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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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Jahren.
    Eugene hatte es geschafft, sich an seinem allerersten Sonntag dadurch einzuschmeicheln, dass er über die Frage predigte, für welche Footballmannschaft Gott wohl sein würde, für Auburn oder Alabama. Am Ende hatte er die ganze Gemeinde zufriedengestellt, indem er zu dem Schluss gekommen war, dass Gott wahrscheinlich ein Auburn-Mann sei – wie zufällig die meisten Männer in der Kirche –, während der rebellische Jesus zweifellos auf der Seite der Roten
Fluten der University of Alabama stehe, nur um seinen Vater zu ärgern.
    Georgia legte die Papiertücher hin und stellte den Glasreiniger beiseite. Sie lief die Treppe wieder hinunter und zur Mülltonne. Draußen war es jetzt ganz dunkel, und die Grillen zirpten. Sie zog die zerknüllte Hull’s-Tüte heraus und trug sie nach hinten in den Garten zum Grill.
    Dieser Grill war von Grandpa Speeler und Onkel T. C. aus Steinen gebaut worden, die sie in Jutesäcken aus dem Flussbett hergeschleppt hatten. Georgia wühlte Eugenes Feuerzeug aus der Tüte, legte die Tüte auf den Rost und holte eine Flasche Feuerzeugbenzin aus der Garage.
    Sie drückte die Flasche mit beiden Händen zusammen und lauschte genüsslich dem Zischen der herausspritzenden Flüssigkeit; dabei verbrauchte sie mehr von dem Benzin, als nötig gewesen wäre. Sie ließ das Feuerzeug aufschnappen, warf es auf die Tüte, und wuuff! – die Flamme loderte auf, höher, als sie gedacht hatte, eine Flamme wie beim Zauberer von Oz, die den ganzen Garten und die Bäume der Nachbarn beleuchtete. Georgia machte einen Satz, und etwas roch leicht verbrannt: Die hellen Härchen an ihrem Unterarm waren versengt.
    Sie hob einen Stock auf und stocherte damit an der Tüte herum, bis sie sicher war, dass sie vollständig verbrennen würde. Denn kehrte sie zur Garage zurück.
    »Würstchen grillen?« Brother sprang ihr aus der Dunkelheit entgegen.
    Sie versuchte so zu tun, als hätte er sie nicht erschreckt. »Fass das nicht an. Ich verbrenne ein bisschen Müll.«
    »Ich hab Hunger, Georgie. Grill mir ein Würstchen.«
    »Sscht! Die ganze Nachbarschaft kann dich hören.«

    »Fährst du mich?«
    »Lass mir noch fünf Minuten Zeit, okay? Ich bin oben fast fertig.«
    »Ich warte im Auto«, sagte er. »Gib mir den Schlüssel, dann kann ich Radio hören.«
    Wenn sie ihm den Schlüssel gäbe, würde er mit ihrem Wagen davonfahren. »Kannst du nicht einfach im Haus warten, bis ich fertig bin?«
    Brother zog im flackernden Feuerschein die Schultern hoch. »Ach komm, ich mach doch dein Auto nicht kaputt«, winselte er.
    Vielleicht nicht, aber wenn sie dich anhalten und feststellen, dass sie deinen Führerschein kassiert haben, wessen Auto wird dann beschlagnahmt? Deins nicht – denn komisch, du hast keins. Dazu müsstest du einen Job haben oder wenigstens ein bisschen eigenes Geld, und dazu wird es niemals kommen.
    Aber sie sagte nur: »Vergiss es.«
    »Warum bist du so gemein zu mir, Dimmy?« Brother zog ein Gesicht wie ein Dämon.
    Sie schüttelte den Kopf. »Geh und warte im Haus, Linda Blair.«
    Er zog die Kapuze seines Sweatshirts über den Kopf und verschwand in der Dunkelheit des Gartens neben dem Haus.
    Das war kein gutes Zeichen, dass Brother seine hinterlistigen Gewohnheiten wieder aufnahm. Mit zwölf war es sein Lieblingsspiel gewesen, sich an Georgia heranzuschleichen und sie zu erschrecken. Er hatte es nicht mehr getan, seit sie eines Abends eine Schere bei sich gehabt hatte und ihm beinahe das Auge ausgestochen hätte.
    Den größten Teil seiner Highschoolzeit hatte er im Arrest
verbracht. Jedes Mal, wenn die Behörden ihn in die Hände gekriegt hatten, war er in schlechterem Zustand zurückgekommen. Er war nicht besonders lange in der Schule, im Gefängnis oder beim Militär gewesen, aber alle hatten sie ihm übel mitgespielt. Als er Soldat wurde, war er ein hübscher Bengel gewesen, ein bisschen dumm und sehr durcheinander. Das war acht Jahre her – und jetzt? Sechsundzwanzig Jahre alt. Morgens sah er aus wie vierzig. Er lebte von Zigaretten, Fritos und Bier. Bier war das, was er trank, wenn er nicht »trank«.
    Anfangs schienen die Meetings ihm gutzutun, aber er wurde immer wieder rückfällig. Er versäumte die Termine bei seinem Bewährungshelfer. Nach einundzwanzig Uhr durfte er das Haus nicht mehr verlassen, aber den ganzen Abend über spazierte er ein und aus und machte sich nicht einmal die Mühe, es unauffällig zu tun. Brother betrachtete den Bockmist, den er gemacht hatte, als Stoff für

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