Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
Veteran. «Und wie hat Poochie sie bekommen?»
    «Er hat sie sich in Shanghai geholt.»
    «Und wo hast du deine her?»
    «Ich hab gar keine.»
    «Wo hat Suds seine sich geholt?»
    «Von einem Mädchen in Brest, auf dem Heimweg.»
    «Das ist das einzige, worüber ihr Kerls euch je unterhaltet. Die alte Rale. Was für einen Unterschied macht die alte Rale schon?»
    «Gar keinen, so wie wir jetzt sind», sagte ein Veteran. «Man ist genauso glücklich mit.»
    «Poochie ist glücklicher. Er weiß nicht, wo er ist.»
    «Was ist die alte Rale?» fragte Professor MacWalsey den Mann neben sich an der Theke. Der Mann sagte es ihm.
    «Wovon das wohl abgeleitet ist?» fragte Professor MacWalsey.
    «Ich weiß nicht», sagte der Mann. «Seit ich mich zum erstenmal hab anwerben lassen, hab ich immer gehört, daß man es die alte Rale nennt. Manche Leute nennen es Rale. Aber gewöhnlich nennt man es die alte Rale.»
    «Ich würde es gern wissen», sagte Professor MacWalsey. «Die meisten derartigen Bezeichnungen sind altenglische Worte.»
    «Warum nennt man es die alte Rale?» fragte der Veteran neben Professor MacWalsey einen anderen.
    «Ich weiß es nicht.»
    Niemand schien es zu wissen, aber alle genossen die Atmosphäre dieser ernsthaften philologischen Diskussion. Richard Gordon stand jetzt neben Professor MacWalsey an der Theke. Als die rote Rübe und Poochie ihre Keilerei begonnen hatten, war er dahin geschoben worden, und er hatte keinen Widerstand geleistet.
    «Hallo», sagte Mac Walsey zu ihm. «Wollen Sie etwas trinken?»
    «Nicht mit Ihnen», sagte Richard Gordon.
    «Wahrscheinlich haben Sie recht», sagte Professor MacWalsey. «Haben Sie jemals etwas Ähnliches gesehen?»
    «Nein», sagte Richard Gordon.
    «Es ist seltsam», sagte Professor MacWalsey. «Die sind erstaunlich. Ich komme jeden Abend hierher.»
    «Bekommen Sie nie Krach?»
    «Nein. Warum sollte ich?»
    «Besoffene Prügeleien.»
    «Ich scheine niemals Krach zu bekommen.»
    «Ein paar von meinen Freunden wollten Sie vor ein paar Minuten gerade verdreschen.»
    «So.»
    «Ich wünschte, ich hätte sie nicht daran gehindert.»
    «Ich glaube nicht, daß es einen großen Unterschied gemacht hätte», sagte Professor MacWalsey in der merkwürdigen Art, in der er sprach. «Wenn meine Gegenwart Sie hier ärgert, kann ich gehen.»
    «Nein», sagte Richard Gordon. «Irgendwie bin ich gern in Ihrer Nähe.»
    «Ja», sagte Professor MacWalsey.
    «Sind Sie mal verheiratet gewesen?» fragte Richard Gordon.
    «Ja.»
    «Was ist passiert?»
    «Meine Frau starb während der Influenzaepidemie 1918.»
    «Warum wollen Sie denn jetzt wieder heiraten?»
    «Ich glaube, ich würde es jetzt besser machen. Ich glaube, ich werde jetzt ein besserer Ehemann sein als damals.»
    «Und dazu haben Sie sich meine Frau ausgesucht?»
    «Ja», sagte Professor MacWalsey.
    «Verflucht», sagte Richard Gordon und schlug ihm ins Gesicht.
    Jemand packte ihn am Arm. Er zerrte sich los, und jemand schlug ihm krachend eine hinters Ohr. Er konnte Professor MacWalsey immer noch vor sich an der Bar sehen, sein rotes Gesicht, seine blinzelnden Augen. Er langte nach einem anderen Glas Bier als Ersatz für das, was Gordon umgeschüttet hatte, und Richard Gordon zog den Arm zurück, um noch einmal zuzuschlagen. Während er das tat, explodierte wieder etwas hinter seinem Ohr, und alle Lichter flammten auf, wirbelten umher und gingen dann aus.
    Dann stand er in der Tür von Freddys Lokal. Sein Kopf brummte, und das überfüllte Zimmer schwankte und drehte sich leise, und ihm war übel im Magen. Er sah, wie die Leute ihn ansahen. Der breitschultrige junge Mann stand neben ihm. «Hören Sie mal», sagte er. «Sie fangen hier besser keinen Krach an. Wir haben hier drinnen genug Prügeleien mit den Süffeln.»
    «Wer hat mich geschlagen?» fragte Richard Gordon.
    «Ich hab Sie geschlagen», sagte der große junge Mann. «Der Herr, das ist ein Stammkunde hier. Lassen Sie den Quatsch. Sie sind doch nicht hierher gekommen, um sich zu prügeln.»
    Richard Gordon stand schwankend da und sah Professor MacWalsey aus dem Gewühl an der Theke auf sich zukommen. «Es tut mir leid», sagte er. «Ich wollte nicht, daß Ihnen jemand eine runterhaut. Ich kann sehr gut verstehen, wie Ihnen zumute ist.»
    «Verflucht», sagte Richard Gordon und ging auf ihn los. Es war das letzte, woran er sich erinnern konnte, denn der große junge Mann stellte sich in Positur, ließ die Schultern leicht hängen und langte ihm wieder eine, und

Weitere Kostenlose Bücher