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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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hinten im Kühlschrank.«
    Georgia ging in die Küche, setzte die Erbsen auf und drehte den Softrock auf WBGR lauter, woo woo no baby please don’t go ... Sie schlug ihre Southern Living -Kochbücher auf und startete die erste große Kochrunde für ihren Lunch am Dienstag.
    Sie röstete und schälte eine große Pfanne rote Paprikaschoten und schleppte dann die Küchenmaschine, ein großes Stück Cheddar und einen Rieseneimer Mayonnaise heran, um ihren berühmten Paprikakäse zusammenzurühren. Dann warf sie zwei Hühner zum Kochen in einen Topf. Wenn sie nachher abgekühlt wären, würden sie entbeint und mit Weintrauben und kandierten Pecannüssen zu einem Curry-Hühner-Salat verarbeitet werden. Sie schnippelte und mixte und rührte und öffnete eine Dose nach der anderen mit Zutaten für die feinen Aufläufe und geschichteten Salate, die auf dem Hauptbuffet im Speisezimmer stehen würden. Sie schälte und raspelte einen ganzen Berg Granny Smiths für
das »Fresh Mountain«-Apfelgeleekompott. Krystal schwor, es sei das Beste, was sie je im Mund gehabt habe (seit Billy Satterfield, ha ha).
    Fünfzig Schnapsgläschen für die Lobster Scallion Shooters, die Hummer-Zwiebel-Klößchen, die sie als Vorspeise servieren wollte, besaß sie nicht. Aber in einer genialen Eingebung hatte sie Fred in Hull’s Market zwei Kartons Votivkerzenhalter bestellen lassen, und jetzt musste sie sie alle spülen, abtrocknen und die Preisschildchen abkratzen, bis ihr Daumennagel von einem zerklüfteten Rand aus käsigem Kleber überzogen war.
    Mit Knipser und Feile reparierte sie den Nagel, und dann nahm sie einen doppelten Schub Taco Cheesecakes in Angriff, die so arbeitsintensiv waren, dass sie sich die Mühe nur machte, weil sie im letzten Jahr ein solcher Hit gewesen waren.
    Als die Cheesecakes im Kühlschrank fest wurden, kreierte Georgia Miss Angies fünfschichtigen englischen Erbsensalat und rührte einen Eimer »Cranberry Ambrosia«-Creamcheese-Creme an, mit der sie die Chicoreeschiffchen füllen wollte.
    Sie hatte angefangen, eine Kantalupe für die Pizzetta Bruschetta zu würfeln, als sie eine jähe Welle des Hungers überkam. Sie stopfte sich ein dickes Stück von der Melone in den Mund, einfach so, dass ihr der reife Saft am Kinn heruntertropfte. Normalerweise vermied sie es zu essen – sie hatte keine andere Möglichkeit gefunden, schlank zu bleiben –, aber manchmal übernahm der Hunger die Herrschaft über ihre Hände und zwang sie dazu, Dinge zu tun. Schreckliche Dinge. Sie verschlang die halbe Kantalupe in vier Bissen, schlupp, schlupp.
    Auf ihrer Einladungsliste standen nach neuester Zählung
vierundvierzig Zusagen. Dazu kämen die unvermeidlichen Antworten in letzter Minute sowie diejenigen, die einfach aufkreuzten, ohne sich vorher die Mühe einer Antwort zu machen. Das bedeutete, dass mindestens fünfzig Frauen mit einem Bärenhunger durch das Haus streifen und alles bis auf die spitzenverzierten Tischdecken aufessen würden. Georgia könnte auch Chips und Zwiebeldip aus dem Laden anbieten, und sie würden alles verspeisen, ohne ein Wort zu sagen, jedenfalls nicht in ihrer Anwesenheit, aber nachher – o Gott, die Telefondrähte würden glühen!
    Im Lauf der Jahre hatte Georgia mit ihrem September-Lunch einen gewissen Standard etabliert. Es hieß, dass Ehemänner eifersüchtig waren, weil nur ihre Frauen eingeladen wurden. Georgia präsentierte die feinsten Speisen, die prachtvollsten Blumenarrangements, den raffiniertesten Tafelschmuck. Sie schrieb den Namen jedes Gastes mit makelloser Handschrift auf ein Platzkärtchen. Jeder Gast verabschiedete sich mit einem eigens für ihn gepackten Päckchen voll erlesener Leckerbissen. Jahr für Jahr legte Georgia die Latte höher, obwohl sie immer nur behauptete, ihr einziges Ziel sei es, eine Party zu geben, auf der sie selbst gern eingeladen wäre. Der Druck war ungeheuer.
    Die Vorbereitungen waren der Teil, der ihr Spaß machte. Von der Party selbst bekam sie immer nur enttäuschend wenig mit.
    Nachdem sie die Teller gespült und gestapelt hatte und die Küche so aussah, als wäre sie unter Kontrolle, schlüpfte sie zur Hintertür hinaus und lief den mit zerbrochenen Ziegeln gepflasterten Gartenweg entlang. Die Sonne ging unter, aber die Luft war immer noch schwül und heiß, und Insekten schwirrten umher. Ein Blauhäher schlug schrill Alarm.
    Wenn sie jetzt keine Pause machte, dachte sie, hätte sie gerade noch Zeit, das Apartment zu putzen, bevor sie Brother fuhr.

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