Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
Gegenteil, er sah immer böse aus.– Das war die Faszination der Propaganda.
Ein Mann, 1920
1933.– Wir hatten einen Essex mit Holzspeichen. Es war ein besonders guter Wagen. Als die Nazis einführten, daß die deutschen Wagen steuerfrei waren, hat mein Vater den sofort abgeschafft, denn er mußte über 50 Mark Steuern zahlen. Der hatte 3 Gänge, sehr bequem, mein Vater war schaltfaul.
Mein Vater war auch ein großer Bastler und hat da Liegesitze eingebaut, da haben wir drin übernachtet. Im Kofferraum waren Holzrahmen mit Fliegendraht bespannt. Und denn wurden nachts die Fenster runtergekurbelt und die Rahmen da rein, gegen Mücken.
Vorher hatten wir ein französisches Auto, das war ein Matthis [?], den hat er sich gekauft, weil ein Freund von ihm auch einen hatte. Man fuhr gern mit Autos des gleichen Typs, um sich gegenseitig abschleppen zu können oder um die Ersatzteile auszutauschen, denn da passierte ja doch öfter mal was.
Professor, 1907
Hitler? Ja, und ich berichte davon mit Vergnügen. Ich habe ihn allerdings nur gesehen und nicht gesprochen. Und zwar in Weimar, im Jahre 1933, da war ich als Studienreferendar dort am Gymnasium. Durch einen Bekannten hatte ich Beziehungen zu Frau Förster-Nietzsche und hatte die Genehmigung, dort ins Nietzsche-Archiv zu gehen und Manuskripte zu lesen.
An einem Sommertag kam ich mal dort hin, da war so ein alter Diener, der mich sonst immer reinließ, der sagte: Jetzt können Sie nicht ins Archiv hinein, Herr Doktor, der Hitler kommt in wenigen Minuten.
Ich blieb am Gartentor stehen, denn ich wollte ihn mir wohl einmal ansehen. Der Hitler besuchte die Frau Förster-Nietzsche jedesmal, wenn er in Weimar war.
Vielleicht kamen noch zwei, drei Leute hinzu, jedenfalls kam nach kurzer Zeit ein offner Mercedes den Berg herauf, vorn saß ein SS -Mann, hinten Hitler in Zivil und auch wohl noch ein SS ler. Das ging alles rasend schnell. Hitler stieg aus, die andern spritzten auch heraus, jemand nahm ihm den Mantel ab. Dann hielt er den Hut hinter sich, und da kam wohl nicht gleich jemand, ihm den abzunehmen, da kuckte er sich bitterböse um. Ich dachte: Donnerwetter.
Dann ging er auf das Haus zu. Dort stand die Frau Förster-Nietzsche in der Tür, mit einem schwarzen Häubchen auf, das sie immer trug, und die begrüßte ihn, und zwar mit Heil-Hitler-Gruß. Hitler ging auf sie zu, und da fiel mir auf: Ich hatte einen straffen, militärischen Gang erwartet, das Gegenteil war der Fall. Er schlurfte undiszipliniert, mit mal rechts und mal links vorgeschobener Schulter auf das Haus zu, eine unproportionierte Gestalt. So undiszipliniert, daß ich dachte: Das ist eher ein Mensch, der von irgendwelchen sonderbaren Kräften gesteuert wird.
Ich wartete, bis er wieder herauskam. Da hatte sich eine kleine Gruppe angesammelt, irgendwelche kleinen Mädchen waren aus der Nachbarschaft herangeholt worden, mit Blumensträußen.
Er kam nach etwa 20 Minuten heraus, sah, daß da was los war, ging sehr viel straffer auf die Kinder zu, ließ sich die Blumen geben, tätschelte den Kindern die Wangen, wie man das so tausendmal fotografiert gesehen hat, sprang ins Auto und war weg.
Hochbautechniker, 1899
Nach der Machtergreifung hab’ ich ihn einmal gesehen. Von sich eingenommen, überheblich hat er gewirkt. Überheblich in jedem Falle. Natürlich, das war nach der Machtergreifung. Schauspielerisch, durch seine Uniform, schwarze Hosen, braunes Jackett und extra so ’ne Militärmütze auf, so ’ne Generalsmütze. Schauspielerisch, ich will nicht sagen clownhaft, nichts Gediegenes, gar nicht. Er war sich seiner Macht bewußt. Überheblich, unsympathisch ist er mir erschienen, ganz unsympathisch. Widerwärtig! Gar nicht so genießbar wie vielleicht der Göring. Ich muß sagen, furchtbar, mein Eindruck war furchtbar. Nun kam vielleicht hinzu, daß ich als Gewerkschafter eben doch bei der Arbeiterbewegung war, und politisch war ich eben auch links organisiert, also in der Sozialistischen Arbeiterpartei. Und da hab ich doch geseh’n wie’s losging, im März 1933. Wie einer nach dem andern verhaftet wurde und schwer verurteilt.
Professorin, 1925
Mein Vater war Senator, von dem war bekannt, daß er nicht für die Nazis votierte. Ich habe noch eine Erinnerung: 1933, Zivilisten kamen, mit Schlapphut, und rissen reihenweise die Kinderbücher aus meinem Regal.
Etwas vorher muß das gewesen sein, da kriegte ich eine Puppenstube geschenkt. Sie stand in der Ecke, und ich hatte sie gerade angesehen, da
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