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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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Obwohl man annehmen sollte, dass er es auch ohne die Hilfe seiner Schwester schaffte, durch eine so kleine Stadt wie Six Points zu gelangen.
    Die großen Häuser in der Magnolia Street verfügten alle über diese Nebengebäude; manche nannten sie »Dependance«, andere sagten »Sklavenquartier«, was historisch zutreffender war. Die Bottoms hatten das Erdgeschoss ihres Gartenhauses immer als »Garage« bezeichnet, obwohl es als Stall gebaut und nie als Garage benutzt worden war. Im oberen Stock befand sich das »Apartment«, aber seit den Tagen der Sklaverei hatte dort niemand mehr gewohnt.
    Die beiden Torbogen der Garage waren groß genug für Pferd und Kutsche, aber heutzutage diente sie als Waschküche und Lagerraum für Croquetsets und zerbrochene Lampen.
    Georgia schnappte sich Mopp und Eimer und stieg die Treppe hinauf. Oben verhinderte eine eiserne Pforte, dass man über den Treppenabsatz hinausblicken konnte. Wenn man hindurchgegangen war, konnte man in das langgestreckte Apartment mit der hohen Decke hineinschauen, und man sah das Vier-Pfosten-Bett, den grünsamtenen Sessel, die schlanke, hohe Kommode mit den sieben Schubladen. In den zwanziger Jahren war ein Bad eingebaut worden, aber davon abgesehen sah der Raum nicht anders aus als vor hundert Jahren. Der Kamin verfiel allmählich; jeden Morgen lag orangefarbener Ziegelstaub davor auf dem Boden verstreut, und der Fußboden lief von allen Seiten abschüssig auf den Kamin zu. Im Laufe der Zeit versank der schwere Kamin in der weichen Erde und zog den Rest des Gebäudes mit sich in die Tiefe.

    An der Vorderseite des Gebäudes gab es einen Balkon mit einem eleganten schmiedeeisernen Geländer. Alles, was in dem Apartment vor sich ging, war hinter zwei Gleditschien verborgen, deren Laub dicht und dornig genug war, um zu verhindern, dass jemand hinaufkletterte oder hineinschaute.
    Im Apartment roch es muffig. Himmel, hilf – der alte Mief von Eugene Hendrix. Georgia riss die Balkontür auf, zog die Bezüge vom Bett, trug sie nach unten und stopfte sie in die Waschmaschine. Dann ging sie wieder hinauf, bezog das Bett frisch und begann mit einer radikalen Putzaktion von einem Ende des Zimmers zum anderen. Sie saugte die Teppiche, hängte sie über das Balkongeländer und klopfte sie mit dem Besen aus. Sie fegte den abschüssigen Dielenboden und wischte ihn zweimal.
    Sie sammelte Eugenes Hinterlassenschaften ein und packte sie in eine Tüte aus Hull’s Market: die Seidenshorts, eine Schachtel Camel und ein Feuerzeug, den glänzend blauen Polyesterhausmantel, den er zu Anfang ihrer Affäre hereingeschmuggelt hatte, als er sich für eine Art Hugh Hefner gehalten hatte. Zwei schwarze Kerzen. Ein Paperback mit dem Titel Der imaginäre Christ, das sie auf seinen Vorschlag hin zu lesen versucht hatte. Eine leere Gallo-Blanc-de-Blancs-Flasche (die Frommen brauchten immer Alkohol, um den Motor in Gang zu bringen) und eine zerknüllte Tüte Funyuns. Seine Lieblingschips erinnerten sie daran, seine Zahnbürste und sein Mundwasser vom Waschbecken im Bad zu entfernen. Und die Schachtel Magnum XL-Kondome.
    Besonders diesen Aspekt von Eugene würde sie vermissen.
    Sie angelte den kleinen Schlüssel aus seinem Versteck an der Rückseite der hohen Kommode und schob ihn in den genialen
Schließmechanismus, der alle sieben Schubladen auf einmal öffnete. Eine Schublade für jeden Wochentag, und Eugene hatte die unterste, die Samstagsschublade. Sie enthielt nichts mehr außer einer weißen Sportsocke, einer Dose Fußpilzpuder und einem christlichen Traktat, einem handgroßen Comicheftchen mit dem Titel »Das war dein Leben!«
    Georgia blätterte darin und erinnerte sich, wie die Mädels vom Campus für Christus diese Hefte bei den Footballspielen verteilt hatten, bevor sie unter der Tribüne verschwunden waren, um es mit den Jungs zu treiben.
    Sie zog das Foto des grinsenden Eugene aus dem silbernen Rahmen, stellte diesen wieder auf den Nachttisch und warf das Foto in die Hull’s-Tüte. Die Tüte trug sie in den Durchgang neben dem Haus und warf sie dort in die Mülltonne.
    Zwischen den Bäumen sank die Nacht herab. Sie ging wieder nach oben und schaltete das Licht ein.
    Eugene Hendrix war mit zwei Minuspunkten nach Six Points gekommen: Erstens, er war aus Nord-Alabama, also praktisch ein Yankee, und zweitens, er war als Nachfolger für Reverend Onus L. Satterfield gekommen, den geliebten Pastor der First Baptist Church von Six Points in den letzten dreiundvierzig

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