Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
Fenster. Ein Stück weiter stand Hindenburg, an dem zogen sie auch vorbei. Man sah deutlich, daß Hindenburg im Takt der Marschmusik mit dem Krückstock aufstieß. Das ist ja allgemein bekannt.
Städtischer Angestellter, 1906
Ich habe ihn in Berlin gesehen, am 30. Januar 1933, er stand hinter dem Fenster, und Hindenburg auch, damals war Hitler ja noch bescheiden.– Ich bin da mitmarschiert. Wir bekamen über die Ortsgruppe Bescheid, daß der Vorbeimarsch stattfinden würde, und das war das Eigenartige, sogar ein SA -Mann war dabei, der eine jüdische Frau hatte. Die hat sogar die Stullenpakete gemacht und hat sogar mitgeklebt. Die hat nicht gedacht, daß sie damit gemeint war, die hat gedacht, daß die galizischen Juden damit gemeint waren.
Ich habe auch an einer Wahl teilgenommen. Mein Stimmbezirk war rein kommunistisch, und da haben 75 Prozent für Hitler gewählt. Auf manchen Zetteln stand allerdings: » Ihr seid die größte Saubande, die man sich vorstellen kann« und so was. Da wurde von oben durchgegeben, daß damit die Gegenpartei gemeint sei.
Hitler wirkte ungemein suggestiv, im Gegensatz zu Göring. Der wirkte wie ein Operettengeneral. Ich halte Hitler für einen Mann, der bis 1937 noch vollkommen normal war. Nach dem kriegte er den Größenwahn, der sich dann zu einem regelrechten Irrsinn auswuchs. Daß der noch normal war, möchte ich nicht annehmen. 1936, da war er doch vollkommen gesellschaftsfähig, bei der Olympiade, der war ja sogar Königen gleichgestellt. Das kann man doch gar nicht verstehen, daß wir dann nachher Verbrecher gewesen sein sollten, weil wir damals in der Partei waren.
Hausfrau, 1910
Ich bin Berlinerin, ich hab’ das am 30. Januar 1933 intensiv miterlebt und hab’ Hitler gesehen, wie er am Fenster der Reichskanzlei stand, weiß wie Marmor und ein Stückchen weiter Hindenburg. Das Volk jubelte und schrie.
Das Volk hat ihn gewählt.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun und zehn! Wir wollen unsern Führer sehn!
Er ist vom Volk gewählt worden. Am schlimmsten schrien die Frauen. Die dachten: Nach all der Arbeitslosigkeit kommt unser Erretter. Es war ja wirklich bittre Not.
Ich hab’ ihn immer und immer gesehen. Und da hat das Volk ewig gejubelt.
Bauer, Politiker, 1898
Am 30. Januar 1933 war ich in einer Straßenbahn, vorn, ich wollte vom Stettiner Bahnhof nach Hause fahren, und da mußte die Straßenbahn anhalten, weil der Fackelzug da war. Abends, acht, neun Uhr. Und als ich die vielen Menschen da sah und das Theater, da rutschte es mir so raus, da hab ich gesagt: » Armes Deutschland.« Und da hat der Tramführer sich umgedreht, hat mir die Hand gereicht und hat gesagt: » Ich denke auch so.«
Pressezeichner, 1920
Ich war in der CP , den Christlichen Pfadfindern, und die wurden auch mobilisiert, den Fackelzug an Hitler und Hindenburg vorbei mitzumachen. Wir 12/13jährigen haben uns weiter nichts dabei gedacht. Das war natürlich ein Heidenspaß, mal ’n Fackelzug mitzumachen.
Verkäuferin, 1913
1933.– An die Machtergreifung selbst erinnere ich mich nicht. Ich weiß bloß die Umzüge, daß die dann schrien: » Hitler kriegt Keile!« oder so ähnlich. In Bremen war das. Sonst erinnere ich mich nicht mehr. Politisch war ich ja nie so auf Draht, ich war ja auch noch jung.
Grafiker, 1920
Unser Klassenlehrer, der gab Deutsch und Geschichte und schimpfte auf sehr unüberlegte Art auf die Nazis. » Dieser Hitler…«
Als sie dann aber an der Macht waren, da war er der erste, der in die Klasse kam und seinen Arm reckte und » Heil Hitler!« sagte.
Erst mal schallendes Gelächter bei uns. Aber er erzählte große Sachen, was Hitler alles gemacht hätte und wie er gekämpft hätte usw. Neue Geschichtsbücher wurden gekauft, mit alten Germanen und so weiter.
Er war schon sehr alt und wurde kurz darauf pensioniert. Einige Mitschüler haben ihm dann, nach dem Abitur, mal die Meinung gesagt. Das hat mir denn nun auch wieder leid getan.
Ein Mann, 1927
Mai 1933.– Unendlich lange Kolonnen von SA . Das hat mich beunruhigt, weil das überhaupt nicht aufhörte, als Kind, nicht wahr, man weiß das nicht so. Ich hab meinen Vater dauernd was gefragt, und er war unwillig und sagte: » Das darfst du jetzt nicht fragen, mein Kind.« Das war wohl was Kritisches.
Hausfrau, 1898
An die Machtergreifung erinnere ich mich gut, mit den Demonstrationen und den Umzügen und wie sie » Juda verrecke!« geschrien haben, daran erinnere ich mich natürlich.
Hausfrau,
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