Haben Sie das von Georgia gehoert
sie, was sie als Teenager immer getan hatte: Sie fuhr quer durch den Garten und mit kreischenden Reifen hinaus auf die Magnolia Street.
Hoffentlich kam sie nicht zu spät.
Krystal wohnte in dem weitläufigen, eingeschossigen alten Haus ihrer Eltern in der Live Oak Street. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte sie ein Vermögen ausgegeben, um das Haus zu entkernen, Strom- und Wasserleitungen, Küche und Bad zu erneuern und den Garten mit Pavillons, Pergolas, Spalieren, Wasserfällen, Vogelhäuschen und Statuen von Zwergen und Elfen sowie klassischen griechischen, nackten Damen aufzumotzen. Für Georgias Geschmack erinnerte all das viel zu sehr an Cottages und kleine Mädchen, und es hatte nicht das Geringste mit Krystals Persönlichkeit zu tun, aber Krystal war voll und ganz in dem Projekt aufgegangen. Als nach der Neugestaltung alles ein wenig nachgewachsen war, musste Georgia zugeben, dass der Garten auf eine kitschige Weise ganz hübsch aussah.
Was nicht dazu passen wollte, war der große weiße Möbelwagen,
der davor stand. An der Seitenwand war ein gekrönter Mann zu sehen, der auf einem bockenden Lastwagen ritt: Charlie Ross Regal Moving.
Georgia blieb fast das Herz stehen. Seit dem Auftritt vor den Frauen waren keine achtundvierzig Stunden vergangen. War es möglich, dass Krystal sich so schnell zum Wegziehen entschlossen und alles in die Wege geleitet hatte?
Natürlich. Georgia wusste, dass man Charlie Ross kurzfristig beauftragen konnte. Und wenn es in Six Points eine gab, die noch entschlossener als Georgia zu Werke ging, wenn sie sich einmal entschieden hatte, dann war es Krystal.
Georgia parkte vor dem Möbelwagen und versperrte ihm den Weg. Sie bemerkte, dass das Schild neben dem Briefkasten ausgewechselt worden war. Statt WÄHLT WIEDER BÜRGERMEISTERIN LAMBERT stand da jetzt ZU VERKAUFEN.
Sie schaute hoch und entdeckte Krystal vorn auf der Veranda. Sie nahm einen Geranienkorb von einem Haken.
Ihre Blicke trafen sich.
Georgia wusste, sie würde alles in Ordnung bringen können. Sie brauchte sich Krystal nur zu Füßen werfen und sie überzeugen, dass alles ein Riesenmissverständnis gewesen war.
Sie stieg aus. »Was, zum Teufel, soll das?«, waren die ersten Worte, die aus ihrem Mund kamen. Sie hatte nicht so streitsüchtig klingen wollen, aber das alles war zu beunruhigend – der Möbelwagen, das »ZU VERKAUFEN«-Schild.
Krystal wandte sich ab und ging ins Haus. Die Fliegentür schlug laut hinter ihr zu.
Na schön, und wer spielt jetzt Spielchen? Georgia lief über den Gehweg, unter dem Weidenspalierbogen hindurch und ohne anzuklopfen durch die Tür.
Es war ein erschreckender Anblick: In der blitzblanken Diele, die von vorn bis zur Hintertür reichte, lang wie eine Bowlingbahn, stand kein einziges Möbelstück mehr.
»Krystal?« Ihre Stimme hallte durch den Flur.
»Hier hinten.«
Zwei große Möbelpacker wuchteten eine Kommode aus dem Zimmer des verstorbenen Mr. Lambert. Georgia drückte sich um sie herum und lief weiter nach hinten.
In der Küche stand Krystal mitten in einem Chaos aus Kartons und zerknülltem Papier und wickelte ein geschliffenes Kristallglas in ein Stück Zeitung. Sie trug ihre Samstagskleidung, ein Männerhemd aus Flanell und eine braune, durchlöcherte Cordhose. Sie blickte kaum auf. »Ich hab mich schon gefragt, ob du noch mal auftauchst.«
Georgia hatte sich unterwegs eine Rede zurechtgelegt. »Hör zu, Krys. Ich will dir nur eins sagen …«
»Nein, Moment. Du darfst immer als Erste reden«, sagte Krystal. »Und dann kann ich nur noch das sagen, was übrig bleibt.«
Georgia war ein bisschen verblüfft über diesen Vorwurf und zog es vor, nicht zu antworten.
»Ich hinterlasse geordnete Verhältnisse«, erklärte Krystal. »Die Konten der Stadt sind bis auf den letzten Cent ausgeglichen. Alles, was unterschrieben werden muss, ist unterschrieben. Ich habe einen förmlichen Brief an den Stadtrat verfasst. Meine Personal- und Steuerunterlagen befinden sich in einer Schachtel auf meinem Schreibtisch. Falls jemand danach fragen sollte.«
Georgia versuchte es trotzdem. »Krystal, du kannst nicht einfach abhauen.«
»Doch. Wie du siehst, kann ich das«, sagte Krystal. »Kein
Gesetz verbietet mir zurückzutreten, wenn ich die Nase voll habe.«
»Hör mal, wenn das, was ich vorgestern gesagt habe, der Grund sein sollte … Du glaubst nicht, wie leid mir das tut.«
»Spar dir das für jemanden, dem das nicht scheißegal ist«, sagte Krystal, und es klang nicht
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