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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Childress
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Gepäck.«

    »Krystal, wir beide müssen darüber reden. Komm zu mir, wenn du hier fertig bist. Ich hab noch einen Rest Kuchen, und ich mache uns Kaffee. Und dann reden wir miteinander. Okay? Bei mir war in letzter Zeit alles so verrückt, dass ich dich überhaupt nicht mehr gesehen hab.«
    Krystal gestattete sich ein Lächeln. »Hört sich gut an. Okay.«
    »Vorher muss ich nur noch eine Sache unbedingt erledigen. Aber dann bin ich zu Hause und warte auf dich.«
    Krystal verzog das Gesicht. »Ach so. Verstehe.«
    »Was verstehst du?«
    »Hör zu, Georgia, lauf nur los und erledige deine total wichtigen Angelegenheiten. Wenn ich Zeit habe, komme ich bei der Abfahrt noch vorbei.«
    »Nein, tu das nicht. Pass auf: Mama ist ausgeflippt und hat die Nacht im Gefängnis verbracht. Eine lange Geschichte, ein Riesenirrtum, aber ich muss sie da rausholen. Und dann fahre ich geradewegs nach Hause und warte auf dich, hörst du? Versprichst du mir, dass du kommst?«
    »Deine Mutter ist im Gefängnis? Georgia, wieso um alles in der Welt schwatzt du hier noch mit mir? Na los!«
    »Ich dachte, du fährst vielleicht weg, ohne dich zu verabschieden.«
    Krystal schüttelte den Kopf. »Das würde ich nie tun.«
    Auf dem Weg zur Tür fiel Georgia die Rede ein, die sie sich zurechtgelegt hatte. »Hey, ich liebe dich, Krystal. Falls das was bedeutet.«
    Krystal drehte sich nicht um. Sie knickte den Rand des Papiers in das Kelchglas. »Ich weiß«, sagte sie. »Ich dich auch.«

19
    Das Gerichtsgebäude war ein Palast im »Greek Revival«-Stil mit mächtigen ionischen Säulen und einer schimmernden weißen Kuppel, erbaut von den reichen Baumwollpflanzern, denen das County vor dem Bürgerkrieg gehört hatte. Wenn Georgia die Marmortreppe hinaufstieg, hatte sie immer das Gefühl, den Verwaltungssitz eines sehr viel großartigeren Countys zu betreten. Eine erstaunliche Vorstellung, dass Six Points vor dem Bürgerkrieg eine der reichsten Städte in Alabama gewesen sein sollte. Seitdem war es stetig bergab gegangen. Das Gerichtsgebäude war nie renoviert worden; nur die Kuppel hatte alle paar Jahre einen neuen weißen Anstrich bekommen. Die Uhr über dem Portikus war schon vor Georgias Geburt stehen geblieben.
    Der Lärm einer Schulklasse hallte durch die Rotunde. Georgia stieg die Treppe empor, die im Kreisbogen an der Wand entlang nach oben führte. Kinder polterten im ersten Stock umher und spähten in die Vitrinen mit denselben verstaubten Konföderiertenflaggen, die dort schon in Georgias Kindheit ausgestellt worden waren.
    Sie winkte der Lehrerin zu, ihrer alten Klassenkameradin Cindy Helms, und ging weiter die Treppe hinauf bis zum Gefängnistrakt. Ein paar Kinder verfolgten sie mit ihren Blicken. Zweifellos erzählten sie einander immer noch Gruselgeschichten von Gefangenen, die sich dort oben in den Zellen erhängt hatten und deren gespenstische Gesichter vom Blitz in die Scheiben der bleiverglasten Fenster geätzt worden waren.
    Der Absatz im zweiten Stock mündete in einen kleinen Vorraum mit Plastikstühlen wie im Wartezimmer eines
Zahnarztes. Durch das Sicherheitsglas im Fenster erkannte Georgia die verschwommenen, zweifach reflektierten Umrisse eines Mannes in Uniform.
    Der Lautsprecher knisterte. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Georgia nannte ihren Namen und erklärte, warum sie hier sei. Der Deputy ließ seinen Blick an ihrem Körper herabgleiten, während er überlegte, ob er ihr helfen solle. Sie schenkte ihm ein breites Lächeln.
    Kurz darauf drückte der Deputy den Summer und ließ Nathan ins Wartezimmer kommen. Der Junge war anscheinend unversehrt; er trug immer noch seine weiten Baseballklamotten aus glänzendem Polyester und die schwarze, bis zum Hals geschlossene Windjacke.
    »Wo ist Mama?«, fragte Georgia. Nathan zuckte die Achseln.
    Sie winkte, um den Mann hinter der Scheibe auf sich aufmerksam zu machen.
    Der Lautsprecher knisterte wieder. »Ja?«
    »Was ist mit meiner Mutter?«
    Der Deputy drehte sich mit seinem Stuhl herum und sprach mit jemandem, der hinter ihm stand. Dann beugte er sich wieder zum Mikrofon. »Sie will nicht rauskommen.«
    »Was? Warum nicht?«
    »Sie sagt, sie hat keine Tochter. Ihre Tochter ist tot.«
    »Die Frau ist dement«, sagte Georgia. »Kann ich bitte mit ihr sprechen?«
    »Zivilisten haben hier keinen Zutritt. Warten Sie.«
    »Dammich«, sagte Nathan. »Die alte Lady ist echt stinkig auf dich.«
    Georgia drehte sich um. »Würdest du dich bitte hinsetzen und die Sache mir

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