hast ja die alte Rale.»
    «Nein, hab ich nicht.»
    «Ihr beduselten Trottel seid zum Kotzen», sagte der Schläger. «Warum soll ich mir die Hände an euch zerschlagen?»
    «Gerade das würdest du tun, dir die Hände zerschlagen», sagte der Rothaarige. «Hör mal, Kumpel», zu Richard Gordon, «wie ist es mit noch einem?»
    «Sind’s nicht großartige Kerls?» sagte der Lange. «Der Krieg ist eine reinigende und veredelnde Macht. Die Frage ist, ob nur Leute wie wir hier geeignet sind, Soldaten zu werden, ob uns die verschiedenen Waffengattungen dazu gemacht haben?»
    «Ich weiß nicht», sagte Richard Gordon.
    «Ich möchte mit Ihnen wetten, daß nicht drei von den Leuten hier in diesem Raum eingezogen waren», sagte der große Mann. «Dies ist die Elite. Absolut der Abschaum der Sahne. Das, womit Wellington bei Waterloo gesiegt hat. Na, Mr. Hoover hat uns von den Anticosti-Sandbänken vertrieben, und Mr. Roosevelt hat uns hierher verschifft, um uns loszuwerden. Man hat alles im Lager getan, damit eine Epidemie ausbricht, aber die armen Scheißkerle sterben nicht. Man hat ein paar von uns nach Tortugas verfrachtet, aber da ist es jetzt beinahe wie in einem Kurort.

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