Haben Sie das von Georgia gehoert
Sie würde sie großziehen, ihm den Haushalt führen, sein Abendbrot zubereiten, wenn der Tag zu Ende ginge. Georgia hatte ihr Leben lang auf Frauen hinabgeschaut, die keinen größeren Ehrgeiz hatten – und jetzt wusste sie zum ersten Mal, dass sie so etwas auch tun konnte. Nein, wollte.
Sie könnte das Leben aufgeben, das sie sich aufgebaut hatte. Die Klienten. Die Unabhängigkeit. Das leicht verdiente Geld.
Mit Freuden. Den ganzen Quark. Für ihn.
Wenn Brent Colgate sie nur lieben wollte, wenn er sich zutiefst in sie verlieben und schwören wollte: bis dass der Tod uns scheidet.
Als sie so hoch über sich schwebte und die Landkarte ihres Glücks sah, die sich in die Zukunft erstreckte, begriff Georgia zugleich, dass sie das große Haus an diesem Abend zum ersten Mal seit Jahren für sich allein hatte.
Mama saß hinter Gittern. Nathan ebenfalls. Es war nicht damit zu rechnen, dass sie lange dableiben würden, aber jetzt waren sie dort. Sie dachte an den alten Elvis-Song: It’s Now or Never …
So standen Georgia und Brent im Garten neben dem Haus wie zwei Magnete, dicht aneinandergerückt: Keiner
von ihnen rührte sich wirklich, aber plötzlich gerieten sie unversehens beide in Bewegung, und sie konnten der Anziehungskraft zweier Körper im Raum nicht mehr widerstehen.
Brent packte sie.
Georgia fiel ihm in die Arme.
Er küsste sie.
Oh, das war gut.
18
Ella Fitzgerald sang: Spring can really hang you up the most …
Wenn Georgia aus einem tiefen Schlaf erwachte, wusste sie einen flüchtigen Augenblick lang nicht, wer sie war. Dann durchbohrte etwas die Traumwelt und zog sie zum Licht des Tages. Heute Morgen war es Ella. Die CD lief noch immer.
Georgia versuchte die Augen zu öffnen, aber das rechte war zugeklebt. Sie strich mit dem Finger über das Lid, um es zu lösen.
Sie sah ihren Fuß, der unter dem Laken hervorlugte. Sie schob die Hand bis zur anderen Seite der Matratze. Brent war weg. Natürlich, schließlich war es Morgen und nicht mal mehr früh, nach dem grellen Sonnenlicht zu urteilen, das durch die Gardinen fiel.
Guter Gott – hatte sie wirklich so tief geschlafen, mit einem Mann im Bett?
Es war, als hätte sie tagelang geschlafen. Ein krustiger Rand hatte sich innen an ihrer Unterlippe gebildet. Wo ihr Mund gelegen hatte, war die Matratze feucht; die Decke lag zusammengeknüllt in der Ecke, und ein Laken hing über den
Stuhl. Das Einstecklaken war halb heruntergerutscht und hatte den Matratzenschoner mitgenommen, und das freigelegte Stück Matratze sah irgendwie nackt aus. Als hätten wilde Tiere einander in diesem Zimmer zerrissen.
Lächelnd tappte Georgia ins Bad. Sie saß breitbeinig auf dem Klo, als ihr dämmerte, dass sie Little Mama die ganze Nacht im Kerker hatte schmachten lassen.
O Gott, und Nathan auch!
Ihre natürliche Selbstsucht und Wollust waren stärker gewesen als ihr Pflichtgefühl. Hundertmal hatte diese Erkenntnis in der vergangenen Nacht versucht, sich in ihre Gedanken zu schleichen, und hundertmal hatte sie ihr befohlen: Geh weg!
Die vergangene Nacht war Georgias Nacht gewesen. Eine Nacht nur für sie. Sie wollte kein nörgelndes Pflichtgefühl, das ihr den Nachglanz verdunkelte. Wenn sie Scarlett O’Hara sein wollte, die am Morgen selig erwachte, nachdem Rhett sie sich gefügig gemacht hatte, dann war das ihr gutes Recht.
Sie fühlte sich … genommen. Fortgerissen.
Gleich würde sie aufstehen, sich anziehen und Mama aus dem Gefängnis holen, denn das war ihre Pflicht. Aber niemand konnte sie daran hindern, in dem wundervollen Gefühl zu schwelgen, aufrichtig geliebt worden zu sein. Von einem Mann, der ihretwegen in Flammen stand. Ihr ganzer Körper sang ein glückliches Lied, jeder Finger, jeder Zeh. So kann Sex wirken, wenn man verliebt ist.
Es war lange her, dass Georgia aus einem anderen Grund als dem des professionellen Pflichtgefühls mit einem Mann ins Bett gegangen war, und jetzt erinnerte sie sich daran, was ihr am Sex vor allem gefiel: die Klebrigkeit, die gemeinsame Feuchtigkeit, die natürliche Glitschigkeit …
Sie musste duschen und frische Sachen anziehen, und dann würde sie zum Gefängnis fahren und die beiden rausholen. Sie hatten die ganze Nacht dort verbracht, eine Stunde mehr würde sie nicht umbringen.
Georgia wusste noch nicht genau, was sie ihnen erzählen würde – außer dass sie sich große Mühe gegeben hatte, sie herauszuholen.
Ella Fitzgerald klang müde, verhaucht, ein bisschen wehmütig. »I concentrate on
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